Im Interview: Jörg Rautenberg

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Bild: Jörg Rautenberg

Homoerotische Motive, umgesetzt mit kräftigem Pinselstrich: Jörg Rautenberg positioniert sich in seiner Kunst klar, zumindest was die Sexualität angeht.

WANN HAST DU GEMERKT, DASS DIE MALEREI DEINE AUSDRUCKSFORM IST?

Gemerkt schon früh ... Bereits als Kind und Jugendlicher habe ich gemalt, ich habe die Kunst dann aber lange aus den Augen verloren. Bis mir vor zwei Jahren ein Freund sagte: Du hast ein Riesenpotenzial, nutze es! Das hat mich dann wieder motiviert.

DU MALST BESONDERS GERN (MÄNNER-)AKTE, ODER?

Gerade sind es Männerakte, ja. Oder eher: Männerbilder. Ich male gern Autobiografisches, Situationen, die ich erlebt habe. Ich bin Jahrgang 1955, da hat man viele Erinnerungen. Die Emanzipation der Frau – und der Männer – hat mich stark beeinflusst. Ich bin ja auch nicht der typische Mann. Ich bin feinfühlig, sensibel ... (grinst)

Bild: Jörg Rautenberg

WORAUF ACHTEST DU BEIM MALEN?

Ich male meist intuitiv. Manchmal beginne ich mit kleinen Kritzeleien, manchmal lasse ich mich von den Farben begeistern. Die Bilder entwickeln sich dann. Ich gehe mit keinem Plan dran. Manchmal ist es ein Gedanke, eine Erinnerung oder auch ein gutes Bild, das ich gesehen habe.

HABEN DEINE WERKE EINE BOTSCHAFT?

Beim Malen kehre ich mein Innerstes nach außen. Ich fordere dadurch ja auch Toleranz ein. Echte Toleranz. Oft habe ich das Gefühl, dass in unserer Gesellschaft eine aufgesetzte Toleranz den Ton angibt – was WIRKLICH in den Köpfen vorgeht, weiß man nicht. Vielleicht kann ich das ja beeinflussen.

WIE POLITISCH SOLLTE EIN KÜNSTLER SEIN?

Das ist ja das Schöne an der Kunst: Sie kann politisch sein, sie muss nicht. Die künstlerische Freiheit erlaubt einem ja fast alles ... Wer politisch ist, der kann politische Bilder malen. Meine Bilder sind indirekt politisch, weil sie eben Toleranz einfordern.

ETWA IN SACHEN RUSSLAND?

Ich finde es entsetzlich, was da passiert, dass Schwule und Lesben mit Pädophilie in einen Topf geworfen werden, dass sie zu Sündenböcken werden. Es ist schwer, eine Botschaft an sie zu richten. Man müsste mutig sein, zusammenhalten. Alle, auch die, die sich nicht geoutet haben ... Das Bewusstsein muss verändert werden.

*Interview: Michael Rädel

www.instagram.com/joerg_rautenberg_art

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