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Verbot der Konversionsverfahren
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Das ist das Ergebnis von zwei wissenschaftlichen Gutachten und einer Fachkommission aus 46 Vertretern aus Politik und Wissenschaft, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Anfang April einberufen hat und fachlich von der Bundesstiftung Magnus-Hirschfeld begleitet wird. Neben den Gutachten wurden in zwei Workshop medizinische, juristische, gesellschaftspolitische sowie religiös-weltanschauliche Aspekte eines möglichen gesetzlichen Verbots umfassend erörtert.
„Die heute vorgestellten Gutachten zeigen eindrucksvoll, dass sog. ´Konversionstherapien´ verboten gehören. Prof. Martin Burgi hat dafür den verfassungsrechtlichen Weg aufgezeigt. Prof. Peer Briken belegt, dass die sexuelle Orientierung eines Menschen nicht durch sog. ´Konversionstherapie´ veränderbar ist.“ Jörg Litwinschuh-Barthel, Geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
Ergebnisse der wissenschaftlichen Gutachten
Professor Dr. med. Peer Briken (UKE Hamburg) stellt in seinem Kurzgutachten fest, dass Homosexualität keine Krankheit sei und daher keiner Behandlung bedürfe. Außerdem sei die Veränderbarkeit der sexuellen Orientierung von außen wissenschaftlich betrachtet höchst unwahrscheinlich. Viel mehr gäbe es eindeutige Belege für die negativen Folgen solcher „Therapien“. Deshalb sollten sie aus medizinisch-psychotherapeutischer Sicht keine Anwendung finden. (Gutachten als PDF)
Das Kurzgutachten von Professor Dr. iur. Martin Burgi (LMU München) zeigt auf, dass Verbotsregelungen verfassungsrechtlich möglich seien. Dies gelte teilweise auch für eine Verankerung des Verbots im Strafrecht. Gesetzliche Verbote müssten dabei unterscheiden, an wen sich das Verbot jeweils richte und wen es schützen solle. (Gutachten als PDF)
Jens Spahn bekräftigte seinen Willen, bis zum Ende des Jahres zusammen mit dem Justizministerium einen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen:
„Meine Haltung ist klar: Ich bin für ein Verbot dieser Therapien. Denn Homosexualität ist keine Krankheit und daher auch nicht therapiebedürftig.“
Unser Interview mit Jens Spahn zum Verbot von Konversionsverfahren, PrEP auf Kassenrezept und das Leben als konservativer Schwuler in Regierungsverantwortung.
Kritik wegen Fokussierung auf Homosexualität
Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. (dgti) übte in einer Stellungnahme auf Facebook scharfe Kritik, denn obwohl in der vorangegangen Bundesratsentschließung dazu auch die Untersuchung von solchen Versuchen bei transidenten Menschen die Rede war, wurde dieses Thema laut dgti bei den beiden beauftragten Gutachten in einem Fall vorab ausgeklammert oder im Fall von Prof. Dr. Burgi, LMU München, die Sicherheit der geschlechtlichen Identifikation als problematisch für eine rechtliche Beurteilung eines Verbots angesehen.
„Überall da, wo es solche Verbote schon gibt, hat man sie zeitgleich auch bei transidenten Menschen verboten und die selbstbestimmte Geschlechtsangleichung ausdrücklich davon ausgenommen. Damit einhergehend gibt es z.B. im EU Staat Malta auch ein ausdrückliches Recht darauf.“
Christian Nauman erklärt schlussfolgert in einer Anklageschrift an die sogenannte Community:
„Wenige, aber nicht unwesentliche fallen unter den Tisch: Trans* und Inter* und all diejenigen, die bereits in der Vergangenheit ärztliche Zwangsmaßnahmen erlitten und voraussichtlich leer ausgehen. Lesben und Schwule hätten nach einem Verbot von Konversionstherapien mehrheitlich keinen Grund mehr, sich auch weiter mit gleicher Kraft für diese Opfer medizinischer Gewalt und ärztlicher Zwangsmaßnahmen zu engagieren. Wird es eine zweite Kommission gegen normierende Genitaloperationen an Inter und Zwangssterilisationen an Trans* zur Aufarbeitung geben? Wird es eine dritte Kommission gegen Zwangsbegutachtungen und „therapeutische Interventionen“, wie sie die katholische Kirche für Trans* fordert, geben? Wird es eine vierte Kommission zur Rehabilitierung und Entschädigung geben? Und wird der öffentliche Druck hier noch der gleiche sein? Wohl kaum und wohl auch nicht so schnell. Wir hätten ein Thema gehabt, dass uns gleichermaßen angeht, haben diese Chance aber vertan. Stattdessen haben wir es wieder geschafft, uns als separate Identitäten und nicht als solidarische LSBTIQ-Community zu verstehen.“