DURAN DURAN: Was würde Kanye tun?

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„Wild Boys“, „A View to a Kill“ und „Come Undone“ gehören zu den größten Hits der britischen Kultband Duran Duran. Mit Paper Gods veröffentlichen die New-Wave-Popstars ihr erstes Studioalbum seit fünf Jahren. Für die mit Gesellschaftskritik gespickte Single Pressure Off konnten die vier schmucken Herren Funk-Gitarrist Nile Rodgers von Chic als Produzenten gewinnen. Wie sie selbst den Druck rausnehmen, verrieten Sänger Simon Le Bon und Drummer Roger Taylor beim äußerst entspannten Interview in London.

SIMON, ROGER, IN DER NEUEN DURAN-DURAN-SINGLE HEISST ES: ITS TIME TO TAKE THE PRESSURE OFF! LUSTIG, SO EINEN SATZ VON EINER BAND ZU HÖREN, DIE SICH SELBST GANZ VIEL DRUCK MACHT!

Simon: Druck? Das musst du jetzt aber erklären!

Roger: Wieso? Ich glaub, sie hat Recht! (lacht)

DURAN DURAN SIND DOCH STETS BEMÜHT, MIT DEM ZEITGEIST ZU GEHEN. DAS ZEIGT SICH AUCH AN DER GÄSTELISTE EURES NEUEN ALBUMS: FÜR PAPER GODS HABT IHR U.A. MIT NILE RODGERS, MARK RONSON, MR. HUDSON, JANELLE MONÁE, KIESZA UND LINDSEY LOHAN ZUSAMMENGEARBEITET.

Simon: Du glaubst also, dass sich das nach Druck für uns anfühlt? Nein! Modern zu klingen liegt in der DNA von Duran Duran! Wir hatten immer schon ein Gespür dafür, was sich rhythmisch, harmonisch, melodisch und textlich cool anhört. Wobei uns diesmal maßgeblich Ben Hudson unterstützt hat, den richtigen Sound zu finden.

Roger: Ben fragte im Studio immer: Was würde Kanye tun? Denn er hat ja vorher mit Kanye West gearbeitet. Manche Bands sind vielleicht glücklich damit, das zu machen, was sie schon vor 35 Jahren gemacht haben wir aber nicht!

SEID IHR DENN IMMER NOCH DIE WILD BOYS?

Simon: Wild oder mild das ist hier die Frage! Das müssen eigentlich andere entscheiden. Ich halte mich allerdings für ein scharfes Teil! (lacht)

IHR SEID MITTLERWEILE MITTE 50 UND SEHT TOP AUS. DENKT IHR NICHT, DASS ES BEI EINEM NORMALEN 50-JÄHRIGEN DRUCK AUSLÖSEN KÖNNTE, WENN ER EUCH SO SIEHT?

Simon: Ich werte das als Kompliment! Roger, du siehst übrigens echt großartig aus!

Roger: Danke! Wir sind allerdings nicht verantwortlich dafür, wie andere aussehen! (lacht)

ABER IHR ALTERT SCHON RÜCKWÄRTS, ODER?

Simon: Ach, das wäre schön! Aber weißt du, wir nehmen unseren Job ernst. Wir sind realistisch. Die Leute legen leider sehr viel Wert auf unsere visuelle Erscheinung. Und an der müssen wir arbeiten. Denn ich will ja auf die Bühne mit so viel Selbstbewusstsein wie möglich gehen. Und das bedingt nun mal möglichst gut auszusehen!

Roger: Ein bisschen Dankbarkeit müssen wir auch unserer deutschen Fotografin Stephanie Pistel erweisen, die unglaublich gute Bilder von uns gemacht hat! Aber wir machen den Job schon so lange, wir haben uns auch an gewisse Pflichten, um unsere Körper zu stählen, gewöhnt.

Simon: Und wir unterstützen uns gegenseitig: Wenn eine Fotosession ansteht und ich merke, dass Nicks Körper geradezu geschrumpft ist, lobe ich ihn mit einem: Gut gemacht!

GIBT ES EINE ART WETTBEWERB INNERHALB DER BAND, SO NACH DEM MOTTO: ICH BIN DÜNNER ALS DU?

Roger: Ja, so ungefähr!

Simon: Wir haben ein Bild in unseren Köpfen, wie Duran Duran auszusehen hat. Und weißt du, was ich nicht ausstehen kann? Wenn ich alte Fotos von uns sehe und denke: Oh, wie schlank wir doch damals waren! Echt jetzt, das zieht mich runter.

Roger: Deshalb besagt das Manifest der Band, mit 55 so gut auszusehen wie möglich. Dann kann man sich zumindest nichts vorwerfen.

EUER KEYBOARDER NICK HAT EINE FIRMA GEGRÜNDET, DIE EINE GESICHTSCREME NAMENS GENE U HERAUSBRINGT, DIE EIN WAHRER JUNGBRUNNEN SEIN SOLL!

Simon: Es scheint zu funktionieren, Nick ist ein schöner Mann!

Roger: Wir warten schon eine ganze Weile auf die kostenlosen Probepackungen. Her damit, Buddy! Aber er will wohl alleine schön sein.

WENN IHR DANN DOCH MAL DRUCK VERSPÜRT, WAS MACHT IHR DANN?

Simon: Es hilft auf jeden Fall nicht, in einen Club zu gehen und sich hemmungslos zu besaufen. Es geht eher um die Art, wie du das Leben betrachtest. Ein Anfang ist, dass Mobiltelefon einfach mal auszuschalten.

Roger: Und voll in dem Moment zu leben. Das ist vermutlich der Schlüssel zu allem. Ich befehle mir gerade jetzt, jede Minute zu genießen. Denn wir haben einen vollen Terminplan für den Rest des Jahres.

Simon: Ich fühle gar keinen Druck und genieße unser Gespräch. Ich erinnere mich an früher, wo ich auch mal unwirsch werden konnte. Aber heutzutage fühle ich mich glücklich, diesen Job machen zu können. Und ein Teil davon ist, ihn auf entspannte Art zu machen. Ich war nicht mal mehr nervös, als wir vor ein paar Tagen zum ersten Mal seit Ewigkeiten vor 10.000 Leuten in Barcelona aufgetreten sind. Und das fühlt sich wiederum gut an.

AUF DER LETZTEN TOUR WAR DEINE STIMME PLÖTZLICH WEG, DURAN DURAN MUSSTEN VIELE KONZERTE ABSAGEN. HAST DU WIEDER SELBSTVERTRAUEN?

Simon: Ja, sie ist wieder voll intakt. Und ich habe mir Techniken angeeignet, um besser singen zu können.

GANZ SCHÖN SPÄT, SO NACH 37 JAHREN!

Simon: (lacht) Ja, spät, sehr spät! Aber es ist auch cool, weil es bedeutet, dass ich immer noch dazulerne. Ich will gut singen, ich will eine gute Körperhaltung dabei haben. Aber das funktioniert alles nur, wenn ich den Druck rausnehme. Nach meinem Stimmaussetzer habe ich viel gelernt, was das Relaxtsein, Selbstbewusstsein und Glücklichsein angeht. Ich mag mich selbst heute mehr. Und das bedeutet wiederum, dass ich andere Leute mehr mögen kann. Kling verrückt, aber ja, ich fühle mich so viel besser als noch vor fünf Jahren.

WAS LIEF DENN VORHER FALSCH?

Simon: Ach, da waren wohl einfach Unsicherheiten, die man seit Kindheitstagen mit sich herumschleppt. Aber ich habe mir erlaubt, die abzuschütteln.

Roger: Das ist aber auch eine Sache des Alterns. In seinen 50ern zu sein, ist eine ziemlich tolle Zeit. Andere finden das alt, aber ich finde das ziemlich super. Du kannst auf dein Leben zurückblicken und siehst die ganze Reise. Ich würde gerade um nichts in der Welt etwas ändern wollen.

NUN GIBT ES DURAN DURAN SCHON 37 JAHRE. FÜHLT ES SICH AUCH SO AN?

Simon: Nein, es ist, als hätten wir die Band gestern gegründet!

Roger: Die Dekaden zogen so schnell vorüber!

Simon: Aber das ist das Schöne daran: Wir haben mittlerweile einen Status, so dass ich mir keine Sorgen mehr darum mache, ob wir cool sind oder ob die Leute uns mögen. Weil ich weiß, dass die Musik gut ist, dass wir als Band eine tolle Geschichte haben und unseren Platz verdienen. Wir müssen uns nicht verstellen. Und diesen Unterschied hört man der neuen Platte auch an.

*Interview: Katja Schwemmers

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