„Hanau tickt anders“

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Foto: bjö

Seit gut neun Jahren sorgt der Verein Queer Hanau für Sichtbarkeit der LGBTIQ*-Community in der Region. Wir haben mit der ersten Vorsitzenden Mascha Jung sowie mit Christiane Brzoska vom Verein über ihre Arbeit und deren Bedeutung außerhalb von großen Metropolen gesprochen.


Für Nicht-Hanauer klingt es erst einmal erstaunlich, dass Hanau in unmittelbarer Nähe zu Frankfurt einen eigenen Queer-Verein hat; was macht Queer Hanau so bedeutend für die Region?

Hanau tickt anders als die Großstadt und die Umgebung ist teils noch sehr ländlich. Personen aus dieser Umgebung fühlen sich in der Großstadt Frankfurt nicht unbedingt wohl. Auch der Fahrtweg ist nicht zu unterschätzen. Daher sollte in Hanau eine Anlaufstelle geschaffen werden, um unsere Interessen vor Ort zu vertreten und die Gemeinschaft und die Community stärken.

Die Vielfalt in Hanau soll durch den Verein Queer Hanau ergänzt werden. Der Verein ist ein organisiertes Dach für Interessengruppen mit queeren Themen aus Hanau und dem Main Kinzig Kreis bis in die Wetterau, den Vogelsberg und nach Seligenstadt oder Rodgau.

Wie und wann habt ihr Queer Hanau gegründet und was war eure Motivation

Alles begann mit den „Verspielten Frauen“. Mascha Jung wollte als Hanauerin in Abgrenzung zur Szene in Frankfurt lesbischen Neubürgerinnen eine Anlaufstelle in Hanau schaffen. Die Verspielten Frauen trafen sich auch zu Wanderungen und einer Kanutour – denn wenn man zusammen etwas unternimmt, lernt man sich ungezwungen kennen. Schon damals bestand die Gruppe auch aus Transfrauen und Tomboys. Aus den anfangs unregelmäßigen Veranstaltungen entstand der Wunsch, sich in Hanau zu engagieren, die Community sichtbar zu machen und Diskriminierung abzubauen.

Dabei wollte man keine Gruppe der LGBTIQ*-Community ausschließen und tat sich daher mit den „Jungs“ vom Gay Point zusammen, die sich auch im Szenetreff Brückenkopf trafen. So entstand im November 2011 der Verein Queer Hanau.

Die Mitglieder wollten nicht immer nach Frankfurt fahren, um die Szene zu besuchen. Auch besteht in Hanau und Umgebung ein anderer Beratungsbedarf und die Diskriminierung insbesondere durch die ländliche Bevölkerung ist ausgeprägter. Der Verein bietet Veranstaltungen und Beratung und kooperiert mit der Stadt Hanau sowie unter anderem der AIDS-Hilfe und „Demokratie Leben“. Es war und ist uns wichtig, Sichtbarkeit auch bei den politischen Gremien in Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis herzustellen und die Community vor Ort durch gemeinsame Veranstaltungen zu stärken.

Unsere Angebote richten sich an alle Altersgruppen. Dennoch haben wir festgestellt, dass die Jugendlichen von 14 bis 21 Jahren einen eigenen Bedarf haben und andere Kommunikationswege nutzen. So haben wir eine Jugendgruppe gestartet, unterstützt durch die Stadt Hanau, die Landesfachstelle queere Jugendarbeit in Hessen und Demokratie Leben Hanau. Das erste Treffen fand coronabedingt online am 12. Juni via Skypechat statt und wird 14-tägig weitergeführt.

Foto: Queer Hanau e.V.

Welche weiteren Lösungen habt ihr im Umgang mit den Beschränkungen wegen COVID-19 gefunden?

Ganz neu haben wir Podcast Beiträge gestartet, die auf dem Kanal Prisma angeboten werden. Diese sind über unsere Website sowie über spotify, apple podcast, tunein und deezer zu hören.

Ferner können die Filme der Filmnacht auf der Website der Edition Salzgeber von allen Interessierten zuhause angesehen werden.

Welche Themen sind für die Hanauer Community momentan am wichtigsten?

Wir haben trotz Corona den IDAHOBIT* in Hanau durchgeführt. Am 15. Mai hat Queer Hanau unter Beteiligung der Hanauer Stadtvertretung das offizielle Hissen der Regenbogenfahne auf dem Marktplatz veranstaltet mit Unterstützung weiterer Vereine. Diese Aktion wurde wegen Corona live auf Instagram übertragen. Über den IDAHOBIT* wurde in der regionalen Presse vielfältig berichtet. Das ist auch ein Verdienst unserer Pressearbeit. Daneben wurden Banner an vielbefahrenen Straßen sowie am Einkaufszentrum Forum gehisst und damit Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit erreicht.

Die Anschlagsserie vom 19. Februar in Hanau beschäftigt die Community als Teil der Stadt Hanau. Wir befürchten, dass es auch uns als Randgruppe hätte treffen können. Das zeigt nämlich, dass Hanau noch Potenzial bei der Entwicklung der Vielfalt in der Stadt hat.

Wie kann man euch erreichen?

Da wir Ansprechpartner für LGBTIQ* in der Region Hanau sind, können Interessierte gerne direkt mit dem Vorstand oder über die Website Kontakt aufnehmen, auch um sich beraten zu lassen und um sich über unsere nächsten Veranstaltungen zu informieren. Bei uns werden Gespräche vertraulich behandelt. Der Schutz vor einem unbeabsichtigten Outing ist in unserer Satzung festgeschrieben.


Fragen zu Queer Hanau oder interessiert an den Beratungsangeboten und Veranstaltungen? Alle Infos gibt’s über www.queer-hanau.de

Queer Hanau – die Angebote

L-Treff (erster Mittwoch im Monat im Brückenkopf um 20 Uhr)

Gay Point (erster Mittwoch im Monat in der Marktstube 19 Uhr)

Filmnacht (letzter Freitag im Monat im Kulturforum Hanau in der Bibliothek um 20 Uhr – abwechselnd schwule, lesbische und gelegentlich Transfilme)

Beratung und Weiterleitung an kompetente Stellen 

Teilnahme an diversen Veranstaltungen, wie Weihnachtsmarkt und „Kinzigtal Total“, um aufmerksam zu machen und Diskriminierung abzubauen

Eigene Veranstaltungen, wie der Walpurgiswalk

Jugendgruppe 

Queer Hanau Podcast

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