
Foto: J. Rakete
Im Februar hat Annett Louisan in der Elbphilharmonie ein Konzert gegeben, um die Veröffentlichung ihrer Platte „Babyblue“ zu feiern. Diesen Abend ließ sie für ihr Album „Live aus der Elbphilharmonie“ mitschneiden. Allerdings wurden die Songs nachträglich in eine andere Reihenfolge gebracht.
Ein Auftritt in der Elbphilharmonie, sagt Annett Louisan, sei für sie immer wieder etwas Besonderes. Einerseits, weil die Wahlhamburgerin dort ein Heimspiel hat, andererseits hatte sie natürlich die Vorgeschichte dieses Konzerthauses mitverfolgt: „Ich habe das ganze Theater rund um den Bau mitbekommen. Doch ich hatte das Gefühl: Sobald die Elbphilharmonie eröffnet worden war, wurde sie sofort ein Wahrzeichen dieser Stadt.“
Obwohl die Sängerin schon mehrfach im Großen Saal gastiert hatte, war ihr Lampenfieber diesmal etwas ausgeprägter als sonst: „Ich hatte Angst davor, mit einer Band, mit der ich noch nie live auf der Bühne gestanden habe, aufzutreten. Außerdem saßen viele Leute im Publikum, die ich kenne. Das hat meine Anspannung verstärkt.“
Aufgeregt ist Annett Louisan vor jeder Show. „Ich bin nie so unlocker wie vor einem Konzert“, gesteht sie. „Das ist schlimmer als vor dem ersten Date.“ Dabei hat sich die Künstlerin inzwischen ein Stück weit von ihrem Perfektionismus verabschiedet: „Ich lasse jetzt ein bisschen mehr los und habe erkannt: Fehler gehören dazu. Auch für das Publikum sind sie ganz wichtig, damit es merkt: Das ist wirklich live.“
Gleich beim Eröffnungslied „Die mittleren Jahre“ leistete sie sich tatsächlich einen Patzer: „Ich habe die zweite Strophe verkürzt. Meine Band war kurz irritiert, ist mir aber gefolgt. Wenn man das nicht weiß, hört man es vielleicht gar nicht.“ Wer im Konzert war, erinnert sich möglicherweise daran, dass Annett Louisan wenig später für eine Ballade ihre High Heels ausgezogen hat. „Bei ,Babyblue‘“, erklärt sie, „brauchte ich festen Boden unter den Füßen.“ Ist „Das Spiel“ eher eine High-Heels-Nummer? „Ich kann diesen Titel mit oder ohne Schuhe singen“, erläutert die Musikerin. „Barfuß lässt es sich aber besser schunkeln als auf High Heels.“ Auf jeden Fall hat sie „Das Spiel“ bei ihren Auftritten schon in den unterschiedlichsten Versionen präsentiert – mal als Superballade, mal schneller. „Nun bin ich wieder zum Original zurückgekehrt“, erzählt sie. „Ich merke, dass ich es richtig entspannt singen kann. Übung macht wohl doch den Meister.“
Songs wie „Wenn ich groß bin“ verhehlen bei dieser Einspielung nicht, was für eine begnadete Chansonsängerin Annett Louisan ist: „Live kann ich viel größere Gesten und Posen machen – auch stimmlich. Insofern funktionieren das Chansoneske und Pathos gut.“ Die gebürtige Sachsen-Anhalterin punktet jedoch nicht allein mit ihrer Stimme, auf der Bühne erzählt sie gern ein paar Geschichten. Das Lied „Wenn ich einmal sterben sollte“ hat sie in der Elbphilharmonie mit folgendem Satz anmoderiert: „Wenn wir nicht sagen, was wir uns wünschen und was wir wollen, dann sterben wir.“ Das, meint sie, sei ihr viel zu spät aufgegangen: „Es gibt wahnsinnig viele Menschen, die sich nicht trauen zu sagen, was sie wollen. Dabei ist das so wichtig. Wer es nicht tut, lebt ein falsches Leben. Das macht unglücklich, krank und aggressiv.“ *Dagmar Leischow