Mit der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes haben sich weit mehr Menschen dazu entschieden, ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen, als ursprünglich vermutet. Eine Auswertung des Magazins „Spiegel” zeigt, dass bis Ende August bereits rund 15.000 Menschen in ganz Deutschland eine solche Änderung beantragt haben. Das ist mehr als dreimal so viel wie die Bundesregierung in ihrem ursprünglichen Gesetzentwurf prognostiziert hatte – die Ampel-Koalition ging von etwa 4.000 Anträgen pro Jahr aus.
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Das neue Gesetz, das im Mai vom Bundesrat verabschiedet wurde, ermöglicht es trans*, inter* und nicht-binären Menschen ab dem 1. November 2024, ihren Geschlechtseintrag ohne aufwendige Gutachten oder Gerichtsverfahren ändern zu lassen. Eine einfache Erklärung beim Standesamt genügt. Seit dem 1. August können Betroffene jedoch bereits Anträge stellen. Nach einer dreimonatigen Wartefrist wird der Eintrag offiziell geändert.
Ländliche Regionen hinken hinterher
Interessant sind die regionalen Unterschiede: Während in Großstädten wie Berlin im Schnitt 2,5 Anmeldungen pro 10.000 Einwohner*innen verzeichnet werden, liegt der Durchschnitt in ländlichen Regionen deutlich niedriger – nur 0,9 Anmeldungen pro 10.000 Menschen. Ein weiteres bemerkenswertes Detail: Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Die Frage nach den Beweggründen und der Zugangsgerechtigkeit, vor allem in kleineren Gemeinden, bleibt jedoch offen.
Die Nachfrage überrascht: Hat die Regierung den Bedarf unterschätzt?
Dass die tatsächliche Zahl der Antragstellerinnen so weit über den Erwartungen der Bundesregierung liegt, wirft Fragen zur Kalkulation und Vorbereitung auf. Auch die gesellschaftliche Bedeutung der Möglichkeit, den Geschlechtseintrag anzupassen, wird damit noch sichtbarer. Für viele trans und nicht-binäre Menschen ist dies ein entscheidender Schritt zu mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz in ihrem Alltag.
Auch die Zahl der Personen, die ihren Vornamen in diesem Zuge ändern wollen, ist hoch: Rund 97 Prozent der Antragsteller*innen planen laut den vorliegenden Daten, ihren bisherigen Namen ebenfalls anzupassen. Lediglich fünf Prozent der Anträge kommen von Minderjährigen, was zeigt, dass das Gesetz vor allem von volljährigen Personen in Anspruch genommen wird.
Berlin mit mehr als 1.000 Anträgen
Foto: Fotostudio-Charlottenburg
Klaus Lederer
In Berlin, das als besonders queerfreundlich gilt, zeigen sich besonders viele Menschen interessiert. Bereits über 1.000 Anträge auf Geschlechtsänderung wurden dort bis jetzt eingereicht. Angefragt hatte die Zahlen Berlins ehemaliger Kultursenator und Vorsitzender der Partei DIE LINKE, Klaus Lederer. Doch die hohe Nachfrage führt auch zu Kritik an der Ausführung des Gesetzes. So berichten manche Bezirke über überlastete Standesämter und lange Wartezeiten. Die Berliner Innenverwaltung hat aber angekündigt, das Verfahren entsprechend anzupassen. *ck/AFP