Der CSD Berlin hat seine Hauptforderungen für den 40. CSD in der Bundeshauptstadt veröffentlicht. Diese wurden auf mehreren CSD-Foren durch die Community erarbeitet und füllen das Motto „Mein Körper – meine Identität – mein Leben!“ passgenau mit Leben. Für jede Kernforderung konnten namhafte Szeneprominente verpflichtet werden.
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Foto: Christopher-Schreiber-LSVD
„Wir fordern die Gleichstellung jeglicher Familienentwürfe."
Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg:
„Am 1. Oktober 2017 war die Freude groß, als die ersten gleichgeschlechtlichen Ehen in Deutschland geschlossen werden konnten. Zugleich gab es auch viele enttäuschte Regenbogenfamilien. Denn wird ein Kind in eine Ehe von zwei Frauen geboren, so ist die Co-Mutter nicht von Anfang an auch rechtlich die Mutter. Eine Mutterschaftsanerkennung vergleichbar zur Vaterschaftsanerkennung in heterosexuellen Beziehungen gibt es nach wie vor nicht. Stattdessen ist eine langwierige Stiefkindadoption erforderlich. Eine Modernisierung des Familien- und Abstammungsrechts ist dringend notwendig, um die rechtliche Anerkennung und Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien zu gewährleisten und die staatliche Diskriminierung von lesbischen Müttern zu beenden.“
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Foto: Anna Finke
„Chef_in, steigern Sie das Bewusstsein für Vielfalt am Arbeitsplatz und fördern Sie Ihre LSBTTIQ* Talente.“
Stuart B. Cameron, setzt sich seit zehn Jahren mit verschiedenen Projekten für LSBTTIQ* in der Arbeitswelt ein. Eines davon ist die Karrieremesse STICKS & STONES, Europas größte LGBT+ Job- und Karrieremesse:
„Unternehmen schmücken sich gern mit Vielfalt und dem Bekenntnis einer offenen Unternehmenskultur. In der gelebten Realität bleibt von der vielfältigen Unternehmenskultur noch zu oft nur der Homowitz am Schreibtisch übrig, der gern mit „War doch nur ein Witz“ abgetan wird. Wer seine LGBT+ Mitarbeiter*innen stärken will, darf die homophoben Strukturen in seiner Belegschaft nicht weiter überhören, arbeitet mit ihnen. Eine offene Unternehmens-DNA ist ein ausschlaggebender Punkt für zufriedene Mitarbeiter und bedeutet Erfolg für das gesamte Unternehmen.“
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„Wir fordern die Umsetzung der normkritischen Gender-, Körper- und Sexualpädagogik an allen Bildungseinrichtungen!“
Dr. Birgit Bosold und Heiner Schulze, Vorstände Schwules Museum Berlin:
„Seit über 30 Jahren queert das Schwule Museum (SMU) die Museumswelt – als Pionier_in in Sachen Normkritik in Kultur und Geschichte unterstützen wir die Forderung des CSD, dass Bildungseinrichtungen ihre Angebote in Bezug auf Gender und Sexualität reflektieren und modernisieren müssen. Mit Bildungseinrichtungen sind ausdrücklich auch Museen mit ihren Sammlungen, Ausstellungen und ihrer Vermittlungsarbeit gemeint, die viel zu oft (nach wie vor) queere Geschichte_n unsichtbar machen. Das muss sich ändern. Queere Menschen haben ein Recht darauf, dass ihr Erbe selbstverständlich repräsentiert wird und damit Vorbilder und Rollenmodelle überall, auch im Alltag, präsent sind: im Kindergarten, in der Schule, in den Medien und in großen oder kleinen Museen. Ohne Gleichberechtigung in Kultur, Erinnerungspolitik und Bildung bleibt die rechtliche Emanzipation gesamtgesellschaftlich ein uneingelöstes Versprechen.“
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Foto: Alexander-Meron
„Für ein queeres Kulturzentrum – das Elberskirchen-Hirschfeld-Haus als Leuchtturm für Berlin.“
Bernd Gaiser, Mitorganisator des 1. Berliner CSD 1979 und Mitbegründer und Mieterspreche des Projekts „Lebensort Vielfalt“:
„Das Elberskirchen-Hirschfeld-Haus ist als Initiative des Projekts Queer Nations als queerer Leuchtturm und Kulturzentrum im Herzen Berlins geplant. Also mitten unter uns. Und zwar erstmals als gemeinschaftliche Initiative von Lesben und Schwulen. In der Absicht, alle LSBTIQ*-Gruppen mit einzubeziehen und niemanden auszuschliessen. Was das Projekt von allen vorangegangenen unterscheidet, als jeweils schwul oder lesbisch motivierter Gründung. Das bedeutet, dass es eine neue Qualität geben wird, im Rahmen der gleichberechtigten Zusammenarbeit und Teilnahme aller in der queeren Community vertretenen Gruppen. Ziel ist es andere Einrichtungen unter diesem Dach zu versammeln. Es handelt sich dabei um ein vom Berliner Senat unterstütztes Projekt, das noch in dieser Legislaturperiode verwirklicht werden soll. Was nur mit entschiedener und kräftiger Unterstützung der Community möglich sein wird. Weshalb wir alle dazu aufgerufen sind, mit dazu beizutragen. Alle auf unsere jeweilige Weise und unserem jeweiligen Vermögen, also wozu wir uns in der Lage fühlen.“
