Fotos: M. Rädel
Der Chantal-Film ist eine interessante Zeitreise in wilde Zeiten des Umbruchs und der queeren Selbstverwirklichung in scheinbar seligere Zeiten. Am 17. Oktober wird er erneut im Kino gezeigt, im MOVIEMENTO am Kottbusser Damm 22 ab 21:45 Uhr.
Der Kinofilm „House of Shame – Chantal All Night Long“ feierte 2011 auf der 61. Berlinale seine glamouröse Premiere. Dort wurde das einfühlsame und auch mitunter deftige und lustige Porträt der Berliner Klublegende Chantal von Stars wie Zazie de Paris und Gloria Viagra gebührend gefeiert. Chantal selbst und ihr Geschäftspartner Thomas Götz von Aust zeigten sich gerührt.
Danach ging der Kinofilm über die legendäre Berliner Party auf Reisen und wurde auch in Tel Aviv beim „TLVFest“ gezeigt. Jetzt ist er wieder in Berlin zu sehen! Wunderbar. Etwas Geschichte: Das Nachtleben Berlins musste sich nie verstecken, schon gar nicht ab den 1970ern, als die geteilte Stadt mit ihren Klubs, Bars und allseits präsenten Szenestars, etwa Romy Haag, zu DER Metropole der queeren Community wurde. Das bunte Westberlin wurde szeneübergreifend wegweisend und einflussreich, hier konnte Mann sich in jeder Hinsicht frei entfalten. Und internationale Stars wie David Bowie, Grace Jones und Amanda Lear machten noch fröhlich mit! Anfang der 1990er potenzierte sich dann alles rasant. In Ostberlin lockten hunderte leer stehender Häuser, die Szene war plötzlich doppelt so groß, und aus ganz Deutschland, ganz Europa, kamen die Kerle und Diven in die pulsierende Techno-Metropole, um vor allem im ehemaligen Osten der Stadt ihre Träume zu verwirklichen. Eine davon war Chantal. Zwar schon seit Jahren, seit 1980, in der Szene unterwegs, beliebt und bekannt, aber bisher noch ohne eigenes Projekt. Und das in der Stadt der Selbstverwirklichung! Chantal (einst aus dem schönen Heidelberg nach Berlin gekommen) entschloss sich, etwas Eigenes zu starten: Das „House of Shame“ war geboren: eine wöchentliche Donnerstags-Party mit Showblock, mit satten Housebeats, ohne Einschränkungen, ohne Sperrstunde. Der Ort war dann nach wochenlangem kritischem Suchen zwischen Alexanderplatz und Hackeschem Markt, im heutigen Hippviertel Mitte, gefunden: das „Goldmine“. Die Disco mit ihrem 1960er-Design, den zwei Ebenen im Bar- und Loungebereich und den unterirdischen Klubräumen überzeugte Chantal. Die Party schlug ein wie eine Bombe. Eine spannende Mischung unterschiedlicher Kerle stand gerne an, um mit Chantal zu feiern. Viele Karrieren begannen hier: Unter anderem Polla Disaster machte erst die Garderobe, bestritt dann diverse Shows, wurde ein Star – und ging dann überraschend zurück nach Polen ... Star-Dragqueen Nina Queer trat hier auch auf! Ihre Rangelei mit Biggy van Blond auf Chantals Bühne im Goldmine ist mittlerweile legendär ... Chantal, die übrigens in den ersten Jahren noch hinter der Bar stand, trat und tritt nur äußerst selten auf – außer als Moderatorin und mit ihrem Klubhit „House of Shame“, dem Intro bei jeder Show. Der Film zeigt dir noch mehr, ein klasse Retro-Vergnügen, das Lust macht, danach bei der Party zu feiern.
Immer donnerstags: „Chantals House of Shame“, Lokschuppen, RAW-Gelände, Revaler Str. 99, S+U Warschauer Straße, 23 Uhr
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