COMEBACK: Anastacias „Evolution“

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Foto: Polydor / Universal Music

Dass sich Anastacia Newkirk von dem ganzen Mist, dem einen das Schicksal bisweilen vor die Füße wirft, nicht nachhaltig aus der Bahn werfen lässt, ist ja quasi Allgemeinwissen.

Eine chronische Darmerkrankung, zwei Mal Brustkrebs und eine unschöne Scheidung stehen unter anderem auf der Sollseite dieses satten, seit 48 Jahren währenden Lebens. Aber so sieht sie das nicht. „Es ist möglicherweise meine beste Eigenschaft, dass ich sehr gut darin bin, negative Erfahrungen in etwas Positives umzuwandeln“, sagt Anastacia, als wir sie in einem Berliner Hotel treffen. „Nicht viele Menschen haben diese Gabe in dem Ausmaß wie ich.“ Etwa, als der Krebs zurückkam. „Ganz am Anfang denkst du, das wird hart. Und es war auch hart. Ich hatte furchtbare Angst, aber dann habe ich recherchiert, gelesen, mir Statistiken angeschaut. Ich habe den Schrecken analysiert und mir gesagt, dass das nicht das Ende sein muss. Du siehst vieles klarer, wenn sich der Staub des unmittelbaren Dramas erst einmal gesetzt hat.“

Wie es ihre Art ist und wie es am besten zu ihrer Hammerstimme passt, verkörpert Anastacia auch auf ihrem neusten Album „Evolution“ wieder sehr glaubhaft die Kämpferin, die Unerschrockene, die Stehauffrau. Wer ihre großen Hits wie „Left Outside Alone“ oder „Paid My Dues“ mochte, der wird mit den neuen Stücken schnell Freundschaft schließen. „Stamina“, also „Stehvermögen“, ist zum Beispiel eine dieser typischen Newkirk-Nummern, irgendwas zwischen Soul, Pop und Rock, mit einem Text übers Durchhalten. Oder „Boxer“, das aggressivste Stück der ganzen Platte. „Ich wollte unbedingt einen solchen, alles durchdringenden Powersong auf dem Album haben. Mich erinnert ‚Boxer‘ an ‚Radioactive‘ von Imagine Dragons. In dem Lied geht es um die Frage: Kämpfen oder fliehen? Es ist einigermaßen offensichtlich, wofür ich mich in meinem Leben stets entschieden habe.“ In den vergangenen drei Jahren seit ihrem Album „Resurrection“ (Auferstehung) verlief Anastacias Leben freilich in fast schon verdächtig ruhigen Bahnen. „Keine neuen Dramen, keine neuen Krankheiten, ich habe meine Batterien ein wenig aufladen können.“ Außerdem unternahm sie Ausflüge in andere Kreativbezirke: Sie half, eine Kollektion von Rock ’n’ Roll-Mode für Aldi Süd zu entwerfen, und eine Autobiografie „steckt bereits komplett in meinem Kopf“, nur aufschreiben müsse sie das Buch noch.

Vor allem aber hat Anastacia neue Musik gemacht. Mit ihrem Stammproduzenten Anders Bagge verbrachte sie den Sommer im Studio in Stockholm. Zeitlich war es ziemlich stressig, denn das Album, das ursprünglich erst für Frühjahr 2018 geplant war, musste plötzlich parallel zum Start der Modekollektion auf den Markt. „Ich habe definitiv schon mehr geschlafen als in diesem Sommer.“ Zumal auch noch eine Vielzahl von Festivalauftritten zu absolvieren war.Verständlich, dass bei so viel Arbeit keine Zeit fürs Liebesleben bleibt. Zumindest nicht privat. „Bei ‚My Everything‘ habe ich mir vorgestellt, ich schreibe einen Hochzeitssong“, so Anastacia. „Einer Welt voller Angst und Negativität wollte ich einfach etwas Schönes und Romantisches entgegensetzen.“ Im echten Leben sei sie jedoch Single. Oder genauer: „Ich bin gerade so richtig verliebt in meine Karriere.“ *Steffen Rüth

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