Lockdown-Interview

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Rolando von der Bar Rauschgold war bereit, mit uns über seine Sorgen zu chatten. Kennen wirst du ihn auch als Miss Pan Am DragAirlines, etwa aus dem Incognito oder dem SchwuZ. Auch dieser Kunst ist er beraubt.

„Ich bin gleich mehrfach von der Pandemie betroffen ... Als Barmensch und als Bühnenkünstler, aber auch in meinem Job als Hair and Make-up Artist bleiben die Aufträge aus“, verriet er uns. „Es ist ein heikles Thema, es ist eine beschissene Zeit, für uns alle. Im Großen und Ganzen spreche ich hier für mich: Ich verstehe, dass man Maßnahmen treffen muss, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen.“

Angesprochen auf das Auseinanderdriften der Gesellschaft wird er kritisch: „Ich verstehe nicht, warum nicht alle (Politiker und das Volk) am gleichen Strang ziehen (wollen/können). Ich fühle mich nicht meiner Freiheit beraubt. Ich konnte bisher sämtliche geforderten Anforderungen akzeptieren und umsetzen, die ein (eingeschränktes) Weiterarbeiten ermöglicht haben.“

Was vermisst er privat? „Am Ende fehlt mir der nette Abend in der Bar mit all den Stammgästen, die eventuell wegen mir und meiner Art gerne wiederkommen; mit den neuen Gästen, die auf Empfehlung oder per Zufall bei mir in der Bar landen und gerne verweilen; das lockere Gespräch am Tresen, das tröstende Wort für den Leidgeplagten oder einfach nur der Moment, wenn aus einem normalen Abend eine wilde, feuchtfröhliche Nacht mit Gästen, Freunden und der Wahlfamilie wird – unbezahlbar!“

Foto: P. Dobias

Auch als Dragqueen trifft ihn der Lockdown. „Als Bühnenkünstler ist es ähnlich: Keine Shows bedeuten natürlich nicht nur keine Gage, kein Applaus, keine Menschen, die mit fröhlichen Gesichtern vor dir sitzen und einfach mal für eine gewisse Zeit den Alltag vergessen, kein Gefühl von Erfolg, mit meiner darstellenden Kunst Menschen begeistert zu haben. Neben den enormen finanziellen Einbrüchen kommen aber noch andere Probleme auf: Kreativitätsstau, Existenzangst, weil: ‚Wo soll das alles noch hinführen?‘ Und ganz gravierend, wenn ich mich sowohl bei Barkollegen als auch bei Showkollegen umhöre: Das Thema Depression wird immer hörbarer, selbst bei mir ... Die Kunst- und Kulturszene ist ein Organismus für sich, der sehr stark angeschlagen ist, und ich befürchte, dass wir bisher nur die Spitze des Eisbergs sehen. Dennoch möchte ich nicht Teil des Problems sein, sondern weiterhin Teil der Lösung ... Solange ich noch die Kraft dazu habe.“

www.facebook.com/berlindragqueen


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