… und ohne Verfassungsgericht wäre es wohl längst eingegangen. Die Stiefkindadoption steht mal wieder auf der Agenda des Bundestages und mit ihr ein Rattenschwanz an Versäumnissen für ein modernes Familienrecht. Die AfD scheiterte abermals im Bestreben, das Gedenken an und die Aufarbeitung der Naziverfolgung zu beschädigen.
Antisemitische und homophobe Partei weiter nicht in Kuratorien von Stiftungen gegen Homophobie und Antisemitismus
Die wohl erfreulichste Nachricht der Woche ist, dass alle demokratischen Fraktionen im Bundestag der AfD einen Sitz im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und der Bundesstiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas verwehrten. Für die Stiftung des bedeutenden Denkmals, dass an den Zivilisationsbruch Deutschlands erinnert, stellten die AFD Nicole Höchst auf (PDF).
Eine abermalige Provokation. Hatte doch Frau Höchst zuletzt Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Hitler verglichen und von „Machtergreifung“ gesprochen. Ein ZDF-Reporter hakte damals nach und verwies auf den Holocaust, doch Frau Höchst wollte ihren Vergleich nicht zurücknehmen.
Auf den Einwand des ZDF, dass Adolf Hitler unter anderem für den Mord an sechs Millionen Juden verantwortlich sei, antwortet Höchst:
„Wir haben im Moment eine Phase, wo wir den Ausgang noch nicht kennen. Und wir wissen noch nicht, wo diese Geschichte, die jetzt angestrebt wird durch die totalitaristische Tendenz unserer herrschenden Politik - wir wissen noch nicht, wo es endet. Wenn in 50 Jahren wir den Vergleich wieder rauskramen und ich sollte noch leben und meine kassandrischen Fähigkeiten haben mich im Stich gelassen, dann entschuldige ich mich sehr gerne dafür.“
Nicole Höchst, AfD
Für die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld traten für die AfD Uwe Witt und Petr Bystron als Stellvertreter an (PDF). Uwe Witt gehört nicht zum völkischen Teil der AfD, auch trat er bislang nicht als Agitator gegen queere Rechte auf. Dies gilt jedoch nicht für seinen in der gleichen Drucksache eingereichten Vorschlag von der AfD für den Stellvertreter Petr Bystron. Er trat vielfach als Hetzer gegen queere Gleichstellung auf. Beide Rechtsextremisten wurden nicht ins Kuratorium gewählt. Die AfD stimmte zu, einige Abgeordnete der CDU/CSU enthielten sich, alle anderen lehnten ab. Eine notwendige Ablehnung. Und inzwischen die bereits Zehnte.
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sorgte gleich zweimal für einen Schockmoment, als er versehentlich falsche Wahlergebnisse vorlas.
Debatte über modernes Familienrecht
Am Donnerstagabend debattierte der Bundestag über die Umsetzung eines Bundesverfassungsgerichturteils zur Stiefkindadoption. Auch nichteheliche Partnerschaften, also auch von Lesben und Schwulen, sollen der Ehe gleichgestellt werden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (PDF) lehnt sich relativ eng an das Urteil.
Die FDP brachte einen weitergehenden Antrag ein (PDF), der die „Einzeladoption auch für einen Ehepartner zulässt.“ Der Antrag der FDP trägt damit mehr den neuen Familienformen Rechnung. Fabian Jacobi von der AfD provozierte diesmal nicht, machte jedoch klar, dass seine Fraktion neue Familienformen nicht weiter gleichstellen möchte. Katja Dörner von den Grünen verwies auf bestehende Ungleichbehandlungen z.B. „die Situation der Kinder, die in eine lesbische Ehe hineingeboren werden“, die der Gesetzentwurf unberücksichtigt lässt. Gökay Akbulut von den Linken ist das bestehende Adoptionsrecht zu stark „ehezentriert“. Sie forderte im Sinne des Kindeswohls weitergehende Reformen. Ansonsten plätscherte diese erste Lesung zu dieser gerade auch für Regenbogenfamilien so wichtigen Frage vor sich hin.
Mensch darf auf die Debatte im Ausschuss sowie die abschließende Beratung im Bundestag gespannt sein.
Frauenhäuser braucht es nicht, AfD?
Die Debatte in der Ulle Schauws (Grüne) und Nicole Bauer (FDP) ihre Anträge zur Verbesserung der Situation von Frauen, die Opfer vorallem häuslicher Gewalt sind, vorstellten.
Wie absurd die AfD ihre Menschenfeindlichkeit in den Bundestag trägt, zeigte sich auch in dieser Woche wieder, so z.B. bei der Debatte zum notwenigen Ausbau von Frauenhäusern. Grüne und FDP hatten hierzu drei Anträge eingereicht. Statt sich für den Ausbau einzusetzen, fiel Frau Harder-Kühnel von der AFD nur ein auf den vorgeblich „überproportionalen Anteil von Migranten“ bei den Gewalttätern zu verweisen. Dass dies faktenwidrig ist und die Rechtsextremisten hier wieder nur Hass ins Plenum tragen wollen, braucht nicht ausgeführt werden.
Grafik: BKA
Von insgesamt 117.473 in den Kategorien Mord und Totschlag, Körperverletzungen, sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergwaltigung, Bedrohung, Stalking Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution erfassten Tatverdächtigen waren 78.759 (67,0%) deutsche Staatsangehörige. Der Anteil männlicher Personen unter den deutschen Staatsangehörigen lag mit 61.226 Personen bei 77,7%, der Anteil weiblicher Tatverdächtiger mit 17.553 Personen bei 22,3%.
Kriminalstatistische Auswertung zur Partnerschaftsgewalt des Bundeskriminalamtes 2018 (PDF)
In der nächsten Parlamentswoche wird es spannend: Am Montag gibt es im Familienausschuss eine öffentliche Anhörung zu einem bundesweiten Aktionsplan für geschlechtliche Vielfalt.
Arbeitsrechtlicher Hinweis: Autor Bodo Niendel hat den Beitrag aufgrund einer Handverletzung telefonisch durchgegeben.