EXKLUSIV: Troye Sivan im Gespräch

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Viele Kinder und Jugendliche in Australien sind praktisch mit Troye Sivan aufgewachsen. Schon 2006, da war er gerade elf, sang er in der TV-Show Australian Idol, und auch zu einer Rolle inX-Men Origins: Wolverine brachte es der Kinderstar bereits. Angesagt ist er ebenfalls im Netz: Sivans 2012 gestarteter YouTube-Kanal hat inzwischen vier Millionen Abonnenten.

Und das ist alles erst der Anfang. Mit seinem melodisch-verträumten Elektro-Synthie-Pop steht Troye Sivan am Anfang einer großen Karriere, sein erstes Album Blue Neighbourhood steckt voller kluger, hochpersönlicher Hits Vergleiche mit der gleichaltrigen Lorde (Royals) sind naheliegend und zutreffend. Aber nicht nur musikalisch verdient der in Südafrika geborene, im australischen Perth aufgewachsene und dort lebende Troy allen Respekt. Auch wie er mit seiner Homosexualität umgeht, ist stark: nämlich sehr offen. Wir haben Troye Sivan in Chicago angerufen.

DU SINGST UND SCHAUSPIELERST SEIT DEINER KINDHEIT. FÜR DEINE ELTERN WAR ES WAHRSCHEINLICH KEINE ÜBERRASCHUNG, DASS DIE KUNST NUN DEIN BERUF IST.

Nee, echt nicht. Keinen hat das überrascht. Ich mache eigentlich noch das Gleiche wie früher, nur der Maßstab ist größer. Als ich zwölf oder so war, hieß es: Wow, Troy tritt in Sydney auf.

DU WARST EINE ART KINDERSTAR IN AUSTRALIEN. WIE KAM DAS?

Ich weiß gar nicht mehr, wie die mich eigentlich gefunden haben. Ich weiß nur noch, dass ich so mit zehn, elf Jahren im Fernsehen bei einer Show namens Telethon auftrat. Vorher schon war ich bei Talentshows, habe Sachen in meiner Schule gemacht, bin bei Unternehmensfeiern aufgetreten.

HATTEST DU EINE SCHÖNE KINDHEIT?

Ich hatte eine wundervolle Kindheit. Ich bin definitiv recht schnell erwachsen geworden, weil ich schon seit vielen Jahren arbeite. Ich wusste, dass ich ins Showgeschäft wollte, und um dort ernst genommen zu werden, musst du früh so tun, als wärst du schon ein Mann. Ich war und bin also diese Mischung: reif bei der Arbeit und ziemlich verpeilt im sonstigen Leben.

WANN HAST DU FESTGESTELLT, DASS DU GUT BIST IM SONGSCHREIBEN?

Ich habe immer vor mich hergeschrieben, aber ich dachte nie: Wow, ich bin Songwriter. Das kam erst während der Arbeit an dem Album, als ich merkte, dass andere Songschreiber ganz ähnlich arbeiteten wie ich, und dass es keine festen Regeln gibt, wie man ein Lied komponiert. Das ist eine sehr freie Kunstform. Was zählt, ist das Ergebnis.

WAS FÜR EIN ERLEBNIS SCHILDERST DU IN WILD?

Frisches Verlieben. Vielleicht das zweite Date, oder auch das allererste. Wenn du aufgeregt bist und alles noch so leicht und locker ist.

IN BITE GEHT DIE GESCHICHTE DANN WEITER? DA WIRD JA SCHON GEKÜSST UND AUCH EIN BISSCHEN GEBISSEN.

Bite handelt davon, wie ich zum ersten Mal in einen Schwulenklub gegangen bin. Ich war neugierig und hatte Herzklopfen, aber auch ganz schön Angst. Ich wollte dabei sein in dieser Welt, ich habe die Erfahrung aber auch irgendwie gescheut.

Foto: M. Rädel

UND WIE WAR ES DANN?

Geil. Ich hatte einen super Abend.

WANN UND WO WAR ES GENAU?

Das war in Kapstadt. Ich war 16.

UND SEITDEM GEHST DU OFT IN DIE SZENE?

Hin und wieder. Vielleicht alle drei Monate mal.

WIE LIEF DAS COMING-OUT MIT DEINER FAMILIE?

Super. Keine Ahnung, ob die überhaupt noch überrascht waren. Aber es war wirklich eine ideale Erfahrung, meine Familie hat das total akzeptiert und unterstützt und kein großes Ding daraus gemacht.

WIE VIEL SPÄTER HAST DU DICH DANN ÖFFENTLICH GEOUTET?

Auf Youtube habe ich das anderthalb Jahre danach öffentlich gemacht. Auf mein privates Coming-out bekam ich ausschließlich positive Reaktionen, also dachte ich, ich erkläre mich auch den anderen gegenüber. Ich wollte mich auch im Netz nicht mehr verstecken und verleugnen. Ich fand das nicht fair.

WIESO NICHT FAIR?

Für viele Kids ist das Internet der Ort, wo sie auf Verständnis und Gleichgesinnte treffen. Bei mir war das auch so. Bevor ich mit irgendjemandem über Homosexualität gesprochen habe, habe ich mir Coming-out-Videos angeschaut und sehr viel recherchiert. So war es für mich richtig und wichtig, meine eigene Geschichte mit meinem Online-Publikum zu teilen.

DU BIST SO ALT WIE JUSTIN BIEBER UND EBENFALLS POPSÄNGER. HAST DU DENNOCH DAS GEFÜHL, IHR LEBT IN VERSCHIEDENEN WELTEN?

Ja und nein. Ein Bieber erreicht unbeschreiblich viele Leute mit seiner Musik und seinem Zeugs. Wenn ich die Hälfte seiner Fans hätte, wäre ich überglücklich. Ich könnte allerdings auf dieses extreme In-der-Öffentlichkeit-Stehen verzichten. Ich bin auch nicht heiß darauf, dass im Internet plötzlich Nacktfotos von mir auftauchen. Da tut er mir schon leid, das sind Auswüchse, die nicht in Ordnung sind.

*Interview: Steffen Rüth

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