
Foto: Toma Dachs
„Hope Hunt And The Ascension Of Lazarus“ von Oona Doherty; die irische Choreografin ist Spotlight-Artist des Festivals
„Mind The Gap“ – der Sicherheitshinweis aus der Londoner U-Bahn steht als Motto über dem diesjährigen Tanzfestival Rhein-Main.
„Mind The Gap“ warnt vor der Lücke zwischen Zug und Bahnsteig, die zur Stolperfalle werden kann. Die Ansage soll vordergründig Verletzungen vorbeugen, in zweiter Linie aber auch gewährleisten, die Bewegung am Bahnsteig im Fluss zu halten.
Das Tanzfestival-Team deutet „Mind The Gap“ für das Festival anders: Die Lücke als Potenzial zum Innehalten, zum ungeplanten Stopp des gleichwährenden Flusses, der zum Umdenken anhält: (Tanz-)Theater als ein utopischer Ort, als Experimentierfeld, um gesellschaftliche Lücken überwinden zu können.

Foto: António Lopes
Erster Überraschungsgast des Festivals ist der portugiesische Choreograf Rui Horta, der in den 1990ern die S.O.A.P. Dance Company, das Tanzensemble des damaligen Mousonturm, leitete und Frankfurts Tanzszene damit nachhaltig beeinflusst hat. „Core“ heißt sein Stück, das er mit 50 nichtprofessionellen Tänzer*innen einstudiert hat. „Core“ zeigt singend, tanzend und rezitierend, wie wir unser tägliches Zusammenleben gestalten können, ohne dabei unsere Identitäten zu verlieren.
„Der Kern, ‚The Core‘, des zeitgenössischen Tanzes ist der demokratische Umgang mit dem Körper“, erklärt Horta. „Tanzen ist Körperarbeit, nicht bloß eine Abfolge von Schritten“.
„Core“ eröffnet das Festival am 2. November im Frankfurt LAB.
Spotlight-Artist des Festivals ist die eigenwillige irische Choreografin Oona Doherty. Ihre Arbeiten reflektieren immer wieder das Leben in ihrer Heimatstadt Belfast und behandeln dabei auch Themen wie Klassenzugehörigkeit und Geschlechterrollen, Männlichkeitsbilder und vielfältige Formen des Widerstands gegen festgefahrene Zustände.
„Man sagt immer, es gehe in meinen Stücken um Belfast“, sagt Doherty. „Aber es geht um die allgemeine Situation in unseren Städten, also geht es uns alle etwas an“.
Drei Stücke von Oona Doherty sind im Rahmen des Tanzfestivals in Wiesbaden, Darmstadt und Offenbach zu sehen.
Unser Tipp:
Foto: Sara Herrlander Photography
„Home“ von Sebastian Abarbanell
Der Künstler und Choreograf Sebastian Abarbanell thematisiert in „Home“ die Entwicklung eines queeren Selbstverständnisses. Was passiert, wenn man sich von den gewohnten Schablonen und Bildern löst und sich stattdessen unabhängig und eigenständig definiert? Der Körper kommuniziert dabei mit der Außenwelt und ist zugleich Heimat und Zufluchtsort des Ich. Zu sehen am 8. November im Staatstheater Wiesbaden.
Insgesamt zeigt das Tanzfestival 19 Produktionen und wird begleitet von einem vielfältigen Rahmenprogramm mit Workshops, Partys, Tanztee-Veranstaltungen mit Live-Orchesterbegleitung sowie verschiedenen Künstler*innengesprächen. Das Tanzfestival Rhein-Main findet statt im Mousonturm Frankfurt, im LAB Frankfurt und im Bockenheimer Depot, im Staatstheater Darmstadt, Staatstheater Wiesbaden und in der Alten Schlosserei in Offenbach.
2. – 8.11., Tanzfestival Rhein-Main, alle Infos über www.tanzfestivalrheinmain.de