In einem Artikel in der Hamburger Morgenpost fordert die Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Kersten Artus (Die Linke) die Abschaffung des Rechtsinstituts Ehe. blu wollte genauer erfahren, warum denn immerhin klingt das gerade für unsere Szene auf den ersten Hinhörer absurd. ck
FRAU ARTUS, DIE SCHWUL-LESBISCHE GEMEINSCHAFT FORDERT EINE ÖFFNUNG DER EHE, SIE EINE ABSCHAFFUNG. WARUM?
DIE LINKE sieht sich als Teil der schwul-lesbischen Gemeinschaft und fordert ebenfalls die Öffnung der Ehe. Ich stehe als gleichstellungspolitische Sprecherin meiner Fraktion voll dahinter. Wir kennen zudem viele weitere Formen, in denen Menschen füreinander sorgen, sich kümmern, Verantwortung übernehmen: unter anderem Patchwork-Familien, Einelternfamilien, Freunde und Freundinnen, nicht-verwandte Generationenbündnisse. Sie benötigen den gleichen Schutz des Staates wie gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Wir wollen eine Gleichstellung aller Lebensweisen mit der Ehe. Dann hat sie sich erübrigt als hervorgehobene Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts. Natürlich nicht als Partnerschaftsmodell. Ehen wird und soll es immer geben. Und ebenso die romantischen und ja auch religiösen Rituale, mit denen Menschen ihr Bündnis beschließen: Trauungen, Hochzeitsfeiern, Flitterwochen. Das bürgerliche deutsche Recht kennt übrigens seit sechs Jahren ein wenig romantisches, sondern repressives Modell, in denen Menschen Pflichten füreinander haben, aber keinerlei Rechte: die Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft.
WIE KÖNNTE EINE ALLGEMEINE UND GERECHTE REGELUNG DES ZUSAMMENLEBENS DURCH DEN STAAT AUSSEHEN?
Ich bin keine Juristin, aber eine beglaubigte Erklärung mit den Unterschriften aller Beteiligen kann und sollte ausreichen, um sich als Lebensgemeinschaft gegenüber dem Staat zu definieren. Dann sollten sie die gleichen Rechte haben wie Eheleute sie haben. Ich würde mich auch gern dafür einsetzen, dass Scheidungen weniger aufwendig und teuer sind, wobei der schwächere Teil einer Lebensgemeinschaft immer besonders im Fokus der Gesellschaft bleiben muss, damit er nicht auf der Strecke bleibt.
EINIGE GRÜNE FUNDIS FORDERTEN ÄHNLICHES VOR GERAUMER ZEIT. SEHEN SIE PARTEIÜBERGREIFENDES INTERESSE AN DER IDEE?
Bürgerrechte werden immer in Bündnissen durchgesetzt und mit gesellschaftlicher Akzeptanz. Ich glaube, dass es in fast allen Parteien Sympathien für eine Gleichberechtigung aller Lebensweisen gibt, selbst in liberalen Kreisen der CDU. Es kommen ja auch individuelle Lebenserfahrungen bei dem Thema dazu, bei denen die Parteizugehörigkeit keine Bedeutung hat. Ich kenne außerdem viele Menschen, die sich in ihrer Ehe unfrei, diskriminiert und nicht wertgeschätzt oder aufgehoben gefühlt haben. Von den unzähligen Opfern häuslicher Gewalt einmal ganz abgesehen.
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