Ja. Das ist heute ein historischer Tag. Ein historischer Tag der Schande. Was als Sternstunde der Bundesrepublik geplant war, endet in einer Demütigung hunderter Homosexueller und erneuert die strukturelle Homophobie der alten BRD.

Foto: C. Falk / pixelio.de
§175
Einsamkeit. Eine der Folgen der Verfolgung schwuler Männer unter dem Unrechtsparagraphen 175. Foto: C. Falk pixelio.de
Bis 1994 war der §175 in Kraft und damit die staatliche Ungleichbehandlung homosexueller und heterosexueller Aktivitäten. Das Rehabilitationsgesetz, das heute im Deutschen Bundestag verabschiedet werden soll, hatte ursprünglich mal den Anspruch, dieses Unrecht nachträglich zu beseitigen. Unabhängig davon, dass es schon im vorletzten Entwurf viel zu beanstanden gab (fehlende sichere Pauschalentschädigung, viel zu geringe Entschädigung verglichen mit anderen Entschädigungsleistungen, usw. ), legte wohl die Union noch ein unverschämt dickes Ei in den endgültigen Entwurf.

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§ 175
Grafik: Die Opfer in Zahlen von Franz Gstaettner - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2082323
Schwule bleiben pädophil
Das Schutzalter, das Kinder und Jugendliche vor Übergriffen durch Erwachsene schützen soll, wurde nachträglich auf die heutzutage gültigen 16 Jahre angehoben. Damit müssen Schwule, die zum Beispiel 1985 19 Jahre alt waren und mit einem 15-Jährigen Sex hatten, nachweisen, dass sie nicht pädophil veranlagt sind, damit sie Anspruch auf Rehabilitierung haben. Heterosexuelle durften in der gleichen Kombination straffrei miteinander schlafen. Da die meisten Urteile aus dieser Zeit vernichtet sind und die Fälle damit unter die pauschale Rehabilitierung fallen, bleibt für die so Verurteilten das Makel bestehen, ein sexueller Straftäter zu sein.
Der LSVD kommentiert:
„Damit lässt man symbolisch einen Teil des § 175 StGB wiederauferstehen. Das ist Diskriminierung pur."