Marco Noury – ein funkelnder Garant am Bühnenhimmel

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100 Jahre nach den legendären Goldenen Zwanzigern lässt das Bochumer Varieté et cetera diese einmalige Epoche in „Golden Times“ wieder auferstehen. Noch bis 6. März entführen euch die Artist*innen in beschwingt goldene Zeiten. Einer davon ist Marco Noury.

Ausdrucksstark und mit höchster technischer Brillanz verkörpert Marco Noury hoch oben an den Strapaten ein Sinnbild von Körperkunst und Ästhetik. Mitreißende Musik und opulente Kostüme sind sein Markenzeichen. Mit diesem unverwechselbaren Stil hat Noury längst ein neues Kapitel in Sachen Glanz und Glamour der männlichen Artistenriege aufgeschlagen. Wir haben mit dem glamourösen Luftakrobaten und Regisseur gesprochen.

Du bist in „Golden Times“ an den Strapaten zu bewundern, das anspruchsvollste Genre in der Luftakrobatik. War das schon immer die Requisite deiner Wahl?

Nee, das war eigentlich das, was ich nie machen wollte (lacht). Ich wurde mehr oder weniger dahin gepeitscht. Auf der Staatlichen Artistenschule Berlin hatte ich eigentlich mit Schwungtrapez angefangen. Dann hatte ich einen Trainerwechsel und der wollte, dass ich das mache, weil ich klein und handlich war und weil es damals keinen Strapaten-Nummern gab.

Gute Entscheidung, du bist ja ganz wunderbar. Auch deine Kostüme sind etwas ganz Besonderes, jedes ist mit rund 7.500 Kristallsteinen von Swarovski geschmückt. Glanz und Glamour ist mittlerweile auch dein Markenzeichen. Wer hatte die Idee, die Kostüme so opulent zu gestalten?

Das war meine Idee. Ich habe irgendwann mal angefangen, ein Kostüm mit der Hand zu nähen. Und da kam halt Strass drauf ohne Ende … und das kam so gut an, dass ich damit weitergemacht habe.

Foto: E. Dauber / Varieté et cetera

Ich frage, weil es ja auch ein Statement ist. Du in Aktion bist pure Muskelkraft, Männlichkeit par excellence. Und dann dieser Gegensatz, dieser Bruch mit stereotypen Zuschreibungen. Welche Botschaft möchtest du damit vermitteln?

Also ich sage immer, Entertainment ist meine Religion. Ich möchte Leute unterhalten und dieses Kostüm macht einfach mal viel her. Es hat sich auch eingebrannt in die Köpfe der Zuschauer, die sprechen mich nach einer Show oft an, weil sie sich an mich erinnern. Nur wegen diesem Kostüm, es ist halt zu einem Markenzeichen geworden und gerade bei Männern in dem Ausmaß sonst auch nicht so oft zu finden.

Gab es schon mal Probleme im Sinne von „Nee, ein bisschen männlicher sollte es dann schon sein …“?

Jein. Also man wird schon leicht in so eine Schublade reingeschoben manchmal. „Es geht jetzt hier nicht nur um schwul und trallala …“ Im Großen und Ganzen habe ich keine Probleme, aber schlechte Erfahrungen habe ich schon gemacht.

Mit dem Publikum oder mit Veranstaltern?

Nee, das Publikum ist großartig, eher mit Veranstaltern. Das ist immer ganz interessant. Ich bin während der Nummer ja mehr oder weniger nackt und manche Veranstalter haben dann plötzlich die Sorge, dass das für Kinder too much sein könnte. Aber Kinder reagieren überhaupt nicht auf diese Nacktheit, für die ist nur das Glitzern interessant.

Außerdem haben Artistinnen auf der Bühne oft auch nicht viel an.

