Foto: Hans Keller
Mit einem Koffer voller Outfits und zwei selbstgebackenen Kuchen fürs Team erschien Mike Mitte Oktober im Frankfurter Onlight-Studio von Fotograf Hans Keller – Zeit für das GAB-Covermodel-Shooting 2021!
Für den Mittdreißiger war es das erste professionelle Fotoshooting. Mit seiner zehnjährigen Erfahrung in Jazz- und Modern Dance brachte er allerdings eine gute Portion gesundes Körpergefühl mit, um nach einer kurzen Aufwärmphase zu Hochform aufzulaufen ganz entspannt vor der Kamera zu agieren. Zusammen mit dem geschulten Auge von Fotograf Hans Keller und seinem Team ist eine Reihe toller Fotos voll selbstbewusster Attitüde entstanden.
Fotos: Hans Keller
Model: Mike
Make-Up Artist/Styling: Wango - Delicate Faces
AD/Styling: Björn Berndt
Assistant: Melissa Messerschmidt
Location: Onlight Studio Frankfurt
„Wir sollten aufhören zu verallgemeinern“
GAB-Covermodel Mike ist gebürtiger Schwabe, kam 2012 ins Rhein-Main-Gebiet („damals wegen der Liebe“) und lebt heute in Wiesbaden. Im Interview erklärt er unter anderem, wieso er mit seiner Bewerbung beim GAB-Covermodel-Contest ein Zeichen für mehr Akzeptanz und Vielfalt in der Gesellschaft setzen möchte.
Wie hast du dein erstes professionelles Shooting erlebt?
Mir hat das erste professionelle Shooting wahnsinnig viel Freude bereitet. Klar, ein wenig Aufregung beim ersten Fotoshooting ist vollkommen normal und gehört dazu. Aber die Aufregung wurde mir schnell genommen, da ich mich mit der gesamten Besetzung der Crew einfach super wohl fühlte. Als Kind hatte ich schon immer vorgehabt zu modeln. Ich kann mir auch vorstellen, nebenbei weiterhin zu modeln wenn es sich ergibt, da es mir einfach sehr viel Spaß gemacht hat.
Hast du dich auf das Shooting vorbereitet?
Ich habe mir Gedanken gemacht was ich für das Shooting an Dresses, Accessoires und so weiter mitnehme, da es ja alles neu für mich war und ich nicht wusste, was mich erwartet. Ansonsten habe ich mich nicht wirklich vorbereitet. Ich war einfach ich und habe mich überraschen lassen.
Du hast eine tänzerische Ausbildung – erzähle davon!
Seit meinem sechsten Lebensjahr habe ich leidenschaftlich Jazz- und Modern Dance getanzt, und das genau 10 Jahre lang. Leider musste ich aus zeitlichen Gründen damit aufhören und konnte es nicht mehr weiterverfolgen.
Du wolltest mit deiner Bewerbung zum GAB-Covermodel ein Zeichen für mehr Akzeptanz und Vielfalt in der Gesellschaft setzen. Hast du selbst Erfahrungen mit Diskriminierung gehabt?
Ja, außerhalb und innerhalb der LGBTQ*-Community. Ich möchte diese Plattform nicht nutzen, um über meine persönliche Diskriminierungserfahrung zu berichten, oder zu jammern, wie schlimm es mir persönlich ging, sondern es geht mir um die generelle Diskriminierungserfahrung, die man in der Gesellschaft erfährt und die sich die Gesellschaft selbst auferlegt. Zum Beispiel dass man mit einem bestimmten Aussehen oft einer bestimmten Schublade zugeordnet wird. Man erlebt Rassismus oft automatisch aufgrund der Hautfarbe.
Wenn ich aber doch persönlich von mir spreche, begleitet mich das seit Beginn meiner Kindergarten- oder Schulzeit. Ich habe recht früh mitbekommen, dass ich irgendwie anders als die anderen wahrgenommen werde und dass man irgendwie auch einfach anders ist; zumindest habe ich das so empfunden.
Angefangen in der Schule, wenn man im Sportunterricht das Spiel „Wer hat Angst vom schwarzen Mann” gespielt hat, und wenn ich dann dran war, war es für mich damals schon sehr unangenehm. In der Schule hast du Ausdrücke zu hören bekommen wie das „N”-Wort; „du Arab“, „du siehst aus wie ein Affe“ und so weiter. Da waren die Kinder schon sehr gemein, und das hat mit einem natürlich viel gemacht und war einfach sehr verletzend.
Mit 18,19 Jahren habe ich meine Haare chemisch geglättet um damit besser in das „ideale europäische Bild“ zu passen; es wurde einem ja oft vermittelt, dass krauses Haar nicht schön ist. In dem Alter begann auch mein Outing und meine ersten Erfahrungen in der Szene. Schwarz und schwul – das war auch nicht einfach. Wenn man in diversen Plattformen zu lesen bekommt „Keine Blacks; keine Schwarzen, mit dir möchte ich nichts zu tun haben“, da hatte ich mich schon gefragt „ja hallo, geht’s noch?“ Da baut man mit den Jahren einen Schutz auf, einfach um nicht verletzt zu werden.
Rassismus findet sich in allen Strukturen und Ebenen der Gesellschaft.
Ansonsten gibt es oft dieses Alltägliche, dass man sich einfach erklären und irgendwie verteidigen muss. Sei es schon bei der Frage „Woher kommst du?“ – „Aus Deutschland!“ – „Ja nee, wirklich? Warum sprichst du so gut deutsch?“ und so weiter. Natürlich sind nicht alle Rassisten. Wir sollten aufhören zu verallgemeinern, weil Verallgemeinerungen Klischees fördern, und Klischees bilden Blockaden in unseren Köpfen.
Wie reagierst du auf Rassismus?
Eigentlich müsste ich mich aufregen. Mittlerweile stehe ich da drüber und rege mich nicht mehr so auf, weil es einfach sonst nur unnötige Energie kostet. Ich habe zu viel erfahren und erlebt in meinem Leben. Wir sind alle Menschen und kein Mensch ist perfekt. Was bringt es, sich unnötig über fehlende Perfektion aufzuregen?
Ich bin jetzt Mitte 30 und weiß heute wer ich bin und akzeptiere mich so wie ich bin! Ich schäme mich nicht für meine Hautfarbe, sondern trage sie mit Stolz.
Deine Botschaft an die Community?
Wenn alle Menschen Dinge immer auf dieselbe Weise sehen und beurteilen, geht einem die andere Seite verloren. Stell dir mal vor, du schaust dir einen bemalten Stein an. Immer nur von einer Seite. Dann siehst du nicht die andere Seite, die vielleicht auch schön bemalt ist. Da wäre die Erfahrung doch nur halb erfahren. Etwas komplett zu erfahren heißt, sich auf alle Sichtweisen einzulassen. Das erreichen wir durch mehr Akzeptanz und das Hineinversetzen in die Sichtweise anderer Menschen.