Im Fall des brutal zu Tode gekommenen Krankenpflegers Samuel Luiz (24) wurden inzwischen sechs Tatverdächtige festgenommen – zwei davon minderjährig. Bei dreien sah die Richterin die Chance zur Flucht, sie schloss eine Freilassung auf Kaution aus. In Spanien beruhigen sich die erhitzten Gemüter derweil nur langsam, queere Organisationen fordern Konsequenzen, die spanische Gesellschaft verlangt Antworten. Polizei und Justiz halten sich im Rahmen der Ermittlungen bedeckt.
Es ist ein Verbrechen, das seit über einer Woche Medien in Spanien heiß laufen und Emotionen überkochen lässt. Zahlreiche queere Organisationen, Politiker und auch die spanische Öffentlichkeit fordern Gerechtigkeit für einen jungen Mann, der, wie man so sagt, sein Leben noch vor sich hatte. Der gewaltsame Tod des 24-Jährigen hatte landesweit für Empörung gesorgt. In mehreren spanischen Städten gingen am Montag tausende Menschen auf die Straße, um gegen Homophobie zu protestieren.
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Bereits kurz nach der Tat trendete der Hashtag #justiciaparasamuel (deutsch: 'Gerechtigkeit für Samuel') auf Twitter – CSD-gleiche Massendemonstrationen gab es in vielen spanischen Städten
Motiv ungeklärt – Verbrechen aus Schwulenhass?
Objektive, feste Tatsachen gibt es in diesem Fall nicht viele. Was sicher ist: Am Samstag, den 3. Juli, verlor Samuel Luiz, ein 24-jähriger, homosexueller Krankenpfleger, sein Leben. Im Morgengrauen des neuen Tages wurde er in der Stadt A Coruña im Nordwesten Spaniens von einer Gruppe Menschen attackiert und zusammengeschlagen. Er starb an den Folgen des Angriffs. Inzwischen wurden insgesamt sechs Leute festgenommen, laut Polizei soll keiner von ihnen das Opfer gekannt haben.
Spekuliert wird seit dem Tod des jungen Mannes viel: Augenzeugen zufolge, darunter ein Freund Samuels, soll der 24-Jährige nach einem Klubbesuch einen Videoanruf von einer Freundin angenommen haben. Einer der späteren Täter dachte daraufhin angeblich, der Krankenpfleger filme ihn – aggressiv soll er versucht haben, ihn daran zu hindern. Der Freund, der Samuel begleitete, sagte später aus, der Hauptangeklagte habe unter anderem geschrien:
„Hör auf mit der Aufnahme oder ich bringe dich um, Schwuchtel!“
Bereits kurz nach der Tat verbreiteten sich in sozialen Medien weitere Zeugenaussagen und Gerüchte, dass die Angreifer während der Tat homophobe Beleidigungen geschrien hätten. In den ersten Tagen war die Nachrichtenlage unübersichtlich, viele widersprüchliche Informationen machten die Runde. Einige der Zeugen sagten inzwischen im spanischen Fernsehen aus und wiederholten ihre Berichte, nach denen die Täter das Opfer homophob beleidigt hatten. Samuels Familie erklärte, sie gehe von einem Hassverbrechen aus.
Die Polizei hält sich bedeckt. Sie erklärte, sie schließe auch ein anderes Motiv zum derzeitigen Stand der Ermittlungen noch nicht aus. Vor den Gerichten liegt ein langer, schwieriger Prozess, in dem sie Homophobie erst einmal nachweisen müssen – was spanischen Juristen zufolge bei der derzeitigen Beweislage schwierig werden dürfte.
Immerhin: Sechs Verdächtige in Gewahrsam
Die Polizei konnte jedoch früh wichtige Erfolge vermelden: Am Dienstag und Donnerstag nach der Tat wurden insgesamt bereits vier Verdächtige im Alter von 20 bis 25 Jahren, darunter eine Frau, in dem Fall festgenommen. Rund eine Woche nach dem gewaltsamen Tod des jungen Mannes verkündete die Polizei weitere Festnahmen: Zwei Minderjährige seien in Gewahrsam, teilte die Polizei auf Twitter mit. Das Alter der sechs Tatverdächtigen wurde mit 17 bis 25 angegeben.
Zehntausende Demonstranten in ganz Spanien fordern #justiciaparasamuel
Die zwei u18-Jährigen wurden in Jugendanstalten untergebracht, während die vier erwachsenen Verdächtigen sich inzwischen vor einer Haftrichterin verantworten mussten. Laut spanischen Medien habe sie drei von ihnen als fluchtgefährdet eingestuft und erklärt, sie traue ihnen zu, Beweise zu vernichten. Daher ordnete sie Untersuchungshaft ohne Möglichkeit der Entlassung auf Kaution an. Der Anwalt eines der Verdächtigen soll im Anschluss darauf gepocht haben, dass sein Mandant unschuldig und das Motiv für den Angriff ungeklärt sei. *AFP/lm/ck