Das Innere ist minimalistisch gestaltet, beinahe karg. Die Einrichtung wurde von der gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation Lambda ins Leben gerufen und ist laut ihrem Direktor, Krzysztof Kliszczynski, die erste ihrer Art „in ganz Osteuropa nach dem Kommunismus“. Er sei „überglücklich“, sie Wirklichkeit werden zu sehen.Die Ausstellungen zeichnen die Geschichte von LGBTIQ*-Personen in Polen bis ins 16. Jahrhundert zurück und illustrieren diese mit Briefen, Fotografien und frühen, oft im Verborgenen agierenden Beispielen von Aktivismus – aus Angst vor Unterdrückung.
Foto: Wojtek Radwanski / AFP
Krzysztof Kliszczynski – der Direktor von Polens erstem queeren Museum
„Niemals wieder ausgestoßen“
Zur Eröffnungszeremonie kamen Dutzende polnischer LGBTIQ*-Aktivistinnen, von denen einige seit Jahrzehnten für gleiche Rechte kämpfen. Unter ihnen war Andrzej Selerowicz, der 1983 den ersten polnischen Newsletter für schwule Männer herausgab.
Vor einer Glasvitrine im Warschauer Museum verweilte Selerowicz bei einem handtellergroßen, runden Foto, das zwei junge Männer zeigt, Wange an Wange, lächelnd in die Kamera. „Das ist ein Foto von mir und meinem heutigen Partner, aufgenommen vor 45 Jahren“, sagte der 76-jährige Autor und Übersetzer, der in Wien lebt. Er war eigens für die Zeremonie nach Warschau gekommen, eingeladen als einer der Pioniere der LGBTIQ*-Rechtsbewegung, zusammen mit Ryszard Kisiel, der sein Engagement ebenfalls in den 1980er Jahren begann.
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LGBTIQ*-Magazin-Cover und Gründungsdokumente der ersten queeren Organisationen in Polen
Kisiel, 76, der vom Museumspersonal und von Mitstreiterinnen bejubelt wurde, als er das Gebäude betrat, lächelte verlegen, als man ihn nach seinem Beitrag zur Eröffnungsausstellung fragte. „Ich habe da wohl einen gewissen Anteil daran“, scherzte er. Wie Selerowicz spendete auch er seine Erinnerungsstücke für die Ausstellung, darunter „das Flugblatt über die Regeln des sicheren Sex, das ich vor fast 40 Jahren erstellt habe“.
Forscher berichten, es sei nicht immer leicht gewesen, Objekte zusammenzutragen, die den oft vergessenen Kampf der LGBTIQ*-Community dokumentieren. „Ein großer Teil dieser queeren Geschichte ist sehr privat… und wird nach dem Tod dieser Personen oft zerstört, nicht selten absichtlich“, sagte Piotr Laskowski, Historiker an der Universität Warschau.
Zu den ausgestellten Objekten gehört eine handgefertigte Kopie einer Zeitschrift aus dem Jahr 1956, die der LGBTIQ*-Szene und den Forschenden zuvor unbekannt war und erst durch das Angebot an das Museum ans Licht kam. „Auch deshalb gibt es dieses Museum… damit diese Erinnerungen nie wieder weggeworfen werden – die Erinnerung an uns, die so oft auf Müllhalden landete“, sagte Krzysztof Kliszczynski.
„Genug der Angst“
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Der LGBTIQ*-Aktivist Tomasz Baczkowski (L) überreicht dem Museumsdirektor Krzysztof Kliszczynski (R) eine originale Regenbogenfahne, die von ihrem Schöpfer Gilbert Baker genäht wurde
Während sie die Gründung des Museums als weiteren Meilenstein in der Geschichte der LGBTIQ*-Personen in Polen bejubelten, verwiesen die Aktivistinnen auf eine dunkle Wolke am Horizont. Polens wichtigste Regierungspartei hatte die Legalisierung von eingetragenen Partnerschaften versprochen. Fast ein Jahr nach Beginn ihrer Amtszeit können gleichgeschlechtliche Paare in diesem stark katholisch geprägten Land jedoch weder heiraten noch ihre Partnerschaften eintragen lassen.
Vergangene Woche forderte ein UN-Mandatsträger Polen auf, umgehend Gesetze zum Schutz von LGBTIQ*-Personen vor Diskriminierung und Gewalt anzupassen, und beklagte das langsame Reformtempo der pro-europäischen Regierung.
„Ich kann nicht nachvollziehen, warum Polen am Ende der gesamten europäischen Entwicklung steht, wo doch selbst in recht konservativen südeuropäischen Ländern eingetragene Partnerschaften längst eingeführt sind“, sagte Selerowicz. Ungeduldig auf Veränderungen beharrten die Aktivistinnen darauf, dass sie keine Angst mehr vor homophoben Angriffen auf den zentral gelegenen Ausstellungsort hätten.
„Genug der Angst… Wir können nicht länger Angst haben“, betonte Kliszczynski. „Und wenn jemand unsere Schaufenster besprüht, dann werde ich persönlich die Farbe entfernen“, fügte er hinzu. *ck/AFP/Magdalena Paciorek/jj/cw