CSD HAMBURG – INTEVIEW „DIE GRÜNE"

© FOTO: DIE GRÜNEN AT

Ulrike Lunacek ist die bekannteste LGBT-Europapolitikerin. Auch dem neuen Europäischen Parlament gehört die erste offen lesbische Abgeordnete des österreichischen Nationalrates wieder an. Zum CSD ist sie als Schirmfrau geladen. •ck

FRAU LUNACEK, SIE SIND GERADE NEBEN SCHIRMFRAU FÜR DEN HAMBURG PRIDE VIZEPRÄSIDENTIN DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS GEWORDEN. WAS STEHT FÜR SIE AUF DER AGENDA IN DER KOMMENDEN LEGISLATUR?

Mit welchen Agenden ich als Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments betraut sein werde, wird sich erst im September entscheiden. Einsetzen will ich mich aber jedenfalls für die Stärkung von Menschenrechten und Demokratie sowie für ein verpflichtendes Lobbyregister. Mein Hauptziel wird sein, das EU-Parlament und die Werte, für die es steht, sichtbarer und präsenter zu machen. Ebenso arbeite ich gerade daran, die LGBTI-Intergroup des Parlaments neu aufzustellen, mit vielen neuen Mitgliedern, die sich dem Thema mit Engagement widmen wollen. Im Jahr 2008 hat die Kommission einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vorgelegt. Diese sogenannte ‚Horizontale Richtlinie‘ soll die Diskriminierung – unter anderem aufgrund der sexuellen Identität – in den Bereichen Bildung, Soziales, Gesundheit und beim Zugang zu Gütern sowie Dienstleistungen (z. B. Wohnungswesen) verbieten. Das Europäische Parlament hat der Richtlinie bereits 2009 zugestimmt. Unter Schwarz-Gelb wurde die Richtlinie insbesondere auf Drängen Deutschlands im Rat blockiert, angeblich wegen der hohen Kosten bei der Umsetzung von Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung. In der neuen Legislaturperiode wird es also wichtig sein, weiterhin Druck auf den Rat auszuüben, damit diese Richtlinie endlich verabschiedet werden kann. Hoffentlich spielt die deutsche Bundesregierung nun eine konstruktivere Rolle – dafür ist Druck vonseiten der Hamburger sowie gesamtdeutschen LGBTI-Bewegung auf jeden Fall hilfreich!

WIE WIRD ES MIT IHREM SOGENANNTEN „LUNACEK-BERICHT“ WEITERGEHEN NACH DEN VERÄNDERTEN MEHRHEITEN IM PARLAMENT? WAS KÖNNEN „WIR" ERWARTEN?

Mein Bericht für eine EU-Roadmap gegen Homophobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, den das Europäische Parlament im Februar dieses Jahres mit breiter Mehrheit verabschiedet hat, steht auch in der neuen Legislaturperiode ganz oben auf meiner Agenda. Bei meinem Bericht handelt es sich um eine breit getragene Forderung des Europaparlaments. An dieser werden auch die neuen rechtspopulistischen und rechtsextremen Abgeordneten, deren Anzahl im EP sich leider erhöht hat, nichts ändern.

WELCHE VERBINDUNG HABEN SIE ZU HAMBURG, WAS BEDEUTET IHNEN SO EINE SCHIRMHERRSCHAFT?

Ich war als 12-Jährige einmal mit meiner Familie auf Sommerurlaub an der Ostsee und wir besuchten Hamburg mehrere Male. Schon damals hat mich das für mich als Mitteleuropäerin schon sehr nordische Licht und die lange Helligkeit im Sommer am Abend fasziniert! Außerdem spielte ich vor dreißig Jahren mit einer seit vielen Jahren in Hamburg lebenden Lesbe in Wien Pantomime im Theater eines tschechischen Exil-Ehepaares und besuchte sie dann auch in Hamburg, inklusive Frauentour durch den Hamburger Hafen – spannend! Schirmherrin zu sein stellt immer auch eine Würdigung für die geleistete Arbeit dar. Daher freue ich mich natürlich sehr darüber. Gleichzeitig hoffe ich, durch diese Schirmherrschaft bzw. meine Arbeit und eigene Lebensgeschichte anderen LGBTI-Personen Mut zu geben und sich nicht zu verstecken oder einschüchtern zu lassen. Wir Lesben, Schwule, Bi, Transgender und Intersex-Personen sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen und lassen uns von dort auch nicht mehr verdrängen.

Internet: WWW.GRUENE.AT

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