Vor neun Jahren bezeichnete er Homosexualität als Abnormalität und die Darstellung von Regenbogenfamilien als „unerträgliche Unverschämtheit“ – nun sitzt der CDU-Politiker Kai Hähner (46) im Chemnitzer Stadtrat.
Die Ernennung des neuen Stadtrates sorgte für Wirbel. Grund dafür sind Hähners Äußerungen aus dem Jahr 2010. Nach dem Radiointerview eines Organisators des CSD Leipzig schrieb Hähner im Jahr 2010 eine Mail an die Verantwortlichen der queeren Großveranstaltung. „Leben Sie, wie Sie wollen im Privaten und lassen Sie andere mit Ihrer Abnormalität in Ruhe“, forderte er darin. Weiter:
„Durch Ihre öffentlichen Auftritte und das Zu[r]schaustellen Ihrer Lebensweise gilt Homosexualität inzwischen als 'trendy'. Und somit verleiten Sie Jugendliche, die sich in einer sexuellen Findungsphase befinden.“
Eine „unerträgliche Unverschämtheit“ war für Hähner damals die Darstellung von Regenbogenfamilien in Kinderbüchern. Die CSD-Organisatoren forderten 2010 eine dergestaltige Sensibilisierung von jüngeren Kindern. Kinder im Vorschulalter, die Kontakt mit Homosexualität bekommen – diese Vorstellung war für den CDU-Politiker unerträglich. Er drohte den CSD-Organisatoren mit Konsequenzen: Er selber würde dafür sorgen, die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen, sollte es „in diesem Land“ tatsächlich so weit kommen.
Kritik aus Opposition und aus den eigenen Reihen
Die E-Mail zog damals weite Kreise. Politiker aus anderen Parteien kritisierten Hähner scharf. SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Friedel erklärte:
„Nicht die Lebensweisen von Lesben und Schwulen sind anormal, sondern die Einstellungen eines Herrn Hähner!“
Fabian Blunck, Sprecher der Linken-Landesarbeitsgemeinschaft Queer Sachsen, machte deutlich: „Dass Kai Hähner kein politisches Amt mehr bekleiden sollte, liegt auf der Hand".
Und sogar aus den eigenen Reihen kam Kritik, zum Beispiel vom heutigen sächsischen Ministerpräsidenten, Michael Kretschmer. Er distanzierte sich von den „indiskutablen“ Äußerungen seines Parteifreundes und machte deutlich, hierbei handle es sich nicht um die Meinung der sächsischen CDU.
Eine zweite Chance ausgerechnet in der Jugendhilfe
Folgen gab es jedoch keine, die CDU-Karriereleiter blieb Hähner weiter zugänglich. Auch eine Entschuldigung folgte nie. Er zeigte sich gegenüber der Presseagentur dpa damals lediglich überrascht über die Aufregung und behauptete, er habe den Text bewusst provokativ verfasst, um eine Reaktion zu erhalten. Auch am Samstag, neun Jahre später, war von Einsicht keine Spur. Gegenüber der „Morgenpost“ distanzierte er sich lediglich von dem Begriff „abnormal“ - verteidigte seine Meinung jedoch, indem er sich darauf berief, ein anderes Familienbild zu haben.
Im fünften Anlauf schaffte es Hähner nun in den Stadtrat. Zehn Jahre lang war er als kaufmännischer Leiter beim Solaris-Förderzentrum für Jugend und Umwelt in Chemnitz tätig. Im Hinblick auf seine künftige Tätigkeit als Stadtrat sagte er, der Schwerpunkt könne im Jugendhilfeausschuss liegen. „Durch meinen Job bin ich an dem Thema nahe dran", so Hähner. Toni Rotter, Gründungsmitglied des CSD Chemnitz e.V. und Stadtrat für die Grünen in Chemnitz erklärte, dass er Hähner eine zweite Chance geben und ihn nach seiner zukünftigen Arbeit beurteilen möchte.