Houston, wir haben ein ... LGBTIQ*-Seniorenheim!

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Das Leben hat der Transgender-Frau Dina Jacobs übel mitgespielt. Als Dragqueen in den 1960er Jahren in Hawaii bezog sie regelmäßig Prügel, einige Freunde hat sie auf der Straße sterben sehen. Doch inzwischen sieht sie Licht am Ende des Tunnels: „Schauen Sie, irgendwann fügt sich alles“, sagt sie mit Blick auf ihre neue Bleibe, dem kürzlich eröffneten größten LGBTQ-Seniorenheim der USA.

Foto: Francois Picard / AFP

Für ihr bescheidenes Zwei-Zimmer-Apartment in der Seniorenresidenz im texanischen Houston zahlt Jacobs nicht einmal 500 Dollar (419 Euro) im Monat. Das im Juni eingeweihte Law-Harrington-Zentrum bietet für Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle 112 Ein- und Zwei-Zimmer-Apartments sowie Gemeinschaftseinrichtungen wie eine Bibliothek und einen Hundepark. Am Rande von Houstons aufstrebendem Stadtviertel Third Ward gelegen, will die Anlage einer alternden und vulnerablen Bevölkerungsgruppe ermöglichen, in ihrem eigenen Viertel zu bleiben, und gleichzeitig allgemein sexuellen Minderheiten eine Zuflucht bieten.

„Viele von ihnen haben keine Kinder, die sie generationsübergreifend unterstützen können. Und es gibt auch Probleme mit dem Finanziellen, weil die, die sich öffentlich outen, vielleicht wirtschaftliche Nachteile hatten, etwa ihren Job verloren haben.“

Annise Parker, ehemalige Bürgermeisterin von Houston

Als eine der ersten offen gleichgeschlechtlich lebenden Bürgermeister*innen einer großen US-Stadt hatte Parker nach dem Besuch einer ähnlichen Anlage in Los Angeles vor rund acht Jahren die Idee, eine solche Residenz in Houston zu bauen. Die von einem örtlichen Architekten entworfene Anlage mit einem zentralen Turm in Regenbogenfarben ist die größte Residenz speziell für LGBTIQ*-Senioren in den Vereinigten Staaten. Benannt ist sie nach Charles Law und Gene Harrington, zwei Schwulenrechtlern aus Houston, die 1993 und 2002 an Aids starben. Das Montrose Center, das sich seit 1978 für die Belange der LGBTQ-Gemeinde einsetzt, trieb die benötigten 26,5 Millionen Dollar (22,3 Millionen Euro) Spendengelder ein.

„Als ich mich erstmals als schwul geoutet habe, tat meine Familie sich echt schwer damit, das zu akzeptieren. Ich hatte keinen Platz zum Schlafen. Diese kurze Unsicherheit in Sachen Unterkunft machte mir klar, wie wichtig es ist, dass wir uns um unsere Senioren kümmern.“

Kennedy Loftin, Projektentwickler vom Montrose Center

Foto: Francois Picard / AFP

Die Bewohner*innen der neuen Residenz sollen Zugang zu einer Klinik haben, die von der communitynnahen Organisation Legacy Community Health Services betrieben wird, wie deren Direktorin Katy Caldwell betont. „LGBT-Senioren sind besonders gefährdet, nicht zum Arzt zu gehen, weil sie in der Vergangenheit schlecht behandelt und diskriminiert wurden", erklärt sie. Deshalb sei die Klinik, die allen Bewohnern des Viertels offenstehe, sehr wichtig. Für Jacobs, die 57 Jahre als Drag-Queen auf der Bühne stand und heute von bescheidenen Sozialleistungen lebt, war es bis zu diesem neuen Leben ein langer Weg:

„In Hawaii wurden wir in den 1960er Jahren ständig verprügelt, einfach nur, weil wir wir selbst waren. Viele starben einsam auf der Straße. Sie kämpften für die Rechte aller, und niemand war für sie da. Und jetzt, da wir von ihrem Kampf profitieren, sind sie nicht mehr unter uns, um das zu genießen.“

Gegen Abend schlüpft Jacobs in ein glamouröses, paillettenbesetztes Kleid mit tiefem Ausschnitt und singt für Houstons Schwule. Dafür hat sie einen Song ausgewählt, der 1978 von Diana Ross Berühmtheit erlangte. Sein treffender Titel: „Home“ – „Zuhause“. *AFP/ck

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