Bundesregierung beendet menschenverachtende Asylpolitik

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Die Bundesregierung will Flüchtlinge besser schützen, die in ihrer Heimat Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung zu fürchten haben. Eine AFP am Dienstag vorliegende Dienstanweisung für das Bundesflüchtlingsamt legt fest, die Kriterien für die Asylentscheidung bei queeren Menschen künftig großzügiger zu handhaben:

Foto: Ruslan Kaniuka / NurPhoto / AFP

Insbesondere soll die so genannte Verhaltensprognose wegfallen, deren Ergebnis sich bislang negativ auf die Asylentscheidung auswirken konnte. Die Neuregelung betrifft lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Flüchtlinge. Die Betroffenen sollen der Anweisung zufolge künftig aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Schutz bekommen können – unabhängig davon, ob sie diese Orientierung in ihrem Herkunftsland offen ausleben oder eher diskret damit umgehen. SPD und Grüne begrüßten die Anweisung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). 

Diskretionsgebot fällt

„Der Entscheidung über die Rückkehrgefährdung ist die Annahme zugrunde zu legen, dass der Antragsteller seine sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität bei Rückkehr in sein Heimatland offen ausleben wird“, heißt es in der Dienstanweisung. „Dies gilt auch, wenn der Antragsteller selbst zum Zeitpunkt der Entscheidung vorgetragen hat, dass er bei Rückkehr beabsichtigt, seine sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität nicht offen auszuleben.“ 

Die Bundesregierung will damit klarstellen, dass queere Schutzsuchende in keinem Fall auf ein „diskretes Leben im Herkunftsland“ verwiesen werden dürfen – und dass dann ein Asylantrag mit der Begründung abgelehnt wird, ihnen drohe im Herkunftsland wegen dieses diskreten Verhaltens keine Gefahr.  Bei der Entscheidung über eine mögliche Rückkehr der Schutzsuchende muss nunmehr geprüft werden, „wie Behörden oder andere Akteure auf das offene Ausleben voraussichtlich reagieren werden“, heißt es in der Vorlage aus dem Innenministerium. Es dürfe keine Prognose dazu erfolgen, wie wichtig dem Antragsteller die sexuelle Orientierung und die entsprechende Lebensweise ist. Die neue Dienstanweisung tritt am 1. Oktober in Kraft. 

SPD, Grüne, FDP und LSVD begrüßen Schritt

Die SPD-Abgeordneten Dirk Wiese und Falko Droßmann bezeichnetet die Dienstanweisung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als „wichtigen und längst überfälligen Schritt“. Mit der „als Diskretionsgebot bekannten Praxis hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge queeren Geflüchteten im Asylverfahren viele Jahre nicht den notwendigen Schutz gewährt“. Die Grünen-Abgeordneten Filiz Polat und Ulle Schauws nannten es einen „Skandal“, dass der deutsche Staat den Verfolgten bislang vorschreibe, in ihrem Herkunftsland diskret zu leben - und deswegen kein Asyl erhalten. „Es ist gut, dass die Ampel diese Vorgabe jetzt abschafft.“ 

Jürgen Lenders, Sprecher für LSBTI der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag zeigt sich ebenfalls erfreut: 

„Ich bin sehr froh darüber, dass die menschenverachtenden Diskretionsprognosen endlich abgeschafft werden und Bundesinnenministerin Nancy Faeser in ihrem Ministerium aufräumt. Bereits 2013 hatte der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass es nicht zumutbar sei, queere Geflüchtete mit der Argumentation abzuweisen, dass sie ihre Sexualität im Heimatland geheim ausleben könnten. {...} Diese Entscheidung war längst überfällig und bietet den queeren Geflüchteten besseren Schutz. Lange haben wir dafür gekämpft, dass queere Menschen, denen in den zahlreichen Ländern dieser Welt Gefahr für Freiheit, Leib und Leben droht, der Schutz gewährt wird, der ihnen zusteht.“

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD) begrüßte die Neuregelung: Die Bundesregierung erfülle damit eine Forderung des Verbands, erklärte er. „Nur so können LSBTI-Geflüchtete ihr Recht auf ein Leben in Sicherheit einlösen - so diskret oder offen, wie sie selbst es wollen“, hieß es in der Erklärung weiter.

Auch laufende Verfahren werden korrigiert

Bei allen noch laufenden behördlichen Verfahren sollten die Bescheide entsprechend korrigiert werden, forderten die beiden Grünen-Abgeordneten. In gerichtlichen Verfahren, in denen bereits im Sinne der queeren Geflüchteten entschieden wurde, solle mit sofortiger Wirkung auf weitere Rechtsmittel verzichtet werden, beziehungsweise sollten diese zurückgezogen werden. 

*AFP/jp/pw/ck

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