Foto: Sven Fleischmann
JoVanNelsen
„Blick zurück durchs Schlüsselloch“ lautet der Titel des neuesten Programms von Entertainer und Kabaretthistoriker Jo van Nelsen und es widmet sich den „frivolen Chansons“ des frühen 20. Jahrhunderts. Bekannteste deutsche Interpretin in diesem Bereich war in den 1950ern und 1960ern vor allem Helen Vita. „Als ich sie zum ersten Mal gesehen hatte, Mitte der 80er Jahre, das war einfach eine Initialzündung für mich“, erinnert sich Jo van Nelsen. Mit den frivolen Chansons wurde Helen Vita aber auch in eine Schublade gesteckt: „Sie hat ihre Programme dann immer eröffnet mit: ‚Also, ich singe Ihnen heute ein bisschen Tucholsky und ein bisschen Brecht, aber die Lieder, wegen denen sie gekommen sind, die singe ich auch‘, weiß van Nelsen. „Und das mache ich zum Prinzip für meinen Abend“.
Foto: Bernd Schmidt
JoVanNelsen-nackt
Eine Hommage an Helen Vita hat van Nelsen gemacht, aber auch an die vielen anderer Interpret*innen „anrüchiger“ Songtexte auf deutschen Kabarettbühnen – Schlagertexte der 1920er und 30er Jahre im Kontrast zur Bigotterie der 40er und 50er. „Und mit Brecht und Kästner sind auch zwei Literaten vertreten, mit denen Helen Vita zusammenarbeitete“, heißt es in der Ankündigung. Seit jeher sei die Kabarettbühne der Ort für Satire und Ironie, für Tabubruch und Diskurs gewesen, betont van Nelsen.
Das Programm ist damit auch eine Reise durch die Geschichte der Zensur auf deutschem Bühnen. Allein 27-mal wurden Helen-Vita-Platten von der deutschen Staatsanwaltschaft verboten. Die sexuelle Revolution der 1960er konnten die Verbote allerdings auch nicht aufhalten. „Blick zurück durchs Schlüsselloch“ ist ein rundum vergnüglicher Abend mit witzigen Texten, spritziger Musik und ganz ohne Feigenblatt – gegen den neuen Puritianismus und für die Lust auf Vielfalt: „Trigger-Buzzer inklusive“, verspricht van Nelsen. Mit dabei ist natürlich der Pianist Bernd Schmidt.
29.12., Die Käs, Waldschmidstr. 19, Frankfurt, 18 Uhr, www.jovannelsen.de