In Frankreich sollen Schülerinnen und Schüler künftig einmal jährlich anonym über ihre Erfahrungen mit Mobbing berichten können. Bildungsministerin Anne Genetet kündigte am Donnerstag in Paris an, dass ab der dritten Klasse ein freiwilliger Fragebogen eingeführt wird. „Ich möchte, dass die Schulen den Eltern die Ergebnisse mitteilen”, sagte Genetet. Ziel sei es, Eltern für das Thema zu sensibilisieren und offen über die „Leidenserfahrungen” der Kinder zu sprechen.
Foto: Ludovic Marin / AFP
Anne Genetet
Genetet teilte vor rund 500 jungen Menschen an der Pariser Sorbonne persönliche Erfahrungen: „Heute habe ich keine Angst mehr zu sagen, dass ich das auch erlebt habe. Aber ich gehöre zu einer Generation, in der man nicht darüber geredet hat.” Sie betonte, dass Kinder damals mit ihren Sorgen oft allein gelassen wurden.
Der ehemalige Premierminister Gabriel Attal hat eine Vereinigung zum Kampf gegen Mobbing ins Leben gerufen. Diese soll Schulen Beratung anbieten, Fortbildungen für Lehrkräfte organisieren und betroffene Familien unterstützen. Attal hat öffentlich über seine eigenen Mobbing-Erfahrungen aufgrund seiner Homosexualität gesprochen.
Jede*r zehnte Schüler*in betroffen!
Foto: Ludovic Marin / AFP
Emmanuel Macron
Schätzungsweise ist jede*r zehnte Schüler*in in Frankreich von Mobbing betroffen. Tragische Fälle, in denen Jugendliche Suizid begangen haben, nachdem sie anhaltende Hänseleien ertragen mussten, haben das Thema in den Fokus gerückt. So erhängte sich im vergangenen Jahr ein 15-Jähriger einen Tag nach Schulbeginn, nachdem seine Eltern vergeblich bei der Schulleitung Hilfe gesucht hatten.
Präsident Emmanuel Macron hat Mobbing zur „höchsten Priorität” erklärt. Seine Frau Brigitte engagiert sich seit Langem gegen psychische Gewalt an Schulen. Genetet fordert nun nicht nur „schnellere und härtere Strafen” für Täter*innen, sondern betont auch, dass in 80 Prozent der Fälle Mobbing beendet werden kann, wenn ein Dialog mit den Beteiligten gesucht wird.
Die neuen Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Schweigen zu brechen und betroffenen Kindern und Jugendlichen eine Stimme zu geben. *ck/AFP