Foto: Thomas Berberich
MalteAnders
Schmissiger Titel für das neue Programm von Timo Schweitzer alias Comedy-Entertainer und Queer-Beauftragter Malte Anders. Dabei soll es diesmal gar nicht so explizit um queere Themen gehen. Wie jetzt genau? Im Interview erklärt Timo Schweitzer alles!
„Generation Arschgeweih“ ist dein erstes Programm, in dem es nicht explizit um queere Themen geht; hattest du Angst, sonst in eine Schublade gepackt zu werden?
Nach 10 Jahren mit Titeln wie „Gay For One Day“, „Homologie“ und „Rent A Gay“ wollte ich mal eine Show auf die Bühne bringen, in der das „Schwulsein“ nicht im Vordergrund steht. Und dennoch trägt auch das neue Programm ganz viel Queeres in sich. Denn manchmal frage ich mich ernsthaft: gab es jemals ein Jahrzehnt das schwuler war als die 90s? Jeder hat natürlich die Freiheit, mich in eine Schublade zu stecken, aber mein Schubladenschrank steht weit offen! Und mein Leben besteht ja auch nicht nur aus meiner Sexualität, warum sollen es meine Bühnenshows tun?
Die 90er waren in der Tat ein starkes Jahrzehnt für Lesben und Schwule: „Proud To Be Gay“ hieß das neue Motto und man kam zum ersten Mal aus der Opferrolle raus. Wie hast du die 90er erlebt?
Ich bin generell kein Typ für Sätze wie „Früher war alles besser“ – aber irgendwie habe ich die 90er als unfassbar frei, bunt und innovativ in Erinnerung. Sicher war auch damals nicht alles Gold was glänzte, manchmal waren es auch nur die Polyesterhosen der Schranzer auf der Loveparade. Aber genau dieses Lebensgefühl möchte ich mit meiner Show zurückholen. Und natürlich auch ein paar kritischen Fragen nachgehen: Wann haben wir diesen Optimismus verloren? Warum gibt es 30 Jahre später immer noch so etwas Unsinniges wie Homophobie? Und warum wählt gerade meine Generation weltweit Rechtspopulisten in die Regierungen? Und so wird es, neben viel Glitzer, Eurotrash und Kindheitserinnerungen, auch nachdenkliche Momente in der Show geben.
Was ist also „Generation Arschgeweih“?
„Generation Arschgeweih“ ist eine Hommage an die fragwürdigen Jahre aus Irrsinn, Impfungen, Sex, Plastik und DJ Bobo. Eine kabarettistische Bestandsaufnahme der Generation, die unsere Welt schon bald verändern könnte, wenn sich das Modem nur endlich einwählen würde! Es ist eine Zeitreise in die abstrusen Erfindungen, Geschichten und Erinnerungen der späten 80er und 90er Jahre und der Versuch herauszufinden, zu was wir Millennials eigentlich im Stande sind! Es wird definitiv mehr sein als ein rührseliger Abend auf das Vergangene, sondern vielmehr ein Blick auf morgen mit dem Wissen von gestern!
Muss man Angst haben, wenn die Generation Y jetzt die Weltherrschaft übernimmt?
Ich bin da nach wie vor ein gnadenloser Optimist und glaube an das Gute im Menschen! Eine Generation, die Diddl-Maus-Papier gesammelt und Tamagotchis großgezogen hat, die mit Karl Klammer die ersten Schritte als Digital Natives gegangen sind und Lieder wie „Ja-ja-ja-Coco-Jambo-Ja-ja-yeah“ gut fand, wird die Welt nicht an den Abgrund führen! Aber ich wünsche mir wieder mehr Optimismus, den Blick nach vorn und die Freude daran, Lösungen für unsere oft krisengeplagte Zeit zu finden. Ich würde mir wünschen, dass wir wieder mehr Ahnung zu unserer „Meinung“ bekommen, die wir durch Hassnachrichten ständig in den Kommentarspalten auf Social Media verbreiten! Mir fehlt heute manchmal die Begeisterung meiner Generation an Allem was „Neu“ ist. Und am Trash.
Zu welcher Generation würdest du dich eigentlich zählen?
Ich bin Mitte der 80er geboren und damit fester Teil der Generation Y. Ich bin sozusagen Zeitzeuge dieses abgefahrenen Jahrzehnts und irgendwie emotional auch in meiner Knopfhose steckengeblieben. Uns Millennials wird ja oft vorgeworfen, dass wir als Generation versagen und eigentlich für gar nichts stehen. Und auch das hat mich zur Show inspiriert. Ich denke, wir müssen langsam aus unserer Hubba-Bubba-Bubble herauskommen und uns den Herausforderungen der Zeit stellen: Wo eben noch Helmuts, Gerhards und Angelas die Führung übernahmen, stehen bald Sebastians und Nadines! Die SPD hat bereits ihren ersten „Kevin“ im Rennen… was auch immer das für die Zukunft bedeutet! Ich freu mich jedenfalls drauf! Und bin bereit für die Weltherrschaft!
„Generation Arschgeweih“, Premiere am 4.10., Gallus Theater, Kleyerstr. 15, Frankfurt, 20 Uhr, weitere Vorstellung am 5.10., www.gallustheater.de, www.malte-anders.de