Foto: S. Barucha
Dominic Hauser Queer Festival
Wir gratulieren zu zehn queeren Kultur-, Musik- und Szene-Events im bildschönen Heidelberg! Ab 1. Mai wird der Erfolg einen Monat lang gefeiert. Wir sprachen mit Veranstalter Dominic.
Wie hat es sich seit 2009 entwickelt?
Bevor das erste Queer Festival Deutschlands 2009 an einem Wochenende mit zwei Konzerten, einer Partynacht und einer Lesung begann, hatten das Thema in Heidelberg so nur wenige auf dem Schirm. Inzwischen ist die Festivaldauer auf einen Monat angewachsen, die Besucherzahlen haben sich vervielfacht und wir haben bundesweit viele Nachahmer gefunden. Die Mischung aus Konzerten, Kunst, Performance, Lesungen, Kino und Diskussionsveranstaltungen kommt gut an und wird inzwischen auch weit über die Szene hinaus wahrgenommen.
Unterstützt euch die Stadt?
Was die Unterstützung angeht, gebührt der größte Dank dem Kulturhaus Karlstorbahnhof, das von der Stadt direkt unterstützt wird. Hier findet auch ein Großteil der Veranstaltungen statt. Als Martin Müller und ich vor zehn Jahren mit dem Konzept eines Queer Festivals an den Karlstorbahnhof herantraten, war man sofort bereit, sich mit uns in das Abenteuer zu stürzen. Doch auch die Stadt selbst hat in den letzten Jahren erkannt, wie wichtig das Festival im Kulturbetrieb geworden ist. Zum 10. Geburtstag wird es daher zum ersten Mal einen offiziellen Empfang der Stadt zum Festivalstart geben.
Wie kommt es bei der Bevölkerung an?
Nicht nur, dass die Stadt selbst heute selbstbewusst mit unserem Festival nach außen wirbt, auch für die Bevölkerung gibt es natürlich einen immensen kulturellen wie politischen Mehrwert. Unser Anspruch in Heidelberg war es dabei von Anfang an, uns nicht nur auf eine Gruppe wie Schwule oder Lesben zu konzentrieren, sondern ein Angebot zu schaffen, das der bunten und heterogenen Szene gerecht wird. Sicher auch ein Grund, warum wir so schnell in alle Richtungen gewachsen sind. Eine große Neugier und Interesse vonseiten des Heidelberger Publikums war jedoch von Anfang an gegeben. Wir präsentieren Formen von queerer Kultur und sprechen damit kein rein queeres Publikum an, sondern einfach alle, die sich dafür interessieren. Auch in diesem Punkt sehen wir tatsächlich die Bestätigung unserer Arbeit, und das zeigt sich ganz deutlich an den Besuchern des Festivals. Wir haben alle Altersgruppen und so ziemlich alle Schichten bei uns. Es hat sich entwickelt, wie ich es mir gewünscht habe. Dass ein queeres Festival so funktioniert, ist schon besonders für eine Stadt von der Größe Heidelbergs, und dafür werden wir auch beneidet.
Wer ist im Mai dabei?
Los geht es am 1. Mai mit Kele Okereke. Der ehemalige Sänger der Band Bloc Party ist bereits zum zweiten Mal bei uns und präsentiert ein Album, welches in der Zeit entstand, als er und sein Partner sich darauf vorbereiteten, Väter zu werden. Mit dabei ist am 12. Mai Großbritanniens heißeste Indie-Girlband-Neuentdeckung Girl Ray, die in diesem Jahr mit ihrem Debutalbum „Earl Grey“ für viel Aufsehen sorgte. Den drei gerade einmal volljährigen Musikerinnen folgt das Dark-Electro-Duo Boy Harsher am 19. Mai. Und mit Big Freedia am 21. Mai, besucht uns ein ausgewachsener Star der US-amerikanischen Queer-Szene. Die „Queen of Bounce“ steht an der Spitze der in New Orleans entstandenen Bounce-Rap-Bewegung und ist bekannt für ihre atemberaubenden Liveshows. Ihre Reality-TV-Serie läuft bei Netflix bereits in der sechsten Staffel. Die queer-feministische deutsche Rapperin Sookee steht am 25. Mai im Heidelberger Karlstorbahnhof auf der Bühne. Mit ihrem politischen Deutsch-Rap ist sie mittlerweile längst nicht mehr nur Hitlieferantin für schwul-lesbische Partys oder linke Demonstrationen, sondern hat sich auch in Mainstream-Hip-Hop-Medien deutlich einen Namen gemacht. Neben diesen und weiteren Konzerten haben wir Performances, Theater, Kino, Lesungen, Ausstellungen ... und natürlich auch Partys.
Worauf legt ihr Wert beim Booking der Künstler?
Die Künstler und Künstlerinnen oder Darbietungen sollten sich schon mit queeren Themen und Fragen auseinandersetzen. Und das auf möglichst interessante Weise. Das heißt aber nicht, dass man zwingend queer sein muss. Ich wäre der Letzte, der jemanden nicht bei uns mitwirken lässt, weil er hetero ist. Hier die Schwulen, dort die Heten – das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Eine positive Verbindung zu unserem Festival muss es aber natürlich schon geben, denn auch, wenn unser Festival nach einer Erfolgsgeschichte klingt, befinden wir uns ja doch zurzeit wieder in einer Art konservativen Regression. Dieser werden wir uns stellen müssen. Das Festival bleibt ein Aufruf zur Vielfalt und Akzeptanz alternativer Lebensentwürfe.
*Interview: Michael Rädel