Genau, die Frauen dürfen sich ja auch mal freuen! Es ist auch ein Vorteil, wenn wir zum Beispiel davon ausgehen, da sitzt ein Pärchen im Publikum, dann schnallen die Männer natürlich sofort, dass ich keine Gefahr bin. Und die Frauen wiederum genießen das, die dürfen einfach mal gucken, weil es passiert ja nichts.

Foto: E. Dauber / Varieté et cetera

Zurück zur Show: In Golden Times trägst du eine Maske, das gab es wahrscheinlich noch nie. Warum ist das so?

Weil ich hier meine Nummer in der Mitte des Publikums mache und auch herumschwinge und viel in Bewegung bin. Und es hat sich gezeigt, dass sich die Leute dadurch einfach wohler fühlen. Für mich ist das natürlich eine üble Mehrbelastung beim Atmen, aber die Leute finden es halt auch gut.

Mit welchen besonderen Coronamaßnahmen müsst ihr sonst noch leben?

Marco: In der Show gibt es zum Beispiel keine Pause, also die Show läuft 90 Minuten nonstop. Wir haben uns schon viele Gedanken gemacht, um in dieser ganzen Situation ein bisschen auf Sicherheit zu gehen. Da kann Maike vom Marketing vielleicht noch was zu erzählen.

Maike: Wir haben UVC-Luftreiniger angeschafft, die sämtliche Corona- und Grippe-Viren filtern. Es könnten wohl bis zu zwölf infizierte Personen im Publikum sitzen, das würde der UVC Luftreiniger noch schaffen. Grundsätzlich sind alle Artisten und alle Mitarbeiter, die bei uns angestellt sind, vollständig geimpft, wir testen uns regelmäßig, derzeit sogar täglich. Im Theater gilt Maskenpflicht, wir achten natürlich auf die Abstände, die Mitarbeiter im Service tragen Maske, wenn das Essen gebracht wird usw. Und wir haben eine geringere Sitzplatzanzahl. Von ursprünglich 300 Plätzen belegen wir aktuell nur 186, damit wir einen größeren Abstand zwischen den Tischen gewährleisten können.

Foto: E. Dauber / Varieté et cetera

Golden Times läuft noch bis 6. März. Hast du für die Zeit danach schon was geplant?

Planen ist in diesen Zeiten eher schwierig. Es wird schon irgendwie weitergehen, aber den Veranstaltern sind ja auch die Hände gebunden. Keiner weiß, wie es nächsten Monat aussieht, wir leben in verrückten Zeiten.

Ich habe gelesen, dass du in dieser Show nicht nur auf der Bühne stehst …

Ach so ja. Also ich habe für diese Show auch das Konzept geschrieben und Regie geführt.

Na, das ist dann doch eine nicht ganz unwichtige Zusatzinformation.

Ja, ich rede auch ein bisschen, nicht so viel wie Chantall und Markus Schimpp, die beiden Moderatoren. Aber wir drei sind quasi der rote Faden. In der Show ist es ja so, dass die Artisten alle ihre eigene Nummer haben, aber alle Artisten treten mehrfach auf – als kleiner Nebeneffekt. Und wir verteilen zu Beginn Eierlikör an die Gäste, für die Leute ist das ist mittlerweile so ein Running Gag. Die Show wird auch wirklich gut angenommen.

Daraus kann man ableiten, dass du auch da einen guten Job gemacht hast.

Danke. Es ist meine dritte Regiearbeit, aber die erste in diesem Haus.

Und warum gehst du in Richtung Regie? Ich frage mich gerade, wie lange man als Artist eigentlich auftreten kann.

Das ist eine gute Frage, also, ich würde mal sagen, solange die Knochen mitmachen und solange die Leute einen auf der Bühne noch sehen wollen (lacht). Aber ja, es ist auf jeden Fall ein bisschen Vorarbeit fürs Alter.

*Interview: Sabine Hannakampf

Golden Times läuft noch bis 6. März 2022 im Varieté et cetera, Herner Str. 299, Bochum, Infos unter www.variete-et-cetera.de 

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