Mehr als sieben Jahre, nachdem das als „Kill the Gays“-Gesetz bekannt gewordene Anti-Homosexualitätsgesetz in Uganda eingeführt wurde (wir berichteten), verabschiedete das ugandische Parlament in der vergangenen Woche ein neues Sexualstrafrechtsgesetz.
Noch im Herbst 2019 dementierte ein Regierungssprecher alle Gerüchte über eine Wiedereinführung des umstrittenen „Kill the Gays“-Gesetz (wir berichteten). Das Dementi war eine Ente, am „Sexual Offences Bill 2019“ wurde, wie die Jahreszahl verrät, schon damals fleißig gearbeitet. Am 3. Mai verabschiedete das ugandische Parlament in Kampala den Entwurf, nun bedarf es noch der Genehmigung von Präsident Yoweri Museveni, damit das Gesetz rechtskräftig wird.
Das Gesetzesvorhaben sieht vor, dass jede anale Penetration von Körperteilen oder Gegenständen, außer für medizinische Zwecke, ein Verbrechen darstellt, sei es unter Heterosexuellen oder Homosexuellen. Jeder sexuelle Kontakt zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts, darunter zwei Frauen, wird nun unter Strafe gestellt. Zwar wurde die Todesstrafe für homosexuellen Geschlechtsverkehr abgeschafft und auf 10 Jahre Haft reduziert, gleichzeitig werden mit dem neuen Gesetz Sexarbeiter*innen und HIV-Infizierte härter bestraft als je zuvor.
„Ernsthafte Menschenrechtsbedenken“
Menschenrechtsorganisationen sind alarmiert, dass ganze Gruppen von Menschen kriminalisiert werden. Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte schrieb in einer Erklärung, der Gesetzentwurf werfe „ernsthafte Menschenrechtsbedenken auf“.
Die Organisation Human Rights Awareness and Promotion Forum (HRAPF) hat das geplante Gesetz analysiert und die Auswirkungen auf sexuelle Minderheiten in einem Bericht zusammengefasst.
Die Kriminalisierung einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher sexueller Aktivitäten verstoße „gegen die verfassungsrechtlichen Bestimmungen über [...] das Recht auf Gleichheit und Freiheit von Diskriminierung (Artikel 21), das Recht auf ein faires Verfahren (Artikel 28) und den Schutz von Minderheiten (Artikel 36) verstoßen“, so der Bericht.
Besonders kritisiert wird, dass der Gesetzentwurf vorsieht, eine Vergewaltigung als „schwere Vergewaltigung“ einzustufen, wenn der/die Angeklagte HIV-positiv ist oder an AIDS erkrankt ist. Für „schwere Vergewaltigung“ ist die Todesstrafe vorgesehen. Das könne Menschen, die ihren Status nicht kennen, davon abhalten, einen HIV-Test zu machen, so die Befürchtung im Bericht.
Außerdem soll Prostitution verboten und soll künftig mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft werden. Durch die Kriminalisierung von Sexarbeit werde gefährdeten Gruppen der Zugang zur HIV-Prävention verwehrt. Das sei für Sexarbeiter*innen schädlich, weil die HIV-Prävalenz unter Sexarbeiter*innen höher ist als die nationale Prävalenzrate. Somit treffe das „Gesetz diejenigen am härtesten, die sich ‚die Mühe‘ gemacht haben, sich testen zu lassen und vielleicht sogar Safer-Sex-Optionen in Anspruch nehmen“, erklärt HRAPF in seiner Analyse.
Zutiefst besorgt über die Entscheidung des ugandischen Parlaments äußerte sich auch UNAIDS. Seit 2010 seien die durch AIDS verursachten Todesfälle um 60 % und die HIV-Neuinfektionen um 43 % gesunken. Das Gesetzesvorhaben und die Kriminalisierung von HIV-infizierten Menschen aber würden die Fortschritte, die Uganda bei der Eindämmung der Ausbreitung von HIV bislang erzielt hat, gefährden, befürchtet UNAIDS:
„Der gezielte Fokus auf Menschen mit HIV, Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Communitys sowie auf Sexarbeiterinnen erhöht die Stigmatisierung und Diskriminierung und untergräbt die Strategien der HIV-Bekämpfung, indem es die Menschen daran hindert, die HIV-Behandlungs-, Präventions- und Pflegedienste zu erhalten, die sie so dringend benötigen.“
‚Einem vom Westen propagierten Phänomen den Garaus machen‘
In Uganda indes waren vor allem Vertreter des Klerus hocherfreut über das Gesetzesvorhaben. Martin Ssempa, einer der einflussreichsten Pastoren Ugandas und Botschafter der Kampagne „Straight Nation“, begrüßte den Entwurf. Er werde dazu beitragen, die lächerlichen geberfinanzierten Ideologien zu beenden, sagte Ssempa gegenüber dem Fernsehsender NBS.
„Homosexualität ist ein ziemlich neues Phänomen, das von der westlichen Welt propagiert wird. Es fördert Jungen, sexuelle Beziehungen zu Jungen, und Mädchen zu Mädchen zu haben, was nicht unserer Kultur entspricht.“