Erleben Diskriminierung: schwule Surfer

Die queere Hamburger Kulturszene kennt Ian Thomson noch vom gefeierten Theaterstück Der Gartenzaun über Schwule im Schrebergarten einer Parabel über die Deutsche Nachkriegs- und Gegenwartsgesellschaft. Thomson, inzwischen wieder in seiner Heimat Australien wohnhaft, wagte sich nach diesem typisch deutschen an ein typisch australisches Thema. Die Surferdoku Out in the Line-up hat ihre Deutschlandpremiere im Rahmen der LSF.

18.10., OUT IN THE LINE-UP, PASSAGE KINO 2, MÖNCKEBERGSTR. 17, HAMBURG, 22:15 UHR, WWW.OUTINTHELINEUP.COM


WARUM EINE DOKUMENTATION ÜBER SCHWULE SURFER?

Eine Dokumentation über Homosexualität und Surfen bringt zwei wichtige Teile meines Lebens zusammen. Zwei Teile, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie zusammenpassen. Obwohl ich in Australien aufgewachsen bin, begann ich erst mit Anfang dreißig zu surfen. Die Macho-Kultur der Surferszene hat mich als junger Mann eingeschüchtert. Zur gleichen Zeit begann auch mein Coming-out als Schwuler. Vielleicht seltsam, dass obwohl beide Dinge gleichzeitig passierten, sie sich wie gegensätzliche Pole anfühlten. Bis ich Thomas und David, die beiden Hauptprotagonisten des Films, kennengelernt und von Thomas Internetprojekt für schwule Surfer gehört hatte, war es kein Thema, von dem ich meinte, mich darum kümmern zu müssen.

SURFEN STEHT FÜR MACHOGEHABE, SPORTLICHE HETEROSEXUELLE FRAUENAUFREIßERTYPEN. SELBST FRAUEN SIND NICHT SO OFT ANZUTREFFEN SURFEN TUN DIE HARTEN SEXY TYPEN. WIE SCHWUL IST SURFEN?

Interessant ist, dass das Surfen voller Widersprüche zu sein scheint. Auf der einen Seite gibt es diese sehr gemeinschaftsorientierte polynesische Kultur, dann das ganze Freie-Liebe-Ding aus den 1960er-Jahren. Auf der anderen Seite, im Zuge der Kommerzialisierung der letzten rund dreißig Jahre, ist eine extreme Verwerblichung festzustellen, die an den alten stereotypen Alphamännchen und den Bikini-Mädchen festhält, um Produkte zu verkaufen. Anders zu sein, hat dort keinen Platz. Dadurch, dass Surfen immer beliebter geworden ist, tummeln sich jetzt immer mehr Surfer mit unterschiedlichsten Fähigkeiten um die früher einsame perfekte Welle. Dies hat auch zu einer starken Hierarchie im Wasser und oft zu ziemlich einschüchterndem Verhalten geführt. Viele Homosexuelle haben sich auch deshalb entschieden, alleine surfen zu gehen oder ihr wahres Ich zu verstecken was in einigen Fällen auch tragisch endete.

WIE HAT DIE SURFERSZENE AUF DEN FILM REAGIERT?

Der Film wurde in der LGBTQ-Szene sehr gut aufgenommen. Wir haben den Preis für den besten Dokumentarfilm auf dem Mardi Gras Film Festival gewonnen. Die Surfszene hat länger gebraucht, Interesse zu zeigen. Einige der fortschrittlicheren Surfer und Zeitschriften haben uns sehr gute Kritiken gegeben, aber wir haben in Blogs und auf Webseiten auch jede Menge homophobe Kommentare von Surfern bekommen. Es wäre aber falsch, bei den negativen Dingen zu bleiben. Wir haben beim San Diego Surf Film Festival stehende Ovationen und den Publikumspreis erhalten sowie in Byron Bay den Preis für den besten Surffilm. Ein großer Teil der Mainstream-Surfszene fühlt also durchaus, dass es an der Zeit ist, über dieses Thema zu reden, das so lange ein Tabu war.

*Interview: Christian Knuth

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