Die Duftkunsthandlung

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Erst im vergangenen Jahr hat Holger Dubben seine Duftkunsthandlung im Belgischen Viertel eröffnet. Wir sprachen mit ihm über seine Erfahrungen mit dem neuen Geschäft.

Wie bist du zu deiner Geschäftsidee gekommen?

Ich bin ursprünglich Apotheker. Für Parfüms interessiere ich mich allerdings schon seit meiner Jugendzeit. Ich hatte auch selbst nach dem Abitur überlegt, Parfümeur zu werden, doch hätte ich dafür aus meiner Heimat Heidelberg nach Holzminden ziehen müssen. Außerdem dauert die Ausbildung rund sechs Jahre, und erst im Laufe dieser Zeit findet man heraus, wie gut man eigentlich als Parfümeur geeignet ist und ob es tatsächlich dazu reicht, tolle Düfte zu kreieren, oder ob man es nur bis zur Beduftung von Waschmittel und Seife schafft. Das war mir zu riskant, also habe ich Pharmazie studiert und rund 23 Jahre als Apotheker gearbeitet, zuletzt mit drei eigenen Apotheken im Kölner Umland.

Wie kam es zu deiner Leidenschaft mit den Düften?

Bereits in meiner Jugend hatte ich über fünfzig verschiedene Düfte zu Hause und habe mich mit Inhaltsstoffen oder Duftfamilien auseinandergesetzt. Was manche nicht wissen, ist, dass viele Dufthäuser entweder von Apothekern gegründet oder maßgeblich mitbeeinflusst wurden. Schließlich haben sich Apotheker schon immer mit Pflanzen und ätherischen Ölen beschäftigt. Nach einigen duftfreien Jahren habe ich schließlich vor ca. sechs Jahren während Urlaubsreisen nach Italien und Portugal eine andere Art von Düften kennengelernt, und sofort war die alte Leidenschaft wieder entfacht. Diese Parfüms werden nicht in klassischen Parfümerien angeboten, sondern nur in einer ausgewählten Zahl meist kleinerer, individueller Geschäfte und Luxus-Kaufhäusern. Im Gegensatz zu den Parfüms, die üblicherweise bei Douglas oder Pieper angeboten werden und hinter denen meist große Designer- und Modemarken stehen, geht es bei diesen Düften nicht um große Absatzzahlen und Werbekampagnen mit Schauspielern, sondern darum, Geschichten zu erzählen, Erinnerungen zu wecken und Kunstwerke fernab eines massenkompatiblen Geschmacks zu erschaffen.

Also ist deine neue Zuneigung in Portugal entstanden?

Dort habe ich zum ersten Mal eine Art Parfümerie entdeckt, die so ganz anders war als alles, was ich bisher kannte. Mein Mann und ich haben uns von dem Mitarbeiter bestimmt 1,5 Stunden viele Düfte zeigen lassen, haben viel über die Geschichten dazu erfahren. Man hat sich unglaublich viel Zeit dafür genommen, unsere Neugierde zu stillen und einen Duft zu finden, der individuell war und genau unseren Vorstellungen entsprach. So etwas wollte ich in Köln auch anbieten, da ich in den üblichen Parfümerien immer den Eindruck hatte, abgefertigt zu werden oder von Mitarbeitern bedient zu werden, die ihre Produkte nicht kannten oder keinen Spaß an ihrer Arbeit hatten und ich als Kunde mir immer mehr wie ein Störfaktor vorkam.

Wie war dein Einstieg in die zweite berufliche Existenz?

Ich fing vor ca. drei Jahren damit an, in einer meiner Apotheken auch ein kleines Sortiment dieser besonderen Düfte anzubieten und Workshops zu veranstalten, wo ich etwas über Düfte, Duftfamilien, Inhaltsstoffe erzählte. Die Resonanz zu den Veranstaltungen war überwältigend, dennoch verbindet ein Kunde in Deutschland hochwertige Düfte nicht mit Apotheke. Also habe ich schließlich Ende Juni 2019 meine Apotheken verkauft und mir ab November mit der Duftkunsthandlung im Belgischen Viertel im Zentrum von Köln meinen Traum verwirklicht. Es war ein steiniger Anfang – ich hatte bei sechs Banken bezüglich einer Finanzierung angefragt, jedoch nur Absagen erhalten. Selbst Regionalbanken, von denen ich erwartet hätte, dass sie ein Interesse daran haben, die Vielfältigkeit der lokalen Wirtschaftslandschaft zu erhalten, waren nicht zu einer Finanzierung bereit. Also habe ich mit meinen knappen Eigenmitteln gestartet und möchte mein derzeit bereits ganz ansehnliches Sortiment nach und nach erweitern.

Was ist dein Arbeitsprinzip?

Ich war immer erstaunt, dass es für Männer wie Frauen ein Horror ist, wenn sie auf einer Party auftauchen und ein anderer dieselben Klamotten trägt. Wenn aber die Hälfte der Anwesenden denselben Duft tragen, dann stört das niemanden. Erstaunlich, denn ein Duft sagt mindestens genauso viel über uns aus wie die Kleidung, die wir tragen – nur auf einer sehr viel unbewussteren Ebene. Nicht umsonst gibt es Sprichworte wie „Ich muss jemanden riechen können“. Dennoch schenken wir dem Duft viel zu wenig Aufmerksamkeit, er ist zu normal und allgegenwärtig für uns. Doch im Gegensatz zu optischen und akustischen Eindrücken, von denen unser Gehirn einen großen Teil ausblendet, filtert unser Gehirn Gerüche nicht. Wir können Gerüche nicht ausblenden, da sie ganz grundlegende Funktionen für uns haben wie Warnung vor Gefahren oder Partnersuche.

Mein Anliegen mit meiner Boutique ist es, für jeden Kunden seinen individuell passenden Duft zu finden, der ihn in der Persönlichkeit oder jeweiligen Lebenssituation unterstreicht. Dazu gehört auch, sich wirklich mit den Parfüms auseinanderzusetzen, da sich ein Duft auf der Haut unterschiedlicher Personen auch unterschiedlich zeigt und entwickelt.

Hast du einen Lieblingsduft?

Einen einzigen Lieblingsduft habe ich nicht – das wäre mir persönlich viel zu einschränkend. Ich habe zu Hause über 100 verschiedene Düfte und in meiner Boutique über 350. Der passende Duft hängt für mich sehr von meiner Tagesform und Stimmung ab. So wie ich mir morgens überlege, was ich heute anziehe, so schaue ich auch, welcher Duft heute am besten zu mir passt. Aber es ist schon so, dass ich eine gewisse Auswahl von Favoriten habe, die ich häufiger verwende.

Riechen Männer besser?

Also rein vom Körpergeruch für mich als schwuler Mann natürlich schon. Allerdings sind deutsche Männer relativ duftkonservativ. Wenn sie einen gefunden haben, dann bleiben sie meist dabei und sind wenig experimentierfreudig. Frauen dagegen sind öfter auf der Suche nach etwas Neuem, sind da allerdings im Spektrum meist sehr eng. Und bei allen Geschlechtern gibt es selbstverständlich die richtigen Fans, denen es nicht außergewöhnlich genug sein kann. Die kommen in meinem Geschäft natürlich voll auf ihre Kosten.

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