An Friedrich Merz scheiden sich die Geister. Der CDU-Politiker, der nun als klarer Sieger aus der Mitgliederbefragung ĂĽber den Parteivorsitz hervorging, hat in seiner Karriere immer wieder polarisiert. Beinahe lustvoll lieferte er seinen Kritikern ĂĽber die Jahre hinweg regelmäßig Anlass, sich ĂĽber ihn zu ärgern - auch Kritikern in der eigenen Partei. Seinem Ansehen an der Parteibasis schadeten die Kontroversen aber nicht. Â
Merz, der Millionenverdiener
Im Jahr 2009 zog sich Merz im Streit mit Kanzlerin Angela Merkel aus der Politik zurĂĽck – und machte in der Wirtschaft ein Vermögen. Vor drei Jahren gab er sein Jahreseinkommen mit etwa einer Million Euro an. Er war Aufsichtsratschef der deutschen Abteilung der Fondsgesellschaft Blackrock, weitere Posten kamen hinzu. Merz' politische Kontakte machten ihn zum gefragten Lobbyisten. FĂĽr Verwunderung sorgte vor einigen Jahren, dass er sich in einem Interview als Angehöriger der „gehobenen Mittelschicht” bezeichnete – ein Understatement. Seinen Posten bei Blackrock und andere Wirtschaftsmandate legte Merz vergangenes Jahr nieder. Â
Merz, der Ehrgeizige Â
An Merz' Ehrgeiz zweifelt niemand – Zweifel kamen in der Vergangenheit aber immer wieder an seiner Loyalität zur CDU auf. Dies war so, als er im Januar nach seiner Niederlage gegen Armin Laschet ein Parteiamt im CDU-Präsidium ablehnte – sich dann aber selbst fĂĽr den Posten des Wirtschaftsministers anbot. Dies war auch so, als Merz immer wieder mit Sticheleien gegen Kanzlerin Angela Merkel fĂĽr Aufmerksamkeit sorgte. Gegner unterstellten ihm, sich auf Kosten der Partei zu profilieren: Etwa, als er 2019 das Erscheinungsbild der CDU-gefĂĽhrten Bundesregierung als „einfach grottenschlecht” kritisierte. Im Bundestagswahlkampf arbeitete Merz dann aber loyal im Team des Kanzlerkandidaten Laschet mit. Â
Merz, der Konservative
Für welches Gesellschaftsbild steht Friedrich Merz? Seine Anhänger sehen in ihm einen Bannerträger konservativer Werte, für seine Kritiker ist er einfach aus der Zeit gefallen. Immer wieder polarisierte er mit umstrittenen Sprüchen – etwa, als er letztes Jahr auf die Frage nach Vorbehalten gegen einen schwulen Bundeskanzler eine Verbindung zwischen Homosexualität und Pädophilie herstellte.
„Die sexuelle Orientierung geht die Öffentlichkeit nichts an. Solange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft – an der Stelle ist für mich allerdings eine absolute Grenze erreicht – ist das kein Thema für die öffentliche Diskussion“.
Empörung auch in der CDU war die Folge, Merz entschuldigte sich. In den vergangenen Wochen bemĂĽhte sich Merz dann aber auffällig oft hervorzuheben, dass er als CDU-Chef die ganze politische Bandbreite der Volkspartei CDU und nicht nur den konservativen FlĂĽgel vertreten wolle und lieĂź sich sogar werbewirksam von der queeren CDU-Mitgliederorganisation LSU als Hauptredner zu deren Jahresempfangs einladen.Â
➡️ Zur männer* Glosse Pädophilie! Was verschweigt Friedrich M.?
Merz, der Dauerkandidat
Zum dritten Mal in drei Jahren sucht die CDU einen neuen Chef, und zum dritten Mal bot Merz sich an – diesmal trug ihn seine Beliebtheit an der Basis zum Sieg. Mit seinen vorangegangenen Kandidaturen hatte Merz immer wieder die CDU-Bundeszentrale in Berlin vergrätzt, stilisierte er sich doch als FĂĽrsprecher der Basis gegen eine nach links gerĂĽckte Parteispitze. Erst vor einem Jahr warf Merz „Teilen des Partei-Establishments” öffentlich vor, „verhindern zu wollen, dass ich Parteivorsitzender werde". Bei den Bundesparteitagen 2019 und 2021 unterlag er. Damals trafen Delegierte die Entscheidung, nicht wie jetzt die Basis. Â
Was sagen die Demoskopen? Â
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa dokumentierte das ambivalente Image von Merz: In Teilen der CDU gelte er als „Hoffnungsträger", in Teilen der Wählerschaft – vor allem bei den Jüngeren und den Frauen – verfüge er aber über einen „ausgeprägten Vertrauensmalus". Forsa-Chef Manfred Güllner resümierte: „Mit einem Vorsitzenden Merz wird das Bild der CDU nicht – wie von manchen gewünscht – jünger und weiblicher, sondern älter und männlicher.”
*Peter WĂĽtherich / AFP / ck