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Foto: Liudmila Jeremies
„Wir fordern, dass der Senat von Berlin seine Städtepartnerschaften dazu nutzt, öffentlich wahrnehmbar für die LSBTTIQ*-Rechte in anderen Ländern Position zu beziehen.“
İpek İpekcioğlu, Producer, DJ, Curator, Cultural Manager:
„Es ist Zeit, dass Berlin in Partnerstädten wie Istanbul, Peking, Warschau und Moskau Farbe bekennt. Eine der weltoffensten Metropolen der Welt muss mehr tun, wenn LSBTTIQ*-Veranstaltungen unter dem Deckmantel der Sicherheit für die Teilnehmer abgesagt werden. Beispielsweise hiesige Vereine zu unterstützen, die Aufklärungsarbeit in den Partnerstädten leisten.“
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Foto: Naomi Noa Donath
„Wir fordern die Abschaffung des Transsexuellengesetzes und stattdessen die freie Vornamens- und Personenstandswahl für ALLE!“
„Wir fordern einen fairen Journalismus zum Thema trans*: Schluss mit Desinteresse, Ignoranz und Rufmord.“
Henry Böttcher, Kameramann „LOUD PRIDE, QUIET RIOT? 40 Berliner*innen zum 40. Berliner CSD“:
„Ich musste zwei Gutachter*innen und ein Gericht davon überzeugen, dass ich wirklich ein Mann bin, um einen männlichen Vornamen und Personenstand zu bekommen. Diese Fremdbestimmung ist entwürdigend - und betrifft genauso cis* Personen, die ihren Vornamen ändern wollen. Ich möchte, dass jeder Mensch, egal ob trans* oder cis*, den eigenen Vornamen und das eigene juristische Geschlecht frei wählen darf. Diese Selbstbestimmung muss auch gelten, wenn sich Menschen einen geschlechtsneutralen Vornamen, einen androgynen Vornamen, einen nicht-binären Personenstand oder gar keinen Geschlechtseintrag wünschen."
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Foto: Hans Korfmann
Mahide Lein
„Wir fordern einen aktiven kultur- und geschlechtssensiblen Umgang mit unterschiedlichen Lebensweisen älterer Menschen.“
Mahide Lein, Kulturvermittlerin:
„Von jung bis alt, drei Generationen vernetzen und erfreuen sich miteinander im sexpositiven multikulturellen Kulturaustausch. In den revolutionären 68igern und der darauffolgenden starken Frauen-, Lesben-, Schwulenbewegung bis in die 90iger gab es kein Internet, deshalb ist es wichtig, die Anfänge und Erfahrungen der Zeitzeug*innen für nachfolgende Generationen festzuhalten. Ich finde es total spannend, von unserer Geschichte zu erzählen und daraus das Beste mit allen Generationen heutzutage zu machen. ‘Sex im Alter’ ist mein Slogan beim CSD 2018.”
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Foto: Querverlag
„Mehr lesbische Sichtbarkeit: Wir fordern eine gleichberechtigte und vielfältige Repräsentation von Lesben in den Medien!“
Stephanie Kuhnen, Autorin „Lesben raus! – Für mehr lesbische Sichtbarkeit“:
„Das politische Problemfeld der lesbischen Sichtbarkeit und gesellschaftlichen Teilhabe ist in über 100 Jahren homosexueller Emanzipationsbewegung immer noch ungelöst und tief verwurzelt in der Mehrfachdiskriminierung von Lesben als Frauen und als Homosexuelle."
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„Wir fordern eine strafrechtliche Verfolgung fremdbestimmter, geschlechtsverändernder und medizinisch nicht notwendiger OPs an intergeschlechtlichen Kindern, Minderjährigen und Erwachsenen.“
Intersexuelle Menschen e.V., Bundesverband:
„Solche geschlechtsverändernden und geschlechtsvereindeutigenden OPs sind irreversibel und sollen einen Menschen in ein binäres Geschlechtersystem einfügen. Mit der Einführung einer dritten Geschlechtskategorie in diesem Jahr ist dieses auch öffentlich nicht mehr notwendig. Allein ein weiterer Personenstand reicht dafür nicht aus, da zu viele Kinder fälschlicherweise als Mädchen und Jungen eingetragen und damit als vermeintlich operationswürdig definiert werden. Daher müssen diese Operationen unter Strafe gestellt werden.“
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Foto: Privat
„Stoppt jede Form der Ausgrenzung, Stigmatisierung und Diskriminierung aufgrund von Krankheit, Serostatus und Behinderung – in der Gesellschaft wie auch in unseren Communitys.“
Ute Hiller, Geschäftsführerin der Berliner Aids-Hilfe e.V.:
„Wir erleben nahezu täglich, dass Menschen mit chronischen Erkrankungen wie HIV, Hepatitis oder auch mit Behinderungen diskriminiert und stigmatisiert werden. Grund hierfür sind mangelnde Aufklärung und Vorurteile. Daher fordern wir von der Gesellschaft aber auch von jedem Menschen, sich konsequent für eine freie, offene Gesellschaft einzusetzen - in der Ausgrenzung, Stigmatisierung und Diskriminierung keinen Platz haben!“