„Ich bin der Sound der Community“

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Foto: Erwin Harbeck

Im August steht DJ James 25 Jahre hinter den Plattentellern, die für manche die Welt bedeuten. Der gebürtige Augsburger und gelernte Konditor kam 1990 zunächst als Plattenverkäufer nach München, bevor er aus seinem Hobby einen Beruf machte. Gefeiert wird am 14. August – dem Tag, an dem er vor 27 Jahren seinen Mann kennenlernte.

James, wie ging’s los mit der Leidenschaft fürs Auflegen?

Ich habe ja von Haus aus musikalische Wurzeln: Ich war bei den Augsburger Domsingknaben, meine Großmutter Sängerin am Stadttheater. Zum ersten Mal habe ich bei einem Faschingsball unserer Pfarrei aufgelegt. Nach meinem Coming-out ging ich öfter in die Kneipe Alte Münze. Als deren DJ einmal ausfiel, habe ich es gemacht und habe darauf fast jeden Samstag in Augsburg aufgelegt – für mich immer das Highlight der Woche.

Wie wurde aus der Leidenschaft eine Karriere?

Die war ja so gar nicht geplant. Damals war ich oft Gast im Klub Together. Der dortige DJ hatte mich dann mal gefragt, ob ich für ihn als Urlaubsvertretung übernehmen könnte, und hatte mir sogar die Schallplatten in der Reihenfolge hingelegt, in der ich sie abspielen sollte. Das hab ich aber nicht gemacht, sondern gleich selber gemischt. Das kam so gut an, dass ich nach dem ersten Abend fix gebucht war. Dann kamen Anfragen aus dem NY.Club, zunächst unter der Woche, oder auch in der „Mühle“ im Bayerischen Wald. Im Soul City habe ich erst den Techno-DJ ersetzt, dann jede Woche dort meine eigene Lounge mit Party- und Dance Music gemacht. Ende der 1990er-Jahre nahm die Karriere Fahrt auf.

Du giltst noch heute als Szene-DJ ...

... was bei der Biografie ja nicht verwunderlich ist! Aber ich wurde innerhalb der Community immer weiterempfohlen. Übrigens auch auf lesbischen Festen, denn in den 90ern gab es so gut wie keine DJanes – da war ihnen der schwule Mann lieber als der Hetero.

Foto: Erwin Harbeck

Leidest du unter dem Image?

Nein, ich bin stolz drauf! Ich habe immer gerne in der Szene aufgelegt und tu das auch weiterhin. Außerdem bin ich mittlerweile der DJ, der in der Szene am längsten überlebt und sich seinen guten Namen bewahrt hat.

Gibt es den „Sound der Community?“

Es klingt ein bisschen überheblich, aber ganz falsch ist es nicht: Ich bin der Sound der Community. Ich beeinflusse die Leute mit dem, was ich mache, und die Leute hören das, was ich gern höre. In dieser Szene stehen Dance Mixes und Coverversionen von aktuellen Hits beziehungsweise alte Hits in neuem Gewand ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Ich spiele übrigens keinen Rock, der ist nur beliebt bei Heteros.

Wie hat sich die queere Partylandschaft verändert?

Was mich als DJ betrifft, sind die Herausforderungen gleichgeblieben. Für die Veranstalter wird es schwieriger, weil gerade die jüngeren Leute gern hetero weggehen. Da muss man Szene-Partys stärker bewerben, um im Social-Media-Lärm gehört zu werden.

Wie schätzt du deren Zukunft ein?

Ich bin sicher, dass es immer den Bedarf geben wird, auch bei den Jüngeren, denn innerhalb der Community fühlt man sich immer noch etwas sicherer und besser aufgehoben als in jeder noch so toleranten Hetero-Disco – zumal ich nicht fürchten muss, einen Hetero anzubaggern.

Du giltst als Mann des Partysounds – wie weit geht deine musikalische Bandbreite?

Ich kann in allen Richtungen spielen, von Party bis House und Techno, auch die Trance-Phase hab ich mitgenommen. Heutzutage muss man auch breit aufgestellt sein und sich auf die Gäste einstellen. Und genau das ist mir wichtig: Die Leute sollen Spaß haben. Ich versuche, deren Stimmung aufzunehmen und deren Erwartungen zu erfüllen – dann klappt’s auch mit der Party.

Welchen Sound hörst du selbst am liebsten?

Disco und Dance aus allen Jahrzehnten ist mein persönlicher Favorit. Deswegen wird dieser Sound auch die Geburtstagsparty dominieren.

Was waren denn die Highlights deiner Karriere?

Mein Highlight waren die elf Jahre im Soul City. Jeden Samstagabend war es dort brechend voll bei guter Stimmung. Daran zurückzudenken, macht mich richtig sentimental.

Welcher Auftritt, welche Zusammenarbeit wäre ein Traum für dich?

Einen richtigen Traum gibt es nicht. Aber ich würde gern die „Disco forever“-Schiene der letzten dreißig Jahre als festen Event etablieren. Den Disco- und Dance-Sound quer durch die Jahre für alle Generationen aufbereiten, sodass auch Leute mit fünfzig noch gern hingehen.

Kannst du eigentlich vom DJing leben oder fährst du morgens Zeitungen aus?

Gott sei Dank, ich kann davon leben. Natürlich muss man als Selbstständiger immer schauen, aber im Moment habe ich noch keinen Grund, mir Zukunftssorgen zu machen. Nicht zuletzt: Ich habe einen starken Mann an meiner Seite, mit dessen Hilfe ich noch jedes Tief überwunden habe.

Wie feierst du dein 25. DJ-Jubiläum?

Am 14. August bei einer großen öffentlichen „Disco forever“-Party im NY.Club und bei dem, was ich am liebsten mache: Auflegen. Musik machen und mit den Leuten abfeiern, das war für immer das Größte. Es ist wie ein Orgasmus, wenn die Leute vor deinem DJ-Pult abgehen. Mehr kannst du als DJ nicht erwarten.

Disco forever

14.8., NY.Club, Elisenstr. 3, 22 Uhr

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