Chor der himmlischen Heerscharen

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Foto: Paul Schimweg/bravobravo

Fast schon traditionell beehren uns Stars der queeren Kultur zu Weihnachten mit salbenden Worten. Frohes Fest!

EMMI

Liebe Leser,

der Winter ist eine Zeit, in der viele ältere Menschen den Weg in die göttlichen Gefilde beschreiten, um im Chor der himmlischen Heerscharen zu singen oder die Zimbel zu schlagen. Der Tod kommt zu uns auf verschlungenen Wegen, aber seien wir ehrlich: Die meisten alten Menschen sterben einfach, weil sie alt sind. Wer das Wunder des Lebens kennenlernen will, sollte also unbedingt Altenpfleger werden! Das einzig Schöne am Altwerden ist das Nachlassen des Augenlichts man sieht den Partner nicht mehr so gut und mit ein bisschen Glück kann man ihn auch nicht mehr erkennen. Mein Mann hat es in den letzten Jahren unseres Bühnenlebens zu einer wahren Meisterschaft gebracht, Scherze über mein angebliches Alter zu machen. Moment, kann ein Mensch mit einem erbsgroßen Gehirn es überhaupt zur Meisterschaft bringen? Wie dem auch sei: Wenn die Sonne sinkt, werfen auch die Zwerge Schatten. Was musste ich mir nicht alles anhören, egal ob meine Geburtsurkunde angeblich bei der Völkerschlacht von Leipzig verloren ging oder dass ich das Tote Meer schon gekannt habe, als es noch krank gewesen sei. Ich werde aufgrund dieser boshaften Bemerkungen des Bussi-Bärs vom Baikalsee immer wieder gefragt, wie alt ich eigentlich sei. Da halte ich es mit Coco Chanel: Eine Frau kann mit 19 entzückend sein, mit 29 hinreißend. Aber erst mit 39 ist sie unwiderstehlich. Und älter als 39 wird keine Frau, die einmal unwiderstehlich war. Man ist eben so jung, wie man sich fühlt, und ich fühle mich wie ein quellfrischer Gebirgsbach, wie ein Rehkitz auf einer Sommerwiese, wie Renate Künast auf Ecstasy.

Vor einiger Zeit sagte mein Mann zu mir: Du wirst bestimmt noch hundert Jahre alt. Worauf ich geantwortet habe: Ach mein Schatz, warum willst du Gottes unendlicher Güte so enge Grenzen setzen?

Gesegnete Weihnachten wünscht Ihre EMMI!


WILLNOWSKY

Dobri denj!

Jetzt im Winter muss ich viel an meine Kindheit in Russland denken. Ich fand es unglaublich romantisch, in der Wohnstube vorm offenen Feuer zu sitzen. Nur meine Eltern teilten meine Begeisterung nicht, sie machten mir sogar Vorwürfe. Wir hatten nämlich gar keinen Kamin!

Meine Frau Emmi und ich haben auch keinen Kamin, sondern Gasheizung. Da sitzt sie jeden Abend drauf. Gestern hab ich sie gefragt, ob ihr wirklich so kalt ist oder ob sie das nur tut, weil der Hausmeister gesagt hat, dass die Heizung leckt? Emmi hat diesen Witz gar nicht verstanden. Sie meinte, sie muss es zu Hause angenehm warm haben, sonst bekommt sie wieder ihre Winterdepression. Da konnte ich ihr nur den Ratschlag meiner St. Petersburger Großtante geben: Bei leichten Depressionen hilft ein heißes Wannenbad mit Lavendelblüten, bei schweren Depressionen ein heißes Wannenbad mit Föhn! Ich habe diesen Rat noch nicht befolgt, aber manchmal glaube ich, dass das ganze Leben wie ein heißes Wannenbad ist: Es fühlt sich gut an, aber je länger man drinsitzt, umso verschrumpelter wird man.

Also, liebe Leserinnen und Leser, genießen Sie den Winter, ehe Sie zu verschrumpelt sind.

Doswidania! Ihr Valentin Willnowsky

NOCH BIS 4.1., AN DIVERSEN SPIELTERMINEN, DIE GROSSE SCHMIDT-WINTERGALA, SCHMIDT THEATER, SPIELBUDENPLATZ 24, U ST. PAULI, S REEPERBAHN, WWW.TIVOLI.DE

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