#Corona • Trauer um queere Opfer und ein eindringlicher Appell

by ,

Die Community hat erste Verluste zu beklagen, darunter auch bekannte Größen wie Dragqueen Mona Foot aus New York oder Fetischaktivist Daniel Dumont aus Belgien. Derweil kämpft der junge Designer Tarek Soliman gegen Covid-19 und warnt davor, die Krankheit zu unterschätzen.

Abschied von Mona Foot

Die New Yorker Dragqueen Mona Foot alias Nashom Wooden wurde Montag im Alter von 50 Jahren in New York tot aufgefunden. Laut Berichten von Freunden starb der Perfomer nach kurzer, schwerer Krankheit. Es wurde davon ausgegangen, dass es sich dabei um Covid-19 handelte, ohne dass ein Testergebnis dies bislang bestätigte. 

Nashom Wooden war Barkeeper, Performer, Dragqueen – kurz, eine Legende des New Yorker Night Life. Es soll RuPaul gewesen sein, die Nashom in die Make-Up-Künste einweihte; mit Drag-Legende Lady Bunny wohnte er in einer WG. Nashom spielte neben Robert DeNiro und Philip Seymour-Hofmann in dem Film „Flawless“ – dort war er unter anderem zu sehen, wie er in einem Klub „Half Breed” von Cher performte.

Das letzte Mal meldete Nashom sich Ende letzter Woche bei seinem Freund und Designer David Dalrymple. Der erzählt, Nashom habe behauptet, es würde ihm bereits besser gehen und er habe keine Atemprobleme mehr – Dalrymple vermutet jedoch, sein Freund habe ihn möglicherweise nicht beunruhigen wollen. Seit Samstag hatte niemand mehr von dem New Yorker Künstler gehört, Dalrymple machte sich Sorgen, ging am frühen Montag zu seiner Wohnung und fand Nashom tot auf. 

Laut der New York Times war Wooden seit vielen Jahren HIV+, befand sich in Behandlung, seine Virenanzahl war unter der Nachweisgrenze. Freunde berichten, er habe auf seine Gesundheit und seine Ernährung geachtet, sei sechs Mal pro Woche im Fitnessstudio gewesen. 

Nachdem sich die furchtbare Nachricht von seinem Tod am Montag verbreitete, nahmen Weggefährten und Freunde in sozialen Netzwerken Abschied und teilten ihre Trauer. Darunter befanden sich weitere Größen der US-amerikanischen Queercommunity und der New Yorker Drag-Szene. Der Project Runway-Designer Geoffrey Mac postete ein Video, in dem er weinend von seinem besten Freund Abschied nahm. 


Abschied von Daniel Dumont

Auch die Leder- und Fetischszene hat ein erstes prominentes Corona-Opfer zu beklagen. Der im Vorstand der Leather Hall of Fame aktive und ehemalige Vorsitzende des ECMC (European Confederation of Motorcycle Clubs) starb in Brüssel an den Folgen von Covid-19. Am vergangen Freitag war der Belgier mit schweren Atemproblemen in ein Krankenhaus in eingeliefert worden und in ein künstliches Koma versetzt worden, aus dem er nicht mehr erwachte. In der Nacht zu Montag starb Daniel Dumont im Alter von 61 Jahren. 


Abschied von Richard Weber Jr

Der Anwalt aus New Jersey setzte sich jahrelang für die Queercommunity ein, war Mitglied von LeGal, der LGBT-Anwaltskammer von New York. Wöchentlich arbeitete er kostenlos in der freien Klinik von LeGal, gab juristischen Rat an alle, die ihn brauchten – seine Spezialität waren Verhaftungen aus falschen Beweggründen. Er habe für die Community gekämpft, sei stets sehr aktiviert gewesen, berichten Freunde.

Auch Richard Weber Jr starb nun an Komplikationen in Verbindung mit Covid-19. Er hinterlässt seinen Partner Antonio und viele, die in Zukunft noch seine Hilfe brauchen werden.


Abschied von Terrence McNally

Foto: Floating World Pictures

Der 81-jährige Dramatiker starb am Dienstag an Komplikationen im Zusammenhang mit einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (wir berichteten). Er litt seit den 1990ern an einer chronischen Lungenkrankheit und gehörte damit zu gleich zwei der Risikogruppen (wir berichteten) von SARS-CoV-2.


Bleibt gesund und haltet durch!

Tarek Soliman ruft zur Vorsicht auf. Der junge Designer, der einem breiteren Publikum durch seine Kreationen bei RuPauls Drag Race bekannt wurde, warnt vor einem leichtfertigen Umgang mit Covid-19. Obwohl er keine Vorerkrankungen hat, erwischte die Krankheit ihn schwer: Auf Instagram erzählt er seine Geschichte und warnt besonders junge Leute davor, das Ganze auf die leichte Schulter zu nehmen.

Tareks Odyssee begann am 8. März mit Schüttelfrost und Schwächegefühl. Bald kamen Fieber sowie Kopf- und Gliederschmerzen dazu. Fünf Tage harrte er zuhause aus – in der Hoffnung, es würde besser werden, da es ja sicher nur eine normale Grippe sei. Schließlich schleppte er sich in die Notaufnahme, wo er sogar ohnmächtig wurde. 

Er lag allein in einem isolierten Zimmer im Mount Sinai Krankenhaus in New York. Tests wurden an ihm durchgeführt. Tarek erzählt von seiner Ahnung, dass keiner so Recht wusste, was mit ihm zu tun war. Nach 12 Stunden wurde er schließlich nach Hause geschickt – erst nach vier Tagen bekam er sein Covid-19-Testergebnis. Es war positiv. Tarek erzählt: 

„Ich habe immer noch die gleichen Symptome ohne Fortschritte, aber ich habe zusätzlich eine Lungenentzündung entwickelt und Bluthusten. [...] Ich kann immer noch nicht normal atmen, anscheinend hat sich das Virus in meine Lungen ausgebreitet.“

Zum Schluss berichtet er, dass er sich wieder in die Notaufnahme begeben möchte – er warnt jedoch auch davor, die ärztlichen Fähigkeiten in dieser Angelegenheit zu überschätzen. Noch sei niemand wirklich sicher, wie man die Krankheit behandeln könne und es werde vor allem auf die Abwehrkräfte des Körpers gebaut. Besonders mit dem amerikanischen Gesundheitssystem geht Tarek hart ins Gericht.

Er bittet:

„Seien Sie verantwortungsbewusst und bleiben Sie zu Hause. Ich möchte nicht, dass jemand das durchmachen muss, was ich jetzt durchmache. Stay Safe.“

Die Millionenmetropole New York entwickelt sich derweil zum Brandherd der Pandemie. US-Vizepräsident Mike Pence gab am Dienstagabend bekannt, dass inzwischen 60 Prozent aller Meldungen über neue Fälle in den USA aus dem Großraum New York stammen. Im Bundesstaat New York wurden bislang mehr als 30.000 Infizierte bestätigt – die Hälfte davon im Stadtgebiet. Die WHO warnte indes davor, die USA könnten sich zum neuen Zentrum der weltweiten Pandemie entwickeln. 

Back to topbutton