„Ich lebe auch selbst gerne mit den Dingen, die ich schaffe“

by

Foto: Laurent Burst

Über den Designer berichteten wir schon mehrmals. Gründe genug liefert er ja auch: immer wieder neue und spannende (Design-)Projekte. Wir chatteten mit dem in Berlin-Wedding lebenden Kreativen unter anderem über die Rückkehr eines Designklassikers und seine jüngste Kooperation mit dem Latexlabel S.A.R. 

Ernst Moeckls Design-Klassiker, der Z-Stuhl aus den 1970ern, feiert 2019 sein Comeback. Inwiefern bist du daran beteiligt und wie kam es dazu?

Ich habe für den Hersteller der Stühle eine Kollektion an Farben komponiert: Olivgrün, Cyan, Violett und Magenta. Der Kontakt kam über meinen Marketing-Manager zustande, der sich unter anderem um das „heavytool.berlin & heavytool.gear“-Instagram kümmert. Da ich eine große Zahl der Stühle aus alter Produktion selbst besitze und über die Jahre erworben und aufgearbeitet habe und diese auch bei der Kooperation mit dem Teppich-Label RUG STAR teilweise zu sehen waren, für das ich 2018 einen Teppich designt habe, wurden sie auf mich aufmerksam.

Bei einem Treffen in meinem Berliner Studio haben wir dann festgestellt, dass wir beide sehr stark für diese Design-Ikone brennen, und direkt beschlossen, ein Projekt zusammen zu starten. So kam es, dass ich für diesen Klassiker Farben ausgesucht habe, die für verschiedene Stimmungen stehen, die ich mit dem Stuhl verbinde. Wir hatten dann zusammen den ersten Messeauftritt dieses Jahr auf der IMM in Köln: „an icon is back“. Im Frühsommer ist auch ein erster Event in einem Store in Berlin-Mitte geplant, auf dem ich die Stühle und meine Farben vorstellen werde.

Foto: HEAVYTOOL

Obwohl in Ulm entwickelt, denken viele bei dem Stuhl an die DDR …

Ob das viele denken, weiß ich nicht, aber der Stuhl taucht in Berlin oft auf, da er im Osten sehr beliebt war, was ja toll ist. Zudem leben hier unzählige Kreative und man findet den Stuhl in vielen Wohnungen wieder, da er einfach ein schöner Klassiker ist und sehr bequem.

Die neu produzierten Z-Stühle – sowohl mit als auch ohne Lehne – kommen dann upgedated auf den Markt, der Größe heutiger Personen angepasst für optimalen Komfort. Und in einer Lackqualität, die atemberaubend ist. Der Stuhl ist unter anderem auch outdoor-geeignet und sehr robust. Ein Möbelstück das in Deutschland (Chemnitz) teils in Handarbeit hergestellt wird und Eindruck macht – in jeglicher Hinsicht.

Ich war sehr beeindruckt bei der ersten Werksführung im letzten Herbst, vor allem, was die Qualität der Verarbeitung angeht, da ich bei meinen eigenen Produkten für HEAVYTOOL genau darauf sehr viel Wert lege und alles regional produzieren lasse, in und um Berlin.

Wie entstehen deine Möbel und Objekte, wo holst du dir deine Ideen?

Ich habe meist spontan eine Idee, und die ersten Skizzen kommen in mein rotes Moleskin, das ich immer bei mir habe. Wenn ich mich hinsetze und versuche, etwas Neues zu entwickeln, passiert bei mir meist gar nichts. Ich brauch alltäglichen Input. Also besteht meine Arbeit oftmals darin, mich spontan in den Flieger zu setzen und meine Tage in Europas Städten bei Freunden zu verbringen. Museen besuchen, durch die Straßen schlendern die mannigfaltigen Kulturen Europas zu konsumieren … Und auf einmal macht es „klick“ und ich habe eine Idee, oder mich inspiriert etwas durch Zufall und ich entwickle das im Kopf dann direkt weiter.

Ich verbringe momentan viel Zeit in Barcelona, London, Prag, Mailand und Paris bei Freunden, fühle mich dort auch sehr zu Hause und lasse mich von der Energie der Städte inspirieren!

Ich bin sehr dankbar, Europäer zu sein und mich so spontan und frei bewegen zu können, zudem selbst in einer Metropole wie Berlin zu leben, die es mir ermöglicht, innerhalb weniger Stunden an einem ganz anderen Ort den Tag zu verbringen. Ich habe den Flughafen ja quasi vor der Haustür mit Tegel! Manche Objekte/Ideen gehe ich dann sofort an, andere bleiben Monate oder Jahre liegen, bis ich sie weiterentwickle. Dann mache ich meist weitere Zeichnungen im Büro oder ein Modell im Atelier. Danach kommen Fachzeichnungen für das Werk oder den Fabrikanten zur Produktion eines Prototyps. So entstehen meine eignen Produkte. Mir sind dann der Austausch und eine gute Zusammenarbeit mit den Profis sehr wichtig: mit dem Tischler, Lackierer oder Metallbauer, damit am Schluss die beste Qualität erzielt wird für das Designobjekt oder Möbel.

Bei Produkten für andere Marken mache ich Entwürfe und man bespricht dann die Details, Qualität und Feinheiten für die Fertigung.

Foto: A. Fux

Hast du denn ein Lieblingsmöbelstück?

Eines? Nun ja, das wechselt bei mir immer wieder. Momentan ist das ein Teppich, den ich sogar selbst entworfen habe für meinen Freund Jürgen Dahlmanns. Hätte ich auch nie gedacht, aber der RUG STAR-Teppich Tape-01 hat mich schwer beeindruckt, als er in Berlin ankam. Damit waren wir 2018 in Paris auf der Maison & Objet zusammen und er wurde direkt am ersten Messetag das erste Mal verkauft. Die Arbeit ist insgeheim eine Hommage an meinen besten Freund Lolo, der es liebt, mit Gaffa Dinge zu verpacken und zu bekleben. Er hat mich damit irgendwann angesteckt und ich beklebe seitdem auch alles mit bunten Gaffas, was mir in den Weg kommt. Das ist schon toll, wenn man Objekte schafft, die andere Menschen happy machen und ein Teil ihrer Welt werden. Dafür lebt man ja als Designer. Und ich lebe auch selbst gerne mit den Dingen, die ich schaffe. Eigentlich bin ich, was das angeht, dann doch eher untreu mit der Liebe: So viele schöne Objekte, ich kann mich da schwer festlegen auf ein Lieblingsstück.

Apropos untreu: Gerade startete deine Zusammenarbeit mit einem jungen Fetischmodelabel.

Haha, ja, ich gehe fremd und schau mal in der Modewelt vorbei auf ein Date. Ich mach das wie Lagerfeld, der dann irgendwann angefangen hat, nebst Modedesign zu fotografieren. Toll, sich in anderen Gebieten auch zu entwickeln, zu lernen und sich kreativ auszutoben. Mal was ganz anderes als Aluminium- und Betonobjekte auf Maß. Mein bisher exotischstes Projekt, wie ich finde. Mein lieber Freund Sven Appelt hat ein eigenes Latex-Label gegründet, weil er sich auch weiterentwickeln wollte mit seiner Arbeit und vor allem der Qualität, da er damit nicht weiterkam im alten Unternehmen. Ich hatte ihn ins Bauhaus nach Dessau eingeladen, für ein paar Tage Klausur und Brainstorming, um Ideen zu entwickeln für seine neue Firma. Dabei kam mir dann die Idee, selbst eine Kollektion zu entwerfen für ihn unter meinem Brand HEAVYTOOL. Die Idee haben wir dann weiterentwickelt und ich habe eine erste Kollektion entworfen, die zum Osterwochenende im April auf den Markt kam – exklusiv erhältlich in seinem Store in Berlin-Schöneberg und in seinem Online-Store www.sar.berlin.

Foto: S.A.R.

Was macht deine Kollektion besonders?

Nun, ich arbeite verstärkt mit meinem Logo und den vier HEAVYTOOL Streifen, also wird das Ganze etwas sporty und prollig. Da schwirrt ja viel Nachgemachtes auf dem Markt rum, von bekannten Sportmarken, was es nicht wirklich in Latex gibt. HEAVYTOOL kommt damit jetzt auf den Markt und ist original! Die Hauptfarbe der ersten Kollektion ist ein Olivgrün in Kombination mit Orange. Wahlweise auch in Schwarz oder Weiß. Ich mag Details, und so wandert zum Beispiel das Size-Label bei einigen Teilen mit nach außen in einer Akzentfarbe und gehört zum Design dazu. Ich bin schon an der nächsten Kollektion mit Skizzen, während in Svens Atelier gerade die aktuelle und erste Kollektion entsteht. Ich finde das superspannend und habe so viele Ideen dazu.

Trägst du solche Mode?

Ich trage eher Sports Gear, da sind wir parallel ebenfalls dran, eine erste Kollektion zu entwickeln, aber als eigenständige Marke von HEAVYTOOL: HEAVYTOOL GEAR. Ich habe eigentlich keinen Fetisch, finde das Material Latex aber superspannend und werde das bestimmt auch mal anprobieren, klar!

Die Bilder dazu macht ein weiterer Berliner Künstler, Andreas Fux. Ihr seid Freunde, oder?

Ja, wir kennen uns schon ein paar Jahre, gehen gerne mal ins Borchardt zusammen essen und haben uns ursprünglich über seine Arbeit kennengelernt, da ich ein großer Fan seiner Bilder bin und mehrere Arbeiten von ihm besitze. Über Fux ergab sich zudem der erste Kontakt mit Sven und es ist spannend, dass wir uns kreativ gegenseitig ergänzen und an den Projekten alle zusammen mitwirken. Auch freundschaftlich sind wir alle füreinander da, so richtig Berlin halt.

Wie ist die Zusammenarbeit mit ihm?

Er ist Profi, Urberliner, sehr spontan und hat den richtigen Blick für sein Werk … also immer spannend, inspirierend und etwas crazy! Toller Typ.

*Interview: Michael Rädel

www.heavytool.com

Back to topbutton