DJ SEET: In die Armut und zwangsexmatrikuliert durch Corona?

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Sebastian ist seit seiner erfolgreichen Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann freiberuflich als DJ SEET in Niedersachsen und NRW unterwegs. Damit finanzierte er sein Studium, um später im journalistischen Bereich durchzustarten. Dann kam COVID-19.

Um einmal ganz plastisch nacherleben zu lassen, wie der soziale Abstieg für Soloselbständige in kreativen Berufen bittere Lebenswirklichkeit ist, hat er sich bereit erklärt, hier ganz offen alles aufzulisten:

■ seit 2017 mit einem sehr guten Gehalt selbstständig und pflichtbewusst am Steuern zahlen

■ seit März 2020 coronabedingt berufsunfähig

■ 3.000 Euro Hilfe vom Staat bekommen (Niedersachsen hat hier den geringsten Betrag ausgezahlt, viele Bundesländer zahlten bis zu 9.000 Euro)

■ von den 3.000 Euro wurden vor allem offene Rechnungen beim Finanzamt bezahlt, da sie nicht für private Ausgaben“ wie die Krankenversicherung benutzt werden dürfen

■ hoffnungsvoll einen Antrag auf Grundsicherung gestellt. Abgelehnt. Für Studenten ist das in Niedersachsen nicht vorgesehen. Auch wenn sie bereits berufstätig sind

■ die Krankenversicherung konnte bis Juni gestundet werden, war zum 15. Juli aber rückwirkend komplett fällig

■ daher seit 15. Juli quasi zahlungsunfähig

Und jetzt? Jetzt geht es erst so richtig los:

■ zwar kann sein Vater Sebastian kurz vor dessen 25. Geburtstag geringfügig unterstützen, er selbst ist aber Rentner und hat auch nicht besonders viel

■ die Krankenversicherung muss weitergezahlt werden, sonst würde die Universität eine Zwangsexmatrikulation vollziehen und alle Leistungen der letzten Jahre wären nichtig

■ der im Juni gestellte Antrag auf Studentenhilfe wurde abgelehnt, weil kein Förderungsbedürfnis erkennbar“ sei

Wer sucht schon Veranstaltungskaufleute“

■ eine weitere Soloselbstständigenhilfe kann nur über einen Steuerberater beantragt werden, dieser würde 150 Euro kosten und wieder nur Ausgaben der Firma decken. Ein Gehalt darf er sich nicht zahlen, die reinen Betriebskosten eines DJs sind eher überschaubar

■ nebenbei hat Sebastian 230 Bewerbungen geschrieben und ausschließlich Absagen erhalten. Wer sucht schon Veranstaltungskaufleute?!

Wir lassen das einfach mal so wirken und wünschen Sebastian stellvertretend für zigtausende queere Soloselbständige in ganz Deutschland alles Gute und der Gesellschaft ein Einsehen mit der (Sub)Kultur. 

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