Die neue HIV-Depotspritze wird bereits erfolgreich in einigen Ländern zur Therapie eingesetzt. Anstelle von täglicher Tabletteneinnahme können Patient*innen somit eine Injektion erhalten, deren Wirkung bis zu zwei Monate anhält. Es gibt viele Fragen dazu – einige klären wir mit Nico Reinold von der Schönhauser Apotheke in Berlin.
Chemisch betrachtet hat die Depotspritze auf jeden Fall einen Vorteil, weil weniger Fremdstoffe in den Körper gelangen. Ob man wechseln will, bleibt natürlich eine persönliche Entscheidung.
Hallo, Nico, was kannst du uns über die neue Depotspritze verraten?
Die im Vorfeld durchgeführten Studien haben uns gute Resultate hinsichtlich der Verträglichkeit geliefert. Auch vom Patientenkollektiv wurde diese Therapieform gut angenommen. Es gab Bedenken, dass die Patient*innen nach der Testphase wieder auf die Tabletteneinnahme umstellen würden, dem ist aber nicht so.
Ein Missverständnis besteht darin, dass es zudem eine Umstellung von drei oder mehr Wirkstoffen auf lediglich zwei Wirkstoffe ist. Siehst du das als problematisch?
Wie gesagt haben die Studien gezeigt, dass auch nur die beiden Wirkstoffe erfolgreich die Viruslast unterdrücken. Traditionell galt bisher, dass bei einer HIV-Therapie viel auch viel hilft. Drei ist besser als zwei – so denkt man. Was aber auch zu bedenken ist, ist, dass weniger Wirkstoffe auch weniger Belastung für den Körper darstellen. Zudem können weniger Wechselwirkungen entstehen und auch weniger Resistenzbildungen.
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Ich kenne es von Patient*innen, dass eine Therapie, bei der etwa vier Wirkstoffe zum Einsatz kommen, auch mehr Nebenwirkungen auftreten. Dazu gehören dann so unangenehme Dinge wie Durchfall oder auch Blähungen. Chemisch betrachtet hat die Depotspritze auf jeden Fall einen Vorteil, weil weniger Fremdstoffe in den Körper gelangen. Ob man wechseln will, bleibt natürlich eine persönliche Entscheidung.
Gibt es auch logistische Veränderungen?
Es ist so vorgesehen, dass Patient*innen das Rezept erhalten und das Medikament bei der Apotheke abholen. Das bringen sie dann zu den Ärzt*innen, die die Injektion verabreichen. Es klingt zunächst einmal umständlich und bedeutet grade in Zeiten von Corona ein Extra-Trip in die Praxis.
Infektiologische Praxen sind derzeit völlig überlastet und für jede HIV-Spritze rechnet man mit etwa 15 Minuten Behandlungszeit – nur für das Spritzen der Wirkstoffe. Ich kann mir vorstellen, dass viel Ärzt*innen aufgrund der momentanen Ausnahmesituation davon nicht unbedingt begeistert sind. Für uns Apotheker*innen ändert sich jedoch nichts.