Just am Transgender Day of Remembrance haben Abgeordneten des russischen Oberhauses einstimmig beschlossen, dass es neben dem Verbot von „kinderfreier Propaganda“, mit dem der Kreml gegen die seiner Meinung nach schädlichen westlichen Ideen vorgeht, künftig auch keine Auslandsadoptionen mehr in Länder geben soll, die trans*-Rechte akzeptieren.
Die Senatoren des Obersten Föderationsrates haben die Gesetzgebung am 20. November einstimmig angenommen, nachdem die Abgeordneten der Staatsduma den Gesetzesentwurf bereits Anfang des Monats gebilligt hatten. Das Gesetz wird nun an den russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Unterzeichnung weitergeleitet.
Der Gesetzesentwurf verbietet Personen, Organisationen oder Regierungsbeamten, für einen „kinderfreien“ Lebensstil zu werben oder Menschen persönlich oder online zu ermutigen, keine Kinder zu bekommen. Verstöße werden mit Geldstrafen von bis zu 400.000 Rubel (4.000 USD) für Einzelpersonen und bis zu fünf Millionen Rubel für Unternehmen geahndet, während Ausländer, die gegen das Gesetz verstoßen, ausgewiesen werden können.
Die Sprecherin des Oberhauses, Valentina Matvienko, sagte, sie sei sich der „Bedenken“ bewusst, wie das Gesetz ausgelegt werden würde, betonte aber, dass die Gesetze nicht das Recht des Einzelnen, keine Kinder zu bekommen, verletzen würden. „Wenn ein neues gefährliches Phänomen auftaucht, ist der Gesetzgeber meiner Meinung nach verpflichtet, sowohl die Gesellschaft als auch die Bürger davor zu schützen“, sagte Matvienko.
Sinkende Geburtenraten
Obwohl Putins Regierung großzügige Auszahlungen und Hypothekenzuschüsse für kinderreiche Familien anbietet, hat sich die Bevölkerungszahl des Landes seit den Zeiten der Sowjetunion nicht erholt. Zu den jüngsten demografischen Problemen gehören eine große Zahl von Todesfällen durch Covid-19, Hunderttausende von Männern, die aus dem Land fliehen, um nicht für den Kampf in der Ukraine mobilisiert zu werden, und eine Zuwanderung nach Russland, die 2023 ein Zehnjahrestief erreicht.
Das Verbot „kinderloser“ Lebensstile kommt zu einem Zeitpunkt, da Russland mit einer alternden Bevölkerung und der niedrigsten Geburtenrate seit 17 Jahren zu kämpfen hat - ein Trend, den der Kreml als „katastrophal für die Zukunft der Nation“ bezeichnet. Die Beamten hoffen, dass dieser Schritt dazu beitragen wird, die sinkenden Geburtenraten in einem Land umzukehren.
Sprecher der Duma, Wjatscheslaw Wolodin erklärte, dass es bei dem Gesetz darum gehe, „die Bürger, vor allem die heranwachsende Generation, vor Informationen zu schützen, die in den Medien verbreitet werden und sich negativ auf die Entwicklung der Persönlichkeit auswirken“. Dies geschehe, „damit neue Generationen unserer Bürger mit traditionellen Familienwerten aufwachsen“, so Wolodin.
Keine Auslandsadoption mehr
Seit dem Beginn seiner Ukraine-Offensive im Jahr 2022 hat Moskau seine Bemühungen um die Förderung „traditioneller Werte“ beschleunigt und verbietet das, was es als „schädliche Ideologien“ bezeichnet, die vom Westen gefördert werden. 2022 hatte der Kreml die so genannte „LGBT-Propaganda“ unter Erwachsenen vollständig verboten und 2023 Menschen die legale oder medizinische Änderung ihres Geschlechts untersagt – ein Schritt, der von Menschenrechtsgruppen verurteilt wird.
Auch diesbezüglich gab es am 20. November eine Eskalation: Neben dem Verbot „kinderloser“ Lebensstile hat die Duma auch ein Adoptionsverbot beschlossen. Es untersagt die Adoption russischer Kinder durch Personen, die in Ländern leben, die „die Änderung des Geschlechts durch medizinische Eingriffe, einschließlich des Einsatzes von Medikamenten“, zulassen oder Personen erlauben, ihr Geschlecht in offiziellen Ausweispapieren zu ändern. Damit will der Kreml verhindern, dass russische Kinder ihr Geschlecht legal ändern können.
Seit 1993 wurden 102.403 Kinder aus Russland von Personen im Ausland adoptiert, sagte Duma-Sprecher Wolodin und warnte, dass „die westliche Politik gegenüber Kindern destruktiv ist“. Bereits 2012 hatte Russland alle US-Adoptionen verboten mit einem Gesetz, das nach einem russischen Kleinkind benannt ist, das 2008 an einem Hitzschlag starb, nachdem sein amerikanischer Adoptivvater es im Auto vergessen hatte.
Der Gesetzgeber erwägt auch ein Verbot von „Quadrobics“, einem Fitnesstrend, bei dem Menschen Tierbewegungen imitieren. *AFP/sah