Kelvin Jones im Interview

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Foto: Jens Koch

20 Jahre alt, halbes Leben in Simbabwe, halbes Leben in London, und das Debütalbum Stop the Moment mit dem Produzenten Tobias Kuhn (Leslie Clio, Adel Tawil) in Berlin aufgenommen. Das ist Kelvin Jones, der kommende Meister des gefühlvollen, eleganten Bluesgitarrenpopsongs.

KELVIN, DEIN ALBUM HÖRT SICH ÜBERHAUPT NICHT AN WIE DAS DEBÜT EINES 20-JÄHRIGEN.

Ist das gut oder schlecht?

GUT. DU SPIELST GITARRE UND SINGST, ALS WÜRDEST DU DAS SCHON EWIG TUN. DU ERWECKST DEN EINDRUCK EINES FRÜHVOLLENDETEN.

Dankeschön. Ich frage mich auch, woher das kommt. Ich spiele erst seit fünf Jahren Gitarre und komponiere. Wahrscheinlich klingt meine Musik deshalb so reif, weil ich fast gar nichts andere mehr mache als Musik. Schon in der Schule habe ich mich in jeder Pause in den Musikraum verkrümelt, habe versucht zu verstehen, wie ein Klavier funktioniert, habe geübt zu komponieren. Das war schon fast eine Sucht, eine Krankheit. Songs sind für mich wie Schmetterlinge. Sie sind so schön, man will sie fangen, und doch fliegen sie immer wieder weg. Den perfekten Song gibt es glaube ich gar nicht.

FÄLLT DIR DAS SCHREIBEN LEICHT?

Mal mehr, mal weniger. Lieder sind wie Busse. Manchmal kommt ewig lang keiner. Und dann kommen gleich fünf Stück direkt hintereinander. Man kann sich nicht auf seine Ideen verlassen, doch wenn eine vorbeikommt, sollte man sie festhalten.

DU VERMISCHT EIN BISSCHEN ROCK MIT VIEL BLUES UND POP. BESONDERS HIP KLINGT DAS JA ERSTMAL NICHT. BIST DU EINE ALTE SEELE?

Das denken immer alle, und die Vermutung liegt auch nah. Aber ich bin eigentlich ein ganz normaler, moderner 20-jähriger Junge. Ich höre auch gerne House Music und gehe in die Clubs, in die alle gehen, ich ziehe mich auch nicht besonders retro an. Und ich fahre kein altes Auto, sondern U-Bahn. Als wir das Album aufnahmen, habe ich extra darauf geachtet, dass es nicht zu alt klingt. Denn manchmal komme ich mit Songs um die Ecke, bei denen sogar ich denke Mann, das hätte jetzt auch ein 50-Jähriger schreiben können. Ich denke, ein Teil von mir ist ein alter Blueskerl, der andere Teil ist 20.

WOHER HAST DU DEINEN MUSIKSTIL?

Mein absoluter Lieblingsmusiker ist John Mayer. Der hat mich mehr geprägt als jeder andere. Ich liebe auch B.B. King oder Michael Jackson, doch die Weise, in der Mayer Pop und Blues verwebt, begeistert mich seit jeher ganz extrem. Als ich vor fünf Jahren meine Gitarre von einem Freund meines älteren Bruders bekam, war mein größtes Ziel, eines Tages Johns Song Your Body is a Wonderland nachspielen zu können.

KENNT IHR EUCH PERSÖNLICH?

Nein, ich würde in Ohnmacht fallen, wenn ich in träfe (lacht). Ich habe ihn immerhin schon live gesehen, vor anderthalb Jahren in der O2-Arena in London. Ich war noch auf der Uni, und das war überhaupt das allererste Konzert meines Lebens. Und dann gleich John Mayer! Nach diesem Abend war ich mir sicher, dass ich auch Musiker werden wollte. Ich konnte an nichts anderes mehr denken.

WAS HAST DU STUDIERT?

Bauingenieurswesen. Wir sind eine Familie von Bauingenieuren. Mein Vater ist Bauingenieur, wir stammen ursprünglich aus Simbabwe und sind wegen der besseren beruflichen Perspektiven meines Vaters nach London gezogen, als ich zehn Jahre alt war. Mein älterer Bruder ist auch Bauingenieur, und als ich an die Uni kam, naja, ich habe es meinen Eltern zuliebe getan.

DIE BEGEISTERUNG BEI EUCH ZUHAUSE WIRD ÜBERSCHAUBAR GEWESEN SEIN, ALS DU DEINEN ELTERN SAGTEST, DASS DU DAS STUDIUM ABBRICHST, UM MUSIKER ZU WERDEN?

Wir haben uns einen Monat lang wirklich übel gestritten, Ich hatte ja auch noch keinen Plattenvertrag oder irgendeine wirkliche Perspektive. Es war bloß so, dass mein Song Call You Home sehr angesagt war auf dem Onlineportal Reddit.com und von dort aus seine Runden machte. Als meine Eltern spürten, wie ernst ich es meine mit der Musik, schwenkten sie um und unterstützen mich voll. Ich wohne jetzt auch wieder Daheim, da können sie ein bisschen auf mich aufpassen.

*Interview: Steffen Rüth

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