Schwul und einflussreich: Der neue US-Botschafter in Bern

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Foto: Gill Foundation

Joe Biden hat Scott Miller (41) als zukünftigen US-Botschafter für die Schweiz und Liechtenstein nominiert. Miller ist studierter Betriebswirt und arbeitete zuvor als Vermögensberater bei der UBS. Ehemann Tim Gill, mit dem er seit 2009 verheiratet ist, verdiente Millionen im Software-Geschäft. Doch einen großen, international anerkannten Namen machten sich beide in Sachen Queeraktivismus: Sie gelten als die größten Spender für die Gleichstellung von LGBTIQ* in der Geschichte der USA.

Scott Miller soll also der neue US-Botschafter für die Schweiz werden – Joe Biden schlug den 41-Jährigen rund ein halbes Jahr nach dem Rücktritt des Trump-Gesandten Edward McMullen vor. Seitdem ist die Stelle vakant. Die Bestätigung durch den Senat gilt als Formsache. Aber wer ist Scott Miller ... und was hat er getan, um die queere Bewegung in den USA voranzutreiben und sich den begehrten Botschafterposten in Bern zu sichern?


Vom Banker zum Aktivisten

Scott Miller ist ehemaliger Banker, studierter Betriebswirt und Aktivist für LGBTIQ*-Rechte. Diplomatische Erfahrungen hat er keine – noch nicht. Botschafterposten werden in den USA traditionell an generöse Parteispender vergeben, die Stelle in Bern gilt seit Jahrzehnten als besonders begehrt. Miller hat sich seine Sporen verdient: Seit 2010 sollen er und sein Ehemann mehr als 3 Millionen Dollar für die Demokraten gegeben haben, darunter 365.000 Dollar allein für Bidens Präsidentschaftskampagne, an der sie auch aktiv mitwirkten, zum Beispiel durch die Organisation einer Spendengala in ihrem eigenen Anwesen. 

Miller arbeitete zuvor als Vermögensberater bei der UBS, besonderes Prestige verdiente er sich durch seinen Aktivismus für Minderheiten. Seit fast 20 Jahren ist er mit Tim Gill (67) verbunden, seit 2009 sind die beiden verheiratet. Gemeinsam betreiben sie die Gill Foundation in Denver, Colorado. Sie gelten als das mit Abstand einflussreichste Paar in Bezug auf die Belange der queeren Community in den USA. 


Großer Einfluss auf die LGBTIQ*-Bewegung in den USA

Foto: Gill Foundation

Miller gilt als Gesicht der Stiftung, sein Ehemann Tim Gill, der sich laut der Zeitung The Denver Post selbst als „introvertierten Nerd“ bezeichnet, als von Natur aus eher öffentlichkeitsscheu. Der 67-Jährige ist Unternehmer, IT-Entwickler und Software-Millionär. Er war eine der ersten offen queeren Personen, die auf der Forbes-400-Liste der reichsten Menschen in den USA aufgeführt wurden. 1994 gründete Gill nach Verkauf seiner Softwarefirma die Gill Foundation. Anlass war, dass sein Heimatstaat Colorado 1992 seine Verfassung änderte – es war lokalen Regierungsbehörden und Kommunen nun untersagt, Diskriminierung aufgrund der Sexualität zu verbieten. Gill wollte die diskriminierenden Zustände ändern – mit Erfolg. Heute hat Colorado sehr fortschrittliche queere Gesetze, gilt als Vorzeige-Bundesstaat. Bei vielen Veränderungen saß Gill in der ersten Reihe. 

„Tim Gill ist die Einzelperson, die in den letzten Jahrzehnten den größten Einfluss auf die Entwicklung der LGBTQ-Rechte im ganzen Land hatte“, sagt Sheena Kadi, stellvertretende Direktorin von One Colorado, der größten LGBTIQ*-Organisation des Bundesstaates. 

Die Stiftung arbeitet nicht nur in Colorado, sie ist in den gesamten USA am Werk. Seit 1994 haben die Stiftung, Gill und Miller mehr als 500 Millionen Dollar für LGBTIQ*-Projekte gesammelt und gespendet. Gills Geld hat Kampagnen auf allen Regierungsebenen beeinflusst und Organisationen unterstützt, die sich mit fast allen wichtigen queeren Themen befassen: Gleichstellung der Ehe, Diskriminierung, HIV/Aids, Mobbing, Gesundheitsfürsorge. Seit 2015 die Ehe für alle geöffnet wurde, eines der Hauptziele von Gill, fokussiert sich die Arbeit der Stiftung darauf, in anderen Staaten dieselben fortschrittlichen Gesetze voranzutreiben, die inzwischen in Colorado gelten. Die Stiftung kämpft für Aufklärungskampagnen zum Verbot von Konversionsverfahren sowie zur Beendigung der Diskriminierung von LGBTIQ*. Zudem kümmerte sich die Gill Foundation während der COVID-19-Pandemie um die Verteilung von rund 5,6 Millionen Mahlzeiten für zehntausende Bürger in Not in Colorado.


Botschafter für queere Rechte?

Nach der Nominierung von Miller durch Biden sagte Annise Parker, Präsidentin des Victory Institute, einer US-Organisation, die sich der Förderung offener LGBTQ-Führungskräfte widmet, in einer Erklärung:

„LGBT+-Personen, die die Vereinigten Staaten als Botschafter im Ausland vertreten, haben eine enorme Macht, und Scott wird sicherstellen, dass die Förderung der Gleichberechtigung immer auf der diplomatischen Agenda steht.“

Der neue Botschafter habe einen Großteil seiner Karriere der Förderung von LGBT+-Rechten und der Beendigung der Diskriminierung der Schwächsten in Amerika gewidmet, so Parker. Man könne sich glücklich schätzen, dass er bald eine globale Plattform haben werde, um sich für diese Menschenrechtsfragen einzusetzen.

„Er wird ein fantastischer Vertreter für unser Land sein.“

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