Vietnam: Homosexualität ist keine Krankheit mehr

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Das vietnamesische Gesundheitsministerium erklärte, dass Homosexualität, Bisexualität und Transsexualität keine Krankheit sind, und forderte Mediziner*innen auf, die Diskriminierung in der medizinischen Versorgung zu beenden.

Am 3. August veröffentlichte das Gesundheitsministerium des Landes ein Dokument, in dem es heißt, dass „Homosexualität keine Krankheit ist, nicht ‚geheilt‘ werden kann und nicht ‚geheilt‘ werden muss“. Unter Berufung auf die Streichung von Homosexualität von der Liste der Weltgesundheitsorganisation der Geisteskrankheiten im Jahr 1990 forderte das Ministerium die Mediziner* auf, Geschlecht und sexuelle Orientierung zu respektieren.

„Betrachten Sie Homosexualität, Bisexualität oder Transgender nicht als Krankheit“, so die Erklärung. „Zwingen Sie Mitglieder dieser Gruppen nicht zu einer medizinischen Behandlung. Wenn überhaupt, bieten Sie psychiatrische Hilfe an, die von Experten mit Kenntnissen über Geschlechtsidentitäten durchgeführt werden muss“. Bei der medizinischen Versorgung von homosexuellen, bisexuellen und trans* Patient*innen müssen die Gesundheitsdienstleister „fair und respektvoll mit deren Sexualität umgehen und dürfen diese Gruppen nicht diskriminieren“, heißt es weiter.

Laut Saigoneer handelte das Ministeriums, weil in Vietnams Krankenhäusern vermehrt ‚Homoheilung‘ angeboten wird. Nguyen Thi Kim Dung, eine Mitarbeiterin des Centers for Supporting Community Development Initiatives (SCDI) sagte gegenüber VnExpress, ihr Zentrum habe mehrere Nachrichten von Mitgliedern der LGBTIQ*-Community erhalten, die von Familienangehörigen in Krankenhäuser gebracht wurden, um ihre „homosexuelle Krankheit“ zu ‚heilen‘.

Bedeutsamer Schritt

Obwohl die Richtlinie des Gesundheitsministeriums im Vergleich zu den jüngsten Fortschritten im Westen sicherlich unzureichend ist, stellt sie für Vietnam dennoch einen bedeutenden Schritt nach vorn dar.

Denn Vietnam war zwar das erste asiatische Land war, das das Verbot homosexueller Beziehungen aufgehoben hat, rechtlich anerkannt sind sie aber bis heute nicht. Der Aktualisierung im Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahr 2015, mit der das Verbot für Transgender, ihr Geschlecht rechtlich ändern zu lassen, aufgehoben wurde, ging nicht mit einem transparenten und zugänglichen Verfahren für eine solche Änderung einher.

Foto: Camille Gazeau/NurPhoto via AFP

Die in den USA ansässige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch stellte in einem Bericht aus dem Jahr 2020 fest, dass in Vietnam zwischen Versprechungen und der Umsetzung eine große Kluft besteht. Aus dem Bericht geht hervor, dass Kindern sowohl von Lehrer*innen als auch von Eltern oft beigebracht wird, dass Homosexualität eine Geisteskrankheit sei, während junge Queers „zu Hause und in der Schule mit Stigmatisierung und Diskriminierung konfrontiert sind“, wie es im Bericht heißt. Vieles davon spiegelt zweifellos den tief verwurzelten sozialen Konservatismus der vietnamesischen Gesellschaft und die Sorge der Regierung wider, der öffentlichen Meinung zu weit vorauseilen zu wollen. Dennoch deutet die Entscheidung des Gesundheitsministeriums darauf hin, dass die Regierung ihr Versprechen, die Rechte von LGBTIQ*-Personen anzuerkennen, in den kommenden Jahren umsetzen wird.

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