Richter sicher: Schwule Algerier ohne Asylrecht

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Foto: Mortaza Shahed / Unsplash / CC0

Ein bereits mehrfach abgelehnter homosexueller Asylbewerber aus Algerien ist vor dem Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main mit einer Klage auf eine neuerliche Prüfung gescheitert. Wie das Gericht in der hessischen Metropole am Dienstag mitteilte, wies es dessen Ansinnen ab. Voraussetzungen für ein weiteres Asylverfahren lägen nicht vor, es gebe keine Änderung der Lage im Vergleich zu früheren Entscheidungen. 

Laut Gericht hatte der Mann argumentiert, dass sich die Situation in seiner Heimat durch Massenverhaftungen und -verurteilungen zuletzt verschlechtert habe. Homosexuelle müssten schärfere Konsequenzen fürchten, als die Richter in Deutschland bei früheren Urteilen in seinem Fall in Rechnung gestellt hätten. Demnach war ein Asylantrag des Manns zunächst Anfang 2020 rechtskräftig abgelehnt worden. Im November 2020 stellte er einen weiteren Antrag, der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls abgelehnt wurde. Dagegen klagte der Algerier erneut. Um diese Ablehnung ging es im aktuellen Prozess.Laut Gericht veränderte sich die Lage für Homosexuelle im Vergleich zu dem Urteil von 2020 nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen nicht. Homosexuellen drohe allein wegen ihrer Homosexualität nach wie vor kein reales Anklagerisiko. Das ergebe sich erst, wenn weitere Verhaltensweisen dazukämen. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass Algerien „laut Auskunftslage“ eine „konservative, stark heteronormative Gesellschaft sei, bei der die öffentliche Zurschaustellung von Zuneigungen auch unter heterosexuellen Paaren unüblich und verpönt sei“, führte das Gericht zu Begründung aus. 

Gericht sieht sich im Einklang mit EU-Rechtsprechung

Es verwies zugleich auch darauf, dass seine Einschätzung im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehe und auch Auftritte des Klägers im Fernsehen die Ausgangslage nicht verändern würden. Der Fall des Algeriers war in Deutschland von vielen Medien aufgriffen worden. Die Entscheidung des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig. Der Mann kann noch versuchen, beim hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eine Zulassung zur Berufung zu erreichen. 

LSVD und andere Menschenrechtler bestreiten Rechtmäßigkeit

Foto: Caro Kadatz

Menschenrechtsorganisationen wie der LSVD argumentieren seit Jahren, dass von Verfolgung wegen ihrer Homosexualität bedrohte Menschen in Deutschland Asylrecht genießen. Sie verweisen auf den Europäischen Gerichtshof, der 2013 urteilte, die zuständigen Behörden könnten

„vernünftigerweise nicht erwarten, dass der Asylbewerber seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden".

BAMF und Gerichte in Deutschland halten dennoch häufig am sogenannten Diskretionsgebot für Homosexuelle fest. Sogar wenn im Herkunftsland die Todesstrafe droht, wie erst im Februar dieses Jahres (männer* berichtete). Auch die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag Verbesserungen für verfolgte Queers vereinbart, ist die Umsetzung aber ganz offensichtlich noch schuldig. 

 *AFP/bro/cfm/ck

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