Heute erscheint ihr neues Album!

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Alles hätte schiefgehen können! Einfach nur, weil eines ihrer zauberhaften neuen Lieder das Publikum fast zum Lachen brachte. Gott sei Dank konnten sich alle noch zusammenreißen – denn auch nur ein Laut hätte die Aufnahme ruiniert. Doch genau dieses Risiko wollte Anna Depenbusch mit ihrem neuen Album „Echtzeit“ eingehen: Sie wollte jeweils eine Seite einer Schallplatte, alle Lieder in einem Rutsch und ohne Pause aufnehmen – in Echtzeit eben. Jeweils zwei Mal spielte sie die A- und B-Seiten ein, und am nächsten Tag ist Anna glücklich über das Ergebnis, aber noch immer ganz durch den Wind von der Erfahrung.

Es sich so schwer zu machen, das war also wirklich deine Idee?

(lacht) Ja, ich wollte das so. Ich habe schon ein paar Alben gemacht und ich merke immer, dass sich die Lieder live für mich besser anfühlen. Aber ich wollte keinen Konzertmitschnitt machen – ich wollte eine Studioaufnahme, die trotzdem dieses Adrenalin hat.

Es ging also darum, dass du so viele Lieder mit so unterschiedlichen Emotionen am Stück aufnimmst? Du hättest ja trotzdem jeden Song als einzelnes Take machen können …

Ich fand diese Lebendigkeit so spannend. Aber natürlich ist es anders als ein Konzert, wo du den Moment des Applauses hast, in dem der Druck abfallen kann. Das fehlte wirklich, und das war auch für mich neu.

Warum hast du dich nur für ein Klavier entschieden und keine weitere Begleitung?

Weil ich dann so unglaublich frei bin. Was mir Spaß macht! Dass ich allein so ganz in die Emotion hineinschwelgen kann.

Die Aufnahmen an sich waren ja schon ein spannendes Unterfangen. Doch warum hast du dir noch ein kleines Publikum ins Studio eingeladen, das ja ein weiteres Risiko darstellt? Die Leute hätten eine Erkältung haben können – oder sie hätten eben vielleicht wirklich losgelacht …

Ich wollte doch jemanden da haben, für den ich das mache! Einer der Gäste ist sogar nicht gekommen, weil er wirklich sehr erkältet war, der hat sich nicht getraut. (lacht) Und ich fand es schön, dass ihr als Publikum dabei wart und auch erleben konntet, wie sich so eine Aufnahme wirklich anfühlt.

Normalerweise dauert die Arbeit im Studio ja sehr lange. Ich nehme an, so schnell hast du noch nie ein Album eingespielt. Willst du das jetzt immer so machen?

(lacht) Ich weiß nicht. Es macht total Spaß, das so durchzuziehen, aber man kann es gar nicht mit einer normalen Aufnahme vergleichen. In einer normalen Produktion bist du wie ein Maler, man kreiert, ergänzt, Spur um Spur wird wie Schicht um Schicht aufgetragen. Beides hat seine eigene Ästhetik. Ich finde einen kleinen Minimalismus jedoch gerade ganz zeitgemäß – ohne dass das Prächtige fehlt: Gefühle sind das Prächtigste, was wir haben, deswegen braucht man gar nicht so viel. Nur starke Gefühle.

Dazu passt dann auch das Risiko der möglichen Fehler – sonst hättest du ja gleich wie immer aufnehmen können.

Total! Das soll die Stärke dieser Aufnahme sein. Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Leute nicht mehr unterscheiden können, was Wirklichkeit ist und was nicht, ob bei Fake News oder der Frage, ob ein Foto bearbeitet wurde. Realitäten verschwimmen. Es gibt ja sogar einen Trend bei Künstlern, die sagen, da müssen Fehler rein. Und ich glaube, dass uns das guttut – wieder mehr Kanten zu sehen. Ich würde es dann auch gar nicht mehr Fehler nennen, das ist Lebendigkeit, das sind einfach Augenblicke. Es werden so viele Dinge für die Ewigkeit und das Archiv gemacht, für eine perfekte Biografie. Aber das Leben ist wirklich anders …

Und in deinen Liedern geht es ja um das Unperfekte im Leben.

Auf jeden Fall. Und das ist absolut erzählenswert!

  *Interview: Christian K. L. Fischer

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