
Rainbowflash Hamburg
Save the date: Der LSVD+ Hamburg organisiert jedes Jahr zum 17. Mai anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) den Rainbowflash. 2025 soll er wieder auf dem Rathausmarkt stattfinden.
➡️ stay tuned!
Eine bewegte Geschichte
Gegründet in einer Zeit, in der Homosexualität noch stark stigmatisiert war, hat der LSVD Hamburg viel erreicht. Von der Hamburger Ehe, zur Durchsetzung der Ehe für alle bis hin zur Verankerung von LGBTIQ-Rechten in der Hamburger Landesverfassung hat der Verein maßgeblich dazu beigetragen, die queere Community in Hamburg sichtbarer zu machen und ihre Rechte zu stärken. Doch auch heute gibt es noch viel zu tun. Der neue Name des Vereins, „LSVD+ Verband Queere Vielfalt e.V.“, spiegelt die zunehmende Diversität der queeren Community wider und soll auch Menschen ansprechen, die sich nicht als lesbisch oder schwul identifizieren.
Feier im MHC
Ihr feiert das ja groß, oder?
Wolfgang: Na ja, groß oder mittel.
Barbara: Nein, mittel. (Lacht)
Aber was genau ist geplant? Worauf können sich die Leser*innen und Leser freuen?
Wolfgang: Wir versenden nächste Woche die Einladung an unsere Mitglieder, an die Community sowie Unterstützer*innen und werden die Informationen auch auf den sozialen Medien veröffentlichen. Gefeiert wird im Magnus-Hirschfeld-Zentrum (mhc).
Barbara: So, wie wir auch schon unser 25-jähriges Jubiläum gefeiert haben, mit einem kleinen Empfang. Es gibt etwas zu trinken und zu essen. Wir lassen die Zeit ein bisschen Revue passieren und wir haben eine Videobotschaft aus Estland von unseren Partner*innen erhalten – früher St. Petersburg, heute Tallinn.

Foto: Ivan Samkov / Pexels
Samstag, 15. März 2025: 16 – ca. 20 Uhr, Magnus-Hirschfeld-Centrum (mhc), Borgweg 8, Hamburg. Die Anmeldefrist ist abgelaufen!
Darauf wollte ich noch später kommen.
Barbara: Ja. Das ist doch schon mal schön und natürlich auch gleich wieder das Schöne mit dem Nützlichen verbinden, wie man es von uns kennt. Das Problem ist ja, dass das mhc kein Café mehr hat. Das haben sie aufgrund der hohen Kosten eingestellt und dementsprechend müssen wir noch mal besprechen, was wir alles selbst machen müssen.
Wolfgang: Das mhc beziehungsweise der Vorstand dort stellt uns noch ein, zwei Helfer*innen zur Seite, die sich dann auch um die Getränke kümmern.
Okay, dann mal zu einem Dauerbrenner: Wie lange wollt ihr denn noch weitermachen – noch mal 30 Jahre?
Barbara: Das schaffe ich gar nicht mehr.
Wie sieht es denn aktuell mit der Mitgliederzahl aus? Stagniert sie, steigt sie? Gab es vielleicht Zulauf wegen der Situation in St. Petersburg beziehungsweise Russland?
Wolfgang: Nicht direkt, also Zulauf gibt es immer sporadisch. Wir wissen oft gar nicht, warum und weshalb. Wir haben natürlich auch ein paar Mitglieder verloren. Gerade nach der Öffnung der Ehe haben viele gemeint, wir hätten alles erreicht, was ja nun gar nicht der Fall ist. Jetzt, mit dem aktuellen Rollback, haben wir wieder ein paar Mitglieder hinzugewonnen, aber wir pendeln immer so zwischen 195 und 200 Menschen.
Barbara: Wir haben auch im Zuge der Diskussion um das Selbstbestimmungsgesetz und der TERF-Thematik Mitglieder verloren.

Foto: Andre Roksen/CCO Public Domain
St. Petersburg
Echt? Oh, okay. Schade. Ja, wir hatten das in Berlin auch – teilweise auch wirklich Menschen, die ich zwar nicht persönlich kannte, aber die ich immer als Galionsfiguren der Berliner Szene betrachtet habe, und die dann mit einem Mal eine Trans*feindlichkeit an den Tag gelegt haben, das hat mich schockiert. Dennoch. Was sind denn aktuell eure wichtigsten Anliegen? Woran arbeitet ihr zurzeit? Über St. Petersburg würde ich gerne ein bisschen mehr erfahren, wenn ihr sagt, dass ihr das jetzt nach Estland verlegt habt. Ist St. Petersburg also im Exil?
Barbara: Genau, die Projektmanagerin von „Side by Side“-Internationales LGBTIQ Filmfestival ist nach Estland gegangen.
Okay.
Barbara: Mit ihrer Frau, und hat dort gleich ein neues Projekt gegründet. Seitdem sind wir mit ihnen in Kontakt und haben 2022 den ersten Besuch gemacht, ein sogenanntes „3+3“-Treffen. Mittlerweile hatten wir schon fünf bilaterale Begegnungen mit den Esten sowie den dort im Exil lebenden Aktivist*innen aus Russland, Ukraine, Belarus und anderen Ländern. Wie gehabt kommen sie zum CSD nach Hamburg und wir waren 2023 beim Tallinn Pride und 2024 beim Pride in Tartu, der europäischen Kulturhauptstadt 2024.
Der Baltic Pride (Tallinn) wechselt immer zwischen den drei Ländern, oder?
Wolfgang: Eigentlich hatten sie uns gesagt, dass das mit dem dreijährigen Wechsel abgestellt wird, aber dann haben wir letztes Jahr erfahren, dass das doch wieder so ist. Sie konnten sich wohl nicht einigen.
Barbara: Die sind auch nicht so groß. Also, da sind maximal 7.000 bis 8.000 Menschen auf der Straße. Wobei es dort ja auch noch sehr wichtig ist, zum Teil. Es gibt auch noch viel Gegenwind, aber ich habe das Gefühl, dass die EU da doch ganz positiv wirkt. Die wirklich schlimmen Sachen, die wir in Ungarn erlebt haben, sind dort bisher nicht passiert. Ich habe es in Lettland mitbekommen, dass sie auch so ein Schulgesetz, so ein „Schutz der Kinder“-Gesetz, verabschieden wollten, aber das ist alles nicht gekommen. Und bei der Lebenspartnerschaft gibt es Fortschritte, also zumindest in Lettland. Das sieht gut aus.
Barbara: In Estland auch absolut. Als wir während des Baltic Pride dort waren, haben wir bei einer Veranstaltung mit einer Politikerin gesprochen und sie hat gefragt, wie lange es dauert, so etwas auf den Weg zu bringen. Da haben wir gesagt, dass es in Deutschland sehr lange gedauert hat, und sie hat das dann so zusammengefasst, dass sie sich dann wohl auf eine lange Zeit einstellen müssen. Aber es hat nur wenige Monate gedauert, bis dort von der „Ehe für alle“ gesprochen wurde.
Ein neuer Name für mehr Diversität

LSVD+
Toll, hervorragend. Aber kommen wir zur zweiten großen Neuerung: Euer neuer Name. Ihr heißt nicht mehr „Lesben- und Schwulenverband Deutschland“, sondern „LSVD Verband Queere Vielfalt e.V.“.
Wolfgang: Nee, „LSVD+ Verband Queere Vielfalt“. Ich merke es mir auch noch irgendwann. Ich habe mir extra einen Zettel über den Schreibtisch gehängt. Im ersten Monat war es schwierig, aber langsam….
Ja, wie findet ihr es denn jetzt ganz persönlich? Seid ihr zufrieden? Wie fandet ihr den Prozess überhaupt? Es hat ja extrem lange gedauert.
Barbara: Ja, wie du gesagt hast, war das ein sehr, sehr langer Prozess. Für Hamburg hat das einfach damit zu tun, dass sich viele, auch junge Leute, nicht mehr angesprochen fühlen, die sich aber engagieren möchten. Für uns persönlich war das ja nie exklusiv. Für uns stand er immer für alle Menschen. Wir haben unser Logo, das LSVD, behalten. Ich persönlich muss sagen, dadurch, dass das „L“ noch irgendwo auftaucht, kann ich mich hundertprozentig mit dem Namen identifizieren. Das ist ein gutes Gefühl.
Und bei dir, Wolfgang?
Wolfgang: Wir haben deswegen keine Austritte gehabt, dass jetzt jemand gesagt hätte, er tritt aus, weil es „Queer“ heißt. Es gibt natürlich ein paar Ältere, sowohl Schwule als auch Lesben, die sagen, „Queer“ gefällt ihnen nicht so, aber wir haben nicht verzeichnet, dass jemand deswegen ausgetreten wäre.
Immerhin. Gut.
Wolfgang: In der Community ist der Name auch gut aufgenommen worden. Es gibt viele Vereine, die sich umbenennen. Und von daher sind wir auf einem guten Weg, glaube ich.
Barbara: Wir wünschen uns Diversität auch für den Vorstand und die Zukunft des LSVD+ – da ist uns jedes Engagement willkommen. Wie gesagt, wir werden nicht jünger.
Zukunft des Aktivismus

Foto: LSVD Hamburg
Wolfgang Preussner und Barbara Mansberg
Aber es macht euch noch Spaß? Ihr seid immer mit Engagement und einem Lächeln dabei. Ihr seid echt unverwüstlich, kann man sagen. Hamburg kann froh sein, denn es gibt ja auch andere Verbände, von denen man gar nichts mehr hört. Wie seht ihr denn insgesamt diesen vermeintlichen, ich sage es mal lieber so, Rückgang an Engagement in der Szene aus? Dass es angeblich immer weniger Menschen gibt, die sich einsetzen wollen, und dass viele eine Art, ich nenne es mal, „Wohlstandszufriedenheit“ haben und sagen: „Uns geht’s ja gut, wir haben ja nichts mehr zu befürchten.“ Wie nehmt ihr das wahr?
Wolfgang: Ja, da hast du vollkommen recht. Es gibt viele, die sich, sagen wir mal, aus einer bestimmten Komfortzone heraus beteiligt haben, die natürlich gerne partizipieren, sei es an Events, Demos oder – das ist ja sehr vielfältig. Es gibt andererseits auch wieder sehr, sehr engagierte, auch ganz junge Menschen, was sich aber nicht in Beitrittserklärungen in einem Verein niederschlägt. Das sind zwei verschiedene Dinge. Das eine ist dieses politische Engagement… Mhm. Wolfgang: …das ist nach wie vor da.
Ich weiß nur, hier im CSD-Verein haben sie sehr viel projektbasiert gemacht. Da haben sie also wirklich einfach darum geworben: „Leute, wenn ihr Bock habt, bei dem konkreten Thema mitzumachen, dann meldet euch.“ Und das klappt anscheinend besser, als zu sagen: „Tretet mal dem Verein bei und sucht euch was aus.“
Barbara: Aber wir haben das in der Vergangenheit ja auch immer wieder thematisiert und gesagt, es muss ja nicht gleich Vorstandsarbeit sein, es können auch Projekte sein, kommt mit Vorschlägen. Aber bislang war das nicht erfolgreich.
Ihr seid seit 18 Jahren dabei, aber insgesamt sind es 30 Jahre Arbeit. Mich lässt diese Frage nicht los, wie sich das in Zukunft organisieren soll. Da merke ich auch, dass ich schon älter werde. Das ist so ein bisschen German Angst: Wenn es keine Strukturen gibt oder keine, die mitmachen, dann gibt es uns nicht mehr. Aber das stimmt ja so gar nicht, denn es gab uns ja auch schon… in den 1980ern, habe ich gehört, wurden die Strukturen erst langsam aufgebaut, trotzdem war viel los auf den Straßen und auch bis in die Parlamente hinein war viel zu hören. Ich glaube auch, dass ein loses Treffen und gemeinsames Handeln eine Lösung sein kann, wenn das für die TikTok-Generation einfacher ist. Wer weiß? Ich würde es nicht aufgeben wollen.
Wolfgang: Nein, machen wir ja auch nicht. Wir finden ja auch Unterstützer*innen, wenn wir Projekte machen, jetzt zum Beispiel den Rainbow Flash, da fangen wir jetzt auch an mit der Organisation. Das können wir auch schon mal gleich frühzeitig mit erwähnen. Dafür finden wir immer wieder auch junge Menschen und andere, die uns unterstützen, denn alleine können wir beide das nicht stemmen, das ist unmöglich.
Barbara: Ja, aber da gibt es schon noch einen Unterschied zwischen helfenden Händen… Wolfgang: …beispielsweise beim Rainbow Flash, ja, wo wir uns natürlich total freuen und das ganz toll finden… Barbara: Und das andere ist tatsächlich, sich auf Verbandsebene zu engagieren. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Diversität im Rundfunkrat

Was haben das ZDF, Radio Bremen und der MDR, was der NDR nicht hat? Eine diversifizierte Aufstellung ihrer Kontrollgremien, dem jeweiligen Rundfunk- bzw. Fernsehrat. Inklusive Vertreter*innen, die die Communitys der LGBTIQ* (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender/Transsexuelle, Intersexuelle) repräsentieren und vertreten. Schon 2021 gab es darum heftige Debatten. Geändert hat sich bis heute nichts.
➡️ zum Artikel!
Ihr habt vorhin den NDR Rundfunkrat erwähnt. Was genau hat es damit auf sich?
Barbara: Wir fordern einen ständigen Sitz für queere Menschen im NDR Rundfunkrat! Andere Landesrundfunkanstalten haben das schon länger, nur der NDR noch nicht.
Wie wollt ihr das erreichen?
Wolfgang: Wir schließen uns noch in diesem Quartal mit den vier anderen Bundesländern zusammen, die alle mit dem NDR verbunden sind. Gemeinsam werden wir dann bei den Regierungen vorstellig werden, bzw. sie anschreiben und unsere Forderung nach einem ständigen Sitz im Rundfunkrat deutlich machen. Das muss in der nächsten Entscheidung über den Staatsvertrag des NDR Berücksichtigung finden.
Was wünscht ihr euch ganz konkret zum 30. Jubiläum noch?
Barbara: Also, wir nehmen gerne Geschenke in Form von Spenden an. Dafür haben wir ein Spendenkonto und beim Empfang eine Spendenbox. Denn, na ja, nur mit Schokolade oder Blumen können wir unsere Arbeit auch nicht finanzieren.
Wolfgang: Obwohl wir die auch gerne mögen.
*Interview: Christian Knuth