
Foto: Elena Aistleitner
Color the Night
Es wirkt vielleicht ein wenig, als wäre es ein Konzeptalbum, aber doch hat sich die neue Platte von Color The Night namens „Queer Rage“ einfach so entwickeln dürfen.
Der rote Faden entstand dabei von selbst, schon allein, weil die österreichische Band einen neuen Sänger, Raffi, in ihre Mitte genommen hat und dieser sein Leben und seine Erlebnisse ganz natürlich und selbstverständlich einbrachte und damit dem Projekt eine ganz neue Richtung geben konnte. „In diesem Prozess haben wir angefangen zu experimentieren“, erklärt Gitarrist und Keyboarder Michael Buchegger. „Und durch Raffis Queerness sind wir ganz von selbst auf die Themen gekommen, über die wir reden wollen. Früher war alles eher lustig und trallala, aber es war uns schon länger ein Anliegen, uns wirklich zu Themen zu äußern. Und Raffi hat einfach automatisch solche Texte geschrieben, in denen er seine Erfahrungen verarbeitet hat.“ Und der Rest der Band unterstützte ihn nachdrücklich dabei, mit einem klaren „Wir stehen alle hinter dir!“. Der Name des Albums ist dabei in einem gewissen Sinne die Beschreibung ihres neuen Sounds. „Raffi verkündete einmal bei einem Auftritt, dass er unsren neuen Stil als ,Queer Rage’ bezeichnet“, der auf diesem Album vor allem als harmonische Mischung überzeugt: Stark elektronisch beeinflusste Tracks treffen Indie und Pop, ganz leichtfüßig und verspielt, und doch tief und mitreißend.
Die sechs Mitglieder der Band, Raphael, Valentin, Jonathan, Lukas, Jakob und Michael haben dabei durchaus diskutiert, was diese Entwicklung für eine Außenwirkung hat und für die Band intern bedeutet. „Wir wollen nicht den Anschein erwecken, dass wir jetzt so daherkommen, sechs Dudes, die da in eine Szene versuchen reinzurutschen – das war nie die Idee.“ Gedanken, die sie auch bei z. B. Fotoshootings begleiten. „Wie kleiden wir uns? Wenn mehr feminin – ist das dann okay? Oder verkleiden wir uns sicht- und spürbar?“ So trägt Michael bei Auftritten einen Rock, „was ich privat nicht machen würde. Warum dann hier? Schon allein, weil wir es wichtig finden, dass wir Raffi unterstützen.“ Und die ganze Community, wie er betont. „Es hat mich anfangs etwas gestresst“, gesteht Michael ganz ehrlich, „aber wenn solche Gefühle in mir sind – dann umso mehr! Es ist ein Kleidungsstück, nicht mehr. Und dass ich am Anfang das Gefühl hatte, man begibt sich in eine Zone des Unbehagens … das ist doch so lächerlich! Und es ist bescheuert, dass das ein Problem sein kann. Es geht dann genau darum für mich: Die Sachen, die man einprogrammiert hat oder die einem einprogrammiert wurden, aufzubrechen.“ Als die Band in einem Pfadfindercamp spielte, sprang das Publikum direkt darauf an. „Manche schrieben uns, dass sie durch unseren Auftritt Mut gewonnen haben. Das können wir also auslösen …“
Wie sich das alles darauf auswirkt, dass sie zum Beispiel in Radiostationen gespielt werden? „Es wird wieder schwerer, wenn man über Queerness redet.“ Doch man braucht die Unterstützung von Radiostationen, damit die Musik, nicht nur in Playlists im Hintergrund nebenbei läuft und man ein aktives Publikum findet und Gigs bekommt. „Wenn du da nicht einpasst, dann kommst du nicht vom Fleck. Aber wenn man nie etwas sagt und sich nie was traut … In der jetzigen Zeit sind wir an einem Punkt, dass man sich wehren muss. Wir müssen das alles aussprechen! Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt zum Aufgeben.“ *Interview: Christian K. L. Fischer www.instagram.com/colorthenightmusic
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