Sommer. Sonne. Straße. Da war doch was? Genau, der Christopher Street Day, CSD. Aber wer war dieser Christopher? Eine Partymaus, die im Sommer gerne auf der Straße feierte? Ein Polit-Aktivist, der sich die Gleichberechtigung auf die Fahnen geschrieben hatte? Gar der erste Veranstalter eines Sommerkarnevals mit dazugehöriger Fressmeile? Ein wenig von allem und nichts davon.
Der Aufstand hat, wie einige von uns auch, seinen 45. Jahrestag. Grund genug, sich im Bermudadreieck bei Baby-Boomern und Pillenknickern umzuhören.
So sagt Marion: Gehe ich auf jeden Fall hin, freue ich mich schon. Der CSD bedeutet für mich Spaß, dass man Leute trifft, die homo sind, hetero sind, dass wir als gleichgestellte Leute zusammen feiern. Zur Geschichte kann ich leider nichts sagen. Das ist ja mal ehrlich.
Leon: CSD ist eine tolle Möglichkeit für die Leute, mal ausgelassen zu feiern. Das ist der einzige Tag im Jahr, wo man so richtig abgehen kann, wo man der Welt zeigen kann, was man drauf hat. Untereinander nochmal den Zusammenhalt hat, der sonst vergessen geht im Laufe des Jahres. Für mich bedeutet der CSD Nächstenliebe. Die Vorurteile beiseite zu lassen und nett zu sein zu anderen, nicht immer dieses Hochnäsige unter dieser schwulen Szene zu haben. Soweit ich weiß, kommt das aus New York. Da gab es diesen Christopher, und so wie ich das mitbekommen habe, wurde er auf offener Straße erschossen. Ich weiß, dass das so ein Meilenstein war, dass man sich an diesen Tag zurückerinnern soll. Es ist der Ursprung von all diesen Feierlichkeiten.
Ein Meilenstein. Somit reiht sich Christopher in eine Reihe mit Martin Luther King, John F. Kennedy und Trayvon Martin. Das erklärt auch die Unruhe, die vielen von uns innewohnt.
Gelassen aber kritisch sehen es Bettina und Lorraine. Bettina: CSD ist mittlerweile nur noch Kommerz für mich, da ist nichts mehr an Protest wie Wir möchten die gleichen Rechte. Es hat in Köln mittlerweile den Anspruch eines zweiten Karnevals und nicht einer Protestveranstaltung. Lorraine: Inzwischen mehr Party als Demo, ich finde es immer ganz schön, eine Vielfalt beim CSD zu sehen, z.B. wenn ich traditionelle Familien sehe, die gucken kommen und sich interessieren. Ich werde trotzdem hingehen. Bettina: Damals die Christopher Street, wo Polizisten schwule verprügelt haben. Wo es um Anti-Homo ging. Man sieht es jetzt wieder aktuell in Russland. Ob da eine Wurst die Stimmung verändern kann, weiß ich nicht. Ich hoffe, dass es irgendwann keinen Unterschied mehr macht, ob man homo-, hetero-, bi oder metrosexuell ist. Eine Wurst macht noch keine Parade.
Für Michael steht beim CSD eindeutig der Spaß im Vordergrund: Ich weiß nur, dass es eine jährliche Parade ist für Schwule und Lesben, um klarzustellen, dass Gleichberechtigung fun sein soll. Und zur Geschichte: Wenn es vor mir war, weiß ich es nicht.
Auch Jana findet: Eine supergeile Party, ein Treffen der Familie, so fühlt sich das an. In den USA sind homosexuelle Menschen auf die Straßen gegangen. Das bedeutet, dass wir da sind, dass wir stolz darauf sind, wie wir sind.
Ich freue mich wieder aufs Fest, besonders auf die Buden und die ganzen netten Gesichter, die da rumlaufen. Ich finde es sehr wichtig, dass es für die Hetero-Gesellschaft eine Möglichkeit ist, sich wiederzufinden. Ich bin überrascht, was es dieses Jahr Neues gibt, sonst ist es ja immer dasselbe. Es soll ja auch eine Bühne geben, wo eine Band spielt. Für mich persönlich ist es eine Möglichkeit, mir einen Eindruck zu verschaffen, wie die Szene so funktioniert, sagt Marcello.
Auch Tobias findet deutliche Worte: Ich finde der CSD ist eine tolle Veranstaltung. Allerdings finde ich die Deklaration als Demonstration recht fragwürdig. Ich sehe im CSD eine Version von Wir machen fett Party und saufen uns die Hucke voll. Der CSD hat die Bedeutung, dass damals dieser Christopher ums Leben kam und es darauf tierische Demonstrationen gab und ich finde, das Ganze sollte eine Demo bleiben und keine Saufveranstaltung. Man sollte sich benehmen und eine gesunde Demo starten. Der CSD bedeutet für mich einmal im Jahr im Sommer auf die Straße zu gehen und einfach mal leben, wie man ist, wie man sein will und das ganz öffentlich.
Vielleicht stünde es ja dem gesamtdeutschen Bildungsplan gut zu Gesicht, sexuelle Vielfalt und die dazugehörige Geschichte doch in den Unterricht zu integrieren. Dass Bedarf besteht, lässt sich nicht leugnen. (sd)