#SKANDAL: Dolce & Gabbana in der Kritik

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© Foto: Screenshot Instagram Stefano Gabbana

Warum Homophobie keine (Privat-)Meinung ist, auch wenn sie von Domenico Dolce und Stefano Gabbana kommt und die dafür, berechtigterweise, Applaus aus der rechten Ecke bekommen. Ein Kommentar.

Die Sache ist die: Niemand erwartet, dass Modeschöpfer per se intelligent oder belesen sind und sich amüsant zu weltpolitischen oder wissenschaftlichen Fragen äußern können. Es kann nicht jeder Karl Lagerfeld sein. Was wir, die breite Öffentlichkeit, aber genau deswegen von Designern erwarten können, ist, dass sie an der richtigen Stelle die Klappe halten. Domenico Dolce und Stefano Gabbana haben das nicht getan. Sie finden, Regenbogenfamilien sind etwas Unnatürliches, wenden sich gegen die Öffnung der Ehe und beschreiben Kinder, die durch künstliche Befruchtung gezeugt worden sind, als synthetisch. Und zwar nicht angeschickert bei einer privaten Dinnerparty, sondern in der Titelgeschichte der aktuellen Ausgabe der auflagenstarken italienischen Zeitschrift Panorama und unter der Coverzeile Es lebe die (traditionelle) Familie. Das Heft erschien am Donnerstag letzter Woche, dann ging alles sehr schnell: Am Samstag veröffentlicht Elton John ein Statement, in dem er die Designer für ihre Aussagen verdammt und zu einem Boykott ihres Labels aufruft. Dem schließen sich innerhalb weniger Stunden unter anderem Ricky Martin, Sharon Stone, Victoria Beckham, Courtney Love, der amerikanische Fernsehproduzent Ryan Murphy (AHS, Glee, The Normal Heart) und Millionen Menschen in sozialen Netzwerken an.

24 Stunden nach Elton Johns Post, geben Dolce und Gabbana eine Pressemitteilung heraus, in der sie schreiben, was sie in Panorama gesagt hätten, sei ihre private Meinung und nicht dazu gedacht, andere Menschen zu bevormunden oder einzuschränken. Sie, wie jeder, der in den Medien arbeitet, weiß, dass das ein PR-Fallrückzieher war und ungeheurer Blödsinn ist.

Es ist sehr einfach: Alles, was man in Mikrofone spricht, die einem in der Absicht entgegengehalten werden, das Da-hinein-Gesagte anschließend zu veröffentlichen, hört auf, eine private Meinung zu sein, sobald es einem von der Zunge rollt. Es ist dann öffentlich, und ist im Bewusstsein gesagt worden, dass es medial durch Auflage oder Zuschauerzahl gegebenenfalls millionenfach weiterverbreitet und so verstärkt wird. Natürlich gilt trotzdem die allgemeine Meinungsfreiheit. Jeder darf sagen, was er will, und zwar zu jedem, der das hören möchte. Außer, die Aussage ist beleidigender oder herabwürdigender Natur. Und das, was Dolce und Gabbana gesagt haben, ist genau das. Es greift die Existenz von vielen, vielen Familien weltweit an und würdigt zahllose in den letzten dreißig Jahren gezeugte Kinder herab.

Trotzdem sind die beiden Italiener nun davon überzeugt, die Meinungsfreiheit sei auf ihrer Seite, bezeichnen Elton John als Faschisten und jeden, der sie kritisiert als Rassisten. Sie sind sich auch nicht zu fein für die ganz kruden Vergleiche und posteten gestern ein Bild, auf dem Je suis D&G; Boycott False News stand auf einem ihrer Social-Network-Accounts. Die Anspielung auf die Macher von Charlie Hebdo und den auf sie verübten Anschlag ist gewollt, wenn auch in ihrer grenzenlosen Pietät- und Geistlosigkeit nur schwer nachzuvollziehen. Der Gedanke dahinter ist: Elton John und unsere Kritiker sind wie die Mörder von Paris, sie greifen die Meinungsfreiheit an.

Nur noch mal zum allgemeinen Verständnis: Elton John hat auf eine frei geäußerte Meinung nur reagiert und seine dagegengestellt. Die lautet: Niemand sollte Produkte von Menschen kaufen, die Kinder beleidigen und Familien herabwürdigen. Das finden rein zufällig auch viele andere Menschen. So was nennt sich Zeitgeist. Der hat allerdings auch eine Gegenseite: Dolce und Gabbana bekommen Beifall von der italienischen Rechten. Senator Roberto Formigoni von der christdemokratischen NCD meint: Ich applaudiere dieser mutigen Aussage ... Die von Elton John gestartete Kampagne ist eine Schande und darf nicht toleriert werden. Elton John ist ein Taliban und er benutzt dieselben Taktiken, die von den Taliban gegen Charlie Hebdo genutzt worden sind. Andere Politiker bezeichnen das Adoptionsrecht für Schwule und Lesben heute als Menschenhandel und sprechen davon, Elton John habe zu einer Fatwa gegen die Modeschöpfer aufgerufen.

Nein, er und viele andere wollen nur keine Bekleidung, die Sonnenbrillen oder die Düfte von Menschen mehr tragen, die ihn, seine Familie oder seine Kinder beleidigen, weil sie sich im tiefsten Inneren wohl selbst hassen. Freie Meinungsäußerung mit dem Geldbeutel, mehr nicht.

Falls das hier jemand in Dolce & Gabbana liest: Ausziehen!

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