Das ist noch weniger als zu erwarten war. Heute sind die Ergebnisse der Sondierungen zwischen CDU/CSU und SPD bekannt geworden. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle oder Intersexuelle kommen nicht darin vor.
Foto: Christian Knuth
Ehe für alle
Auf der Fraktionsebene des Reichstages feierten die Grünen die historische Entscheidung zur Ehe für alle mit einer großen Hochzeitstorte. Kommt die neue GroKo zustande, wird es für Queers wohl wenig zu feiern geben.
Weder im Kernbereich „Familie, Frauen, Kinder“ noch bei „Bildung und Forschung“ sind queere Themen angesprochen. Kein Aktionsplan, keine Aussagen zu homo- und transphober Gewalt im Abschnitt „Stärkung der Zivilgesellschaft“, in dem Programme gegen verschiedene Formen der Menschenfeindlichkeit angekündigt werden.
Ausschließlich der Bereich „Recht“ deutet unter der Überschrift „Eine moderne Gesellschaft braucht modernes Recht“ an, dass Gesetze zu „Familienrecht/Abstammungsrecht“ und „Gleichberechtigung/Vielfalt“ die Themen Mehrelternschaft, Reproduktionsmedizin, Transsexuellengesetz oder Diskriminierungsschutz in Koalitionsverhandlungen noch einmal auf den Tisch bringen könnten.
Überraschend ist das nicht wirklich, bereits zu den Jamaika-Verhandlungen sagte der Grünen-Vorsitzende in Nordrhein-Westfalen und Bundestagabgeordnete Sven Lehmann im blu Interview: „Schon in der ersten Runde der Sondierungen hat die Union klargestellt, dass sie bei „nicht traditionellen Familienformen“ eigentlich keinen Änderungsbedarf sieht.“ (Das ganze Interview hier)
In einer gemeinsamen Presseerklärung mit Ulle Schauws heißt es:
„Aus Queerpolitischer Sicht ist das Sondierungspapier eine skandalöse Bankrotterklärung. Das einzige, was zu finden ist, ist eine sehr allgemeine und eigentlich selbstverständliche Formulierung, wonach eine moderne Gesellschaft modernes Recht u.a. in dem Bereich Familienrecht/Abstammungsrecht und Gleichberechtigung/Vielfalt braucht. Wer sich an die vage Formulierung aus dem letzten Koalitionsvertrag erinnert, kann sicher sein: die weiteren vier Jahre versprechen Streit und im Ergebnis nur Stillstand. Und auch bei Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie und der Zivilgesellschaft findet Homosexuellen- oder Transsexuellenfeindlichkeit keine Erwähnung. Stattdessen werden Algerien, Marokko und Tunesien, in den Homosexuelle in den Knast geschickt werden, zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt. Ein Armutszeugnis für ein Land, das eigene Verfolgungsgeschichte Homosexueller immer noch aufarbeitet und versucht, wiedergutzumachen."
Axel Hochrein, Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) äußert sich ebenfalls enttäuscht:
„Das bisherige Sondierungspapier verspricht „mutige Ziele“ und die Stärkung des sozialen Zusammenhalts, ignoriert Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen aber weitgehend. Das ist enttäuschend. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert bei möglichen Koalitionsverhandlungen deutliche Nachbesserungen. Denn die Erfahrung zeigt, was nicht explizit im Koalitionsvertrag vereinbart wird, wird in der Regel auch nicht gemacht. Diskriminierung und Ausgrenzung sind eine Gefahr für die Demokratie und schaden auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt."