Die gute Nachricht zuerst: Ab diesem Monat werden die Tage wieder länger. Die schlechte ist, dass ausgerechnet der Sonntag in diesem Monat der kürzeste Tag des Jahres und der größte Teil des Dezembers darüber hinaus ziemlich dunkel sein wird.
Alleinsein fällt da noch schwerer als ohnehin schon.
Neben allen rechtlichen, gesundheitlichen und gesellschaftlichen Widerständen, denen sich LGBT*IQ gegenüber sehen, ist Einsamkeit unter ihnen eine besonders verbreitete soziale Herausforderung.
Community bedeutet zwar Gemeinschaft, nichtsdestotrotz sind viele ihrer Mitglieder sehr alleine. Die Ursachen sind mannigfaltig, sie aufzuzählen hilft nicht weiter, denn an den meisten kann man nichts ändern und mit Absicht in eine Winterdepression stürzen, wollen wir uns ja nun auch nicht.
Viel sinnvoller ist es, anzuführen, was hilft. Die bloße Investition in eine Tageslichtlampe und Alkohol tut es nicht. Das sehen wir an den Skandinaviern, deren Heimat bis über den Nordpolarkreis hinausreicht, wo es besonders lange dunkler Winter ist.
Wo Geselligkeit fehlt, muss man sie suchen. Glücklicherweise ist die LGBT*IQ-Szene diesbezüglich eine ergiebige Fundgrube.
Beinahe jeden Tag bietet sie Kultur- und Unterhaltungsveranstaltungen von unterschiedlicher Tiefsinnigkeit.
Wer sich regelmäßig mit dieser soziokulturellen Lichtdusche abbraust, für die*den beginnt in diesem Jahr schon im Dezember der Frühling.
„Weiterlesen…“
Gerade noch ein Zeile Text lässt Instagram zur Bilderläuterung Platz. Twitter gestattet ohnehin nur 280 Zeichen und Facebook erlaubt auch nur wenige Zeilen zur Beschreibung eines Bildes oder eines geteilten Inhaltes. Weil diese Medien, ob wir wollen oder nicht, nun mal großen Einfluss auf unseren Informationskonsum haben, passen wir uns unwillkürlich an. Unsere Aufmerksamkeitsspanne hat sich dadurch deutlich verkürzt.
Entweder wir können den Inhalt in den angezeigten ersten Sätzen erfassen oder wir wischen weiter. Die Mühsal auf „Weiterlesen…“ zu tippen, nehmen wir nur bei brennendstem Interesse auf uns.
Insofern muss hier ein Dankeschön erfolgen, denn nur wer diese Anstrengung auf sich genommen hat, kann nun diese Zeilen ins Auge fassen.

Foto: flickr Nutzer Theo Crazzolara/CC BY 2.0
Buch
Ein Universum queerer Belletristik - Foto: Flickr User Theo Crazzolara Lizenz Creative Commons CC BY 2.0
Unabhängig von diesem Text ist es grundsätzlich wichtig, immer wieder auch weiter zu lesen und sich nicht bloß mit Zuspitzungen und auf wenige Zeilen herunter gebrochenen Kurzfassungen zufrieden zu geben.
Nur Banales lässt sich in drei Sätzen sagen. Zusammenhänge, Abwägungen und Zwischentöne, die zur Beschreibung unseres komplexen gesellschaftlichen Lebensalltages notwendig sind, fordern dagegen mehr Raum und somit auch mehr Muße der Leser*innen.
Ein gutes Buch
Mit der Leseausdauer ist es dabei wie mit der sportlichen Kondition. Wird sie nicht regelmäßig herausgefordert und trainiert, verkümmert sie schnell. Mehr als ein kurzer Trab über eine geringe Distanz ist dann nicht mehr drin. Darüber hinaus kommt man außer Atem und empfindet Lesen wie Laufen als Strapaze.
Graues Herbstwetter und Nieselregen ist zugegebenermaßen wenig einladend, einen Spaziergang, geschweige denn einen Dauerlauf, in Angriff zu nehmen. Kommt Frost dazu raten Mediziner*innen um der Unversehrtheit der Bronchien und Schleimhäute willen sogar von ausgedehnter Sportbetätigung im Kalten ab.
Diese Empfehlung lässt so Raum und Zeit um sich der Lese-Ertüchtigung zu widmen. Auf keinen Fall sollte man sich hier selbst verschrecken, indem man als erstes gleich wieder einen zähen Hürdenlauf durch einen Literatur-Klassiker wagt.
Ein leichtes Jogging durch einen kurzweiligen und liebevoll gefassten Roman aus dem Universum der queeren Belletristik erleichtert den Einstieg ins neuerliche Lesen bedeutend.
Denn ohnehin wird zum Jahreswechsel wie jedes Jahr der wild entschlossene Vorsatz gefasst werden, den eigenen Körper ab sofort und ohne Verzögerung knallhart-konsequent zur Strand-Figur zu trimmen.
Vor diesem Hintergrund ist es nur zuträglich, wenn im Vorfeld auch der eigene Geist durchs Lesen schon entsprechend ästhetisch geformt wurde.