DISCLOSURE: „Wir streiten so gut wie gar nicht“

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Die Londoner Lawrence-Brüder Guy (24) und Howard (21) verstehen sich nicht nur im Alltag prächtig, sondern harmonieren auch wunderbar im Studio. Nachdem die zwei, die sich Disclosure nennen, vor knapp drei Jahren mit der Single „Latch“ quasi nebenbei auch Sam Smith bekannt gemacht haben, setzen sie auf ihrem zweiten Album „Caracal“ (auf dem Smith wieder ein Stück singt) stärker auf Soul und weniger auf House. Wir unterhielten uns mit dem Musiker- und Produzentenduo auf einem Sofa in Berlin.

WARUM HABT IHR EUER ALBUM „CARACAL“ GENANNT?

Howard: Weil das ein ganz tolles Tier ist. Schau dir doch bloß mal diese Ohren an. Der Karakal ist eine Wildkatze und lebt in Süd- und Ostafrika sowie in Asien. Er ist so groß wie ein Labrador und kann aus dem Lauf drei Meter hoch springen. Bis an die Decke! So fängt er Vögel. Wir sind seit Jahren von den Karakals fasziniert.

Guy: Kaum jemand kennt sie, sie sind sehr geheimnisvoll. Kaum einer glaubt, dass es überhaupt echte Katzen sind.

WAS HAT DER KARAKAL FÜR EINEN RUF?

Guy: Einen miserablen. Dort, wo sie leben, werden sie gehasst, weil sie Nutztiere töten. Erst wollten wir eine Wohltätigkeitsveranstaltung organisieren, um die Karakals zu schützen, aber dann haben wir erfahren, dass sie keinen Schutz brauchen. Sie sind flink und gewieft und kommen sehr gut alleine zurecht.

WELCHE EIGENSCHAFTEN DES KARAKALS TREFFEN DENN AUF EUCH ZU?

Howard: Keine. Wir sind weder scheu noch ist unsere äußere Erscheinung irgendwie außergewöhnlich.

Guy: Ein Journalist meinte gestern zu uns, wir hätten wirklich sehr normal aussehende Gesichter.

NICHT SO DAS GANZ GROSSE KOMPLIMENT, WAS?

Guy: Ja, ich habe schon Netteres gehört. Aber das ist egal. Wie du dir vorstellen kannst, machen wir die Musik nicht wegen des Berühmtseins. Wir verstecken uns aber auch nicht. Wir haben beide früher in Bands gespielt, ich Schlagzeug, Howard Bass und Piano. Wir sind keine schüchternen Laptop-Nerds. Dass wir unsere Gesichter gern verfremdet darstellen, hat nichts mit dem Wunsch nach Anonymität zu tun, sondern dient der Markenpflege. Das ist ein Logo.

Howard: Manchmal werden wir erkannt, manchmal nicht. Und manchmal laufen eben auch Mädchen hinter uns her.

HOWARD, DU BIST 21, GUY, DU BIST 24. SPIELT DER ALTERSUNTERSCHIED EINE ROLLE?

Guy: Wir fühlen uns eigentlich gleichaltrig. Mit sechs und neun mag das eine große Sache sein, jetzt nicht mehr.

WANN HABT IHR EUCH ENTSCHLOSSEN, HAUPTBERUFLICH MUSIK ZU MACHEN?

Guy: Vor drei Jahren etwa. Ich war gerade mit dem College fertig, Howard hatte ein Jahr seines Musiktechnik-Studiums hinter sich – mit einer der besten Noten des Landes. Dann haben sie ihn rausgeschmissen, weil er zu oft fehlte. In seinen Broschüren wirbt unser College jetzt mit uns, die sagen: „Kommt her, wir hatten Disclosure.“ Verdammte Opportunisten. (lacht)

IHR BEIDEN, JIMMY UND SAM SMITH HABT ZUSAMMEN VOR DREI JAHREN DEN SONG „LATCH“ AUFGENOMMEN, KURZ DARAUF WURDET IHR ALLE ZU SUPERSTARS.

Guy: Eine wirklich coole Story. Wir waren ein Haufen ganz normaler Kids, keiner ahnte, was passieren würde. Sam war zu der Zeit Barkeeper, Jimmy hatte schon mit ihm gearbeitet, wir lernten ihn buchstäblich an dem Tag kennen, an dem wir „Latch“ aufgenommen haben.

SAM SMITH IST DER EINZIGE VOKALIST, DER SCHON AUF EUREM ERSTEN ALBUM GESUNGEN HAT. WAR DIE ZUSAMMENARBEIT JETZT ANDERS?

Howard: Voll nicht. Wir sind alle dieselben, eher entspannten Typen geblieben. Insbesondere Sam hat sich die Grammys und all das nicht zu Kopf steigen lassen. Die Arbeit klappte jetzt noch besser, weil wir nun Freunde sind.

HOWARD, EINE HANDVOLL SONGS SINGST DU SELBST, DANN HABT IHR UNBEKANNTE STIMMEN WIE BRENDAN REILLY ODER JORDAN RAKEI, ABER AUCH STARS WIE EBEN SAM SMITH AUF „OMEN“, GREGORY PORTER AUF „HOLDING ON“ ODER LORDE AUF „MAGNETS“. NACH WELCHEN KRITERIEN SUCHT IHR DIE SÄNGER AUS?

Guy: Einzig nach der Stimme. Uns ist egal, ob jemand bekannt ist oder nicht. Jordan Rakei hat ein Freund in einer Bar in Brisbane singen gehört und ihn mit nach England geschleppt. Und Lorde kannten und mochten wir seit unserem gemeinsamen Auftritt bei den Brit Awards. Sie rief uns an, weil sie mitmachen wollte, und kam ein paar Tage zu uns ins Studio. Super Mädchen, sehr detailverliebt und interessiert.

IST „MAGNETS“ EIN LIEBESLIED?

Howard: Irgendwie schon. Es geht um jemanden, den du magst oder liebst, mit dem du aber besser nicht zusammen wärst. Zum Beispiel, weil du oder die andere Person schon liiert ist. Daraus ergibt sich die spannende Frage mit all den chaotischen Folgen: Sagst du es ihr oder sagst du es ihr nicht?

WAS IST EUER RAT?

Guy: Also, wenn sie eine Zehn auf der Skala ist, dann würde ich es ihr sagen.

Howard: Und wegen solcher Sprüche hat Guy bei uns mit den Songtexten nichts zu tun. (beide lachen)

•Interview: Steffen Rüth